Pogacar im Rekordtempo, Lipowitz bleibt Tour-Dritter

Paret-Peintre lässt die Franzosen am Ventoux jubeln

Von Sebastian Lindner

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Valentin Paret-Peintre (Soudal – Quick-Step) hat die 16. Etappe der Tour de FGrance gewonnen. | Foto: Cor Vos

22.07.2025  |  (rsn) – Das lange Warten hat sich für die Franzosen gelohnt. Bis zur 16. Etappe musste sich die Grand Nation für den ersten Tagessieg bei dieser 112. Tour de France gedulden. Umso heroischer wurde der Sieg am legendären Mont Ventoux, den Valentin Paret-Peintre (Soudal – Quick-Step) feiern konnte. Nach 171 Kilometern von Montpellier siegte der 24-Jährige im Zweiersprint gegen Ben Healy (EF Education – EasyPost). Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) verteidigte dabei genauso souverän das Gelbe Trikot wie Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) das Weiße.

Um noch ein Wörtchen um den Etappensieg mitreden zu können, hätten die Favoriten aber eher in Aktion treten müssen. Der erkältete Pogacar blieb aber defensiv und konterte bis zum letzten Kilometer nur die Attacken von Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike), dem er letztlich noch zwei Sekunden abnehmen konnte. Der Slowene wurde Fünfter, 43 Sekunden hinter dem Tagessieger.

Der Weltmeister legte dabei allerdings die schnellste je am Ventoux gefahrene Zeit hin. 54:41 Minuten benötigte Pogacar für die 21,2 Kilometer lange Südwestauffahrt von Bedoin und war damit fast eine Minute schneller als Iban Mayo 2004, der den bisherigen Rekord in einem Zeitfahren der Dauphiné-Rundfahrt aufgestellt hatte.

Etwas langsamer als Pogacar war Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) im Weißen Trikot des besten Nachwuchsprofis. Als Zehnter, 1:53 Minuten hinter Paret-Peintre, erreichte der Tour-Debütant das Ziel 36 Sekunden vor seinem Podumsrivalen Oscar Onley (Picnic – PostNL). Sein Teamkollege Primoz Roglic war noch zwei Sekunden schneller und konnte dadurch in der Gesamtwertung auf Rang fünf klettern. Daneben tauschten von den Top Ten nur noch Healy und Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers) 10 die Positionen zehn und neun. Der Österreicher Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) behauptete Platz sieben vor Tobias Halland Johannessen (Uno-X Mobility).

Vingegaard umgerannt, Johannessen kollabiert

Mehreren Medienberichten zufolge soll der Norweger allerdings nach der Überquerung des Zielstrichs zusammengebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden sein. Ein Start zur 17. Etappe wäre damit ausgeschlossen. Und auch Vingegaard hat es nach dem Ziel erwischt. Ein Fotograf soll ihm beim Queren im Zielbereich umgerannt haben, der Däne nun über Schulterschmerzen klagen.

Von alledem bemerkte Tagessieger Paret-Peintre nichts. Er rannte nach dem Ziel zu seinem Teamkollegen Ilan Van Wilder, der lange abgehängt war, unter dem Teufelslappen aber nochmal zu Paret-Peintre, Healy und dem ebenfalls zuvor bereits abgehängten Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) zurückkehrte, nachdem das Spitzenduo seine Spielchen trieb.

Van Wilder spannte sich für die letzten Meter an die Spitze der Gruppe und machte nochmal Dampf, hielt damit mutmaßlich Pogacar und Vingegaard auf Distanz und nahm seinen Kollegen aus dem Wind. Der feierte dann seinen dritten Sieg als Profi und schon denn zweiten bei einer Grand-Tour-Etappe, nachdem es im vergangenen Jahr beim Giro bereits geklappt hatte.

