Interview mit dem Cérvelo-Sportdirektor

Zemke: „Rennfahrer sind keine Marionetten“

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Jens Zemke (Cervélo TestTeam)

Foto: ROTH

30.04.2009  |  (rsn) - Jens Zemke ist seit dieser Saison Sportdirektor beim neuen Schweizer Cervélo TestTeam, das auf ein sensationelles Frühjahr zurückblickt. Einen Tag vor dem Start beim Eschborn-Frankfurt City Loop erklärt der 42-jährige Hesse im Interview mit Radsport News, welche Arbeit hinter den Erfolgen steckt, wie es zum Leistungssprung bei Heinrich Haussler kam und wie sich Cervélo auf die Rennen vorbereitet.

Sieben Saisonsiege, Heinrich Haussler führt die Weltrangliste an, das Team belegt Platz drei der Weltrangliste– sind Sie von der Erfolgsserie ihrer Mannschaft selber überrascht?

Zemke: Wir wussten zwar schon, dass wir eine besonders erfahrene und hochkarätige Klassikermannschaft haben, trotzdem konnte man nicht mit einer derartigen Erfolgsserie rechnen. Beeindruckend war die mannschaftliche Geschlossenheit, z.B. bei der Quatar Rundfahrt oder bei Gent-Wevelgem, wo das komplette Team in der Spitzengruppe von rund 20 Fahrern vertreten war.

Haussler ist in den letzten Monaten in die Weltspitze vorgefahren. Wie kam dieser Qualitätssprung zustande?

Zemke: Dass der Junge Potenzial hat, war jedem Insider bekannt. Er hat sich im Winter, statt nach Australien zu fliegen, sehr hartem Training unterzogen und kam mit Riesenmoral und Form schon ins Trainingslager. Neues Umfeld, Top-Material und eine Mannschaft, die ihm das Selbstvertrauen und die nötige Unterstützung gegeben haben – all das hat sich ausgezahlt.

Was erwarten Sie von Haussler in der zweiten Saisonhälfte?

Zemke: Heinrichs Saisonziel war ein Etappensieg bei Paris-Nizza. Das Ziel war schon im März mehr als übertroffen. Ob Heinrich für die zweite Saisonhälfte nochmal so in Schuss kommt, bleibt abzuwarten. Er hat jetzt aber das nötige Selbstvertrauen und hat gesehen, wie weit er mit eiserner Disziplin und Zielstrebigkeit kommt.

Zuletzt zeigte der Australier Simon Gerrans mit drei Top-Ten-Platzierungen in den Ardennenrennen erstklassige Leistungen. Hätten Sie ihm die zugetraut?

Zemke: Eine dieser Top-Platzierungen auf jeden Fall, dass er aber innerhalb einer Woche dreimal unter die ersten Acht fährt, war schon bewundernswert. Die großartige Mannschaft hat ihn aber zu 100 Prozent unterstützt - und gepokert haben wir auch ein bisschen, dass es zum Sprint einer größeren Gruppe kommt. Bei Lüttich-Bastogne-Lüttich wurde Gerrans dann schon von den belgischen Tageszeitungen zu den Favoriten erkoren. Für die Zukunft traue ich ihm einen Sieg z.B. beim Amstel Gold Race zu.

Das Team fährt offensiv und zeichnet sich durch taktische Geschicklichkeit aus. Macht die Sportliche Leitung etwas anders als die Konkurrenz?

Zemke: Alle vier Sportlichen Leiter betreten Neuland bei den großen Rennen. Unsere Euphorie und Freude überträgt sich auch auf die Sportler. Bei uns werden Rennfahrer nicