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02.09.2023 | (rsn) – Dass Radsport im Allgemeinen und Massensprints im Speziellen eine gefährliche Angelegenheit sind, ist nicht neu. Doch was sich den Zuschauern gerade bei der 78. Vuelta a Espana bietet, scheint eine neue Dimension der Gefahr darzustellen: Die großen und schweren Stürze in den Finals der Flachetappen nehmen überhand. Doch woran liegt es?
Gerade Anfangs der Spanien-Rundfahrt wurde viel über die Sicherheit der Fahrer diskutiert. Sie wurden im Teamzeitfahren im Dunkeln auf die Strecke geschickt, die nach langer Trockenheit bei Starkregen spiegelglatt war. In Arinsal war im Zielbereich der Auslauf zu kurz, wodurch Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) nach seinem Sieg zu Fall kam. Allesamt vermeidbare organisatorische Fehlleistungen.
Doch bei den Stürzen auf den Flachetappen scheint man den Ausrichtern keinen Vorwurf machen zu können. Sie geschehen auf augenscheinlich unproblematischen Teilstücken der Strecke, oft auf breiter und gerader Straße. Der zweifache Tagessieger Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) bestätigte das im Gespräch mit Eurosport und nannte einen anderen Grund für die vielen Unfälle: “Es war im Prinzip keine gefährliche Ankunft. Wir Fahrer haben die Risiken verursacht. Wir wollen alle gewinnen, deswegen wird so viel gestürzt.“
Mit dieser Meinung war er nicht allein. Alberto Dainese (DSM) kam am Freitag zu Fall und konnte wegen der Stürze erst bei einer der drei Sprintentscheidungen in den Kampf um den Tageserfolg eingreifen. Er machte am Eurosport-Mikrofon einen angeschlagenen Eindruck. “Da sind einige Fahrer wohl zu viel Risiko eingegangen. Aber so ist der Radsport“, urteilte er defaitistisch.
Auch Sepp Kuss (Jumbo - Visma) wurde bei Eurosport direkt nach der Etappe zu den Gefahren des Finals befragt. “An und für sich war es heute nicht gefährlich. Aber es wurde den ganzen Tag sehr ruhig gefahren. Dann waren die Straßen sehr breit. Und viele Fahrer wurden nervös. Es gab eigentlich zu wenige Punkte, um das Feld in die Länge zu ziehen“, fand der US-Amerikaner in der langsam gefahrenen Etappe einen weiteren Grund. Das weitestgehend flache Teilstück nach Oliva wurde mit 38,2km/h absolviert, ein Tempo, das auch ambitionierte Hobbyfahrer in einem Feld lange mitgehen können.
Der Belgier Milan Menten (Lotto – Dstny) war in seinen Aussagen gegenüber der flämischen Tageszeitung Het Nieuwsblad am deutlichsten und schreckte nicht davor zurück, Namen zu nennen: “Die Fahrer sind einfach gefährlich. Alle sind verrückt. Ineos Grenadiers, Jumbo - Visma…Jonas Vingegaard hat Wellen ausgeteilt, als ginge es um Leben und Tod“, kritisierte der 26-Jährige den Zehnten der Gesamtwertung. “Da frage ich mich warum? Die Klassementfahrer machen es extra-gefährlich. Und drei Kilometer vor dem Ziel hören sie plötzlich auf in die Pedale zu treten und sacken einmal durchs komplette Peloton.“