“Es ist fantastisch, aber das war so nicht der Plan“, sagte Paret-Peintre im französischen Fernsehen. “Ich dachte wirklich, dass Pogacar die Etappe gewinnen will und dass er das Rennen kontrollieren werden würde.“ Als eine große Gruppe von mehr als 30 Fahrern ging, war der 24-Jährige mit dabei. “Ich war am Start nicht wirklich konzentriert und sagte mir, dass der Sieg heute nicht an die Ausreißer geht. Und als wir mit Sivakov und einem anderen Mann von UAE an der Spitze waren, dachte ich, dass sie zwei Fahrer vorn haben, um mit uns zu spielen.“

Pogacar nimmt Kurs auf das Trikot-Triple

Als sich die Gruppe am Zwischensprint ein paar Kilometer vor dem Ventoux trennte und mit Julian Alaphilippe (Tudor), Thymen Arensman (Ineos Grenadiers) und Enric Mas (Movistar), der das Rennen auch bis vier Kilometer vor Schluss anführte, eine gut besetzte Spitzengruppe mit anderthalb Minuten auf Paret-Peintre, Healy & Co. in den Schlussanstieg fuhr, sah die Situation ebenfalls nicht gut aus. Aufs Hauptfeld hatten die Verfolger viereinhalb Minuten Vorsprung. “Trotzdem wollten wir es mit dem Feld aufnehmen und auf Sieg fahren. Ich fühlte mich wirklich gut, ich hatte zwei Teamkollegen dabei und sagte ihnen, dass ich in dieser Gruppe wirklich Chancen auf den Sieg habe“, so der Etappengewinner. Es war eine realistische Einschätzung.

Immer unrealistischer wird dagegendie Verteidigung des Grünen Trikots für Jonathan Milan (Lidl – Trek). Nach dem Tag liegt er nur noch elf Punkte vor Pogacar, da er am Zwischensprint einmal mehr leer ausging. Gleiches gilt für Lenny Martinez (Bahrain Victorious), der am Ventoux ebenfalls nur im Grupetto unterwegs war. Pogacar zog punktemäßig gleichauf mit dem Franzosen und hat diesem das Bergtrikot wieder abgenommen. Martinez wird den nächsten Tag somit wieder nur als Stellvertreter das Leibchen tragen.

So lief die 16. Etappe der Tour de France 2025:

Das nach dem Ruhetag offenbar ausgeruhte Tour-Peloton veranstaltete in der Anfangsphase erneut ein Attacken-Festival. Der erste vielversprechende Versuch gelang Marc Hirschi, Marco Haller (beide Tudor) und Xandro Meurisse (Alpecin – Deceuninck), die sich nach gut zehn Kilometern absetzten und zwischenzeitlich gut eine Minute herausfuhren. Die Attacken hinten rissen aber lange nicht ab, obwohl sich Nils Politt (UAE – Emirates – XRG) als Bremsklotz betätigte und einen Vorstoß nach dem anderen neutralisierte.

Erst nach gut einer Stunde kehrte kurzzeitig Ruhe ein, UAE übernahm im Feld die Kontrolle. Der Vorsprung des belgisch-österreichisch-schweizerischen Trios wuchs in der Folge auf 1:45 Minuten. Doch die dann erneut einsetzenden Angriffswellen sorgten dafür, dass die Ausreißer 99 Kilometer vor dem Ziel von einer großen Verfolgergruppe gestellt wurden.

Die neue Spitze umfasste 36 Fahrer, unter anderem dabei waren der Gesamtzehnte Healy, Enric Mas, Gregor Mühlberger (beide Movistar), Marc Soler, Pavel Sivakov (beide UAE – Emirates – XRG), Tiesj Benoot, Victor Campenaerts (beide Visma – Lease a Bike), Mick van Dijke (Red Bull – Bora – hansgrohe), Thymen Arensman (Ineos Grenadiers), Julian Alaphilippe (Tudor), Michael Woods (Israel – Premier Tech), Buitrago, Van Wilder und Paret-Peintre (beide Soudal – Quick Step).

Mas setzt erste Attacke am Mont Ventoux

Kurz vor dem Zwischensprint des Tages, der 59 Kilometer vor dem Ziel anstand, setzten sich Alaphilippe, Arensman, Mas, Simone Velasco (XDS – Astana), Jonas Abrahamsen (Uno-X Mobility), Fred Wright (Bahrain Victorious) und Matteo Trentin (Tudor) von ihren Begleitern ab. Abrahamsen gewann den Zwischensprint vor Velasco und Trentin, verweigerte anschließend aber die Nachführarbeit. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Spitze bereits 5:30 Minuten Vorsprung aufs Feld, wo allein Politt Tempo machte.

Das Streckenprofil der 16. Etappe der Tour de France | Foto: Veranstalter

Als der Fuß des Schlussanstiegs erreicht war, hatte das Peloton sogar sechseinhalb Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe. Die Verfolger um Healy lagen 1:30 Minuten zurück. An dieser offiziellen 15,7-Kilometer-Marke waren nur noch Arensman, Alaphilippe und Mas beisammen. Der Spanier schien dabei der Stärkste zu sein, er stellte gut 1500 Meter später seine Begleiter ab.

Derweil dünnte sich auch die Favoritengruppe extrem stark aus. Zehn Kilometer vor dem Ziel war der Gesamtsiebte Gall in der Bredouille. Neun Kilometer vor dem Gipfel hatte Mas seinen Vorsprung auf eine Minute ausgebaut, Paret-Peintre, Healy und Woods hatten die beiden vor ihnen fahrenden Profis eingeholt.

Vingegaard greift Pogacar an

Gut drei Kilometer später gab es Action bei den Favoriten. Vingegaard setzte zur ersten Attacke an, konnten seinen Gelben Schatten aber nicht loswerden. Roglic hatte kurz versucht, mitzugehen, brach das Unterfangen aber ab und ließ sich wieder zurückfallen. Lipowitz attackierte drüber, Onley blieb zunächst aber dran. Der Versuch, die Überzahl auszuspielen, misslang zunächst. Gleichzeitig hatten Healy & Co. Begleiter Arensman und Alaphilippe ein- und überholt.

Die Lücke zwischen Gelb und Weiß ging schnell auf mehr als eine Minute auf. Vier Kilometer vor dem Ziel war dann eine andere geschlossen. Healy und Paret-Peintre hatten Mas gestellt, der aber trotz weiterer Attacken der beiden aber noch eine ganze Weile dranbleiben konnte. Allerdings mischten sich auch immer wieder Tempoverschleppungen dazwischen.

Dadurch waren Pogacar und Vingegaard, der noch zwei weitere Angriffe setzte, auf anderthalb Minuten an die Spitze herangekommen. Vingegaards Hauptziel, den Mann in Gelb abzuschütteln, gelang ihm aber nicht. Trotz ihres schrumpfenden Vorsprungs trieb die Spitzengruppe ihre Spielchen weiter. 1,8 Kilometer vor dem Ziel konnte so Buitrago sogar von hinten nochmal aufschließen. Mas hatte ihn wieder mitgebracht. Und als es auf den letzten Kilometer ging, war sogar Van Wilder wieder vorne dabei.

Van Wilder kommt Paret-Peintre zu Hilfe

Derweil drehte Pogacar nun den Spieß um und versuchte, Vingegaard abzuschütteln, aber auch er konnte seinen Kontrahenten nicht loswerden. Allerdings schrumpfte so der Vorsprung zur Spitze auf 45 Sekunden. Und so spannte sich Van Wilder vor die Spitzengruppe, um den Zusammenschluss zu verhindern. Als Healy dann 200 Meter vor dem Ziel angriff und auch noch als Erster um die letzte Kurve ging, schien er schon wie der sichere Sieger, doch Paret-Peintre konnte im Zweiersprint doch noch einen drauflegen und den Sieg feiern.

Und auch Pogacar nutzte die letzte Kurve zur späten Attacke. Es reichte, um Vingegaard zwei Sekunden zu klauen. Die machte auch Roglic auf Lipowitz gut, der sich kurz vor dem Ziel nochmal nach seinem Teamkollegen umdrehte und dabei auch sah, dass von Onley keine Spur mehr war. Der Brite kassierte eine halbe Minute auf das Red-Bull-Duo.

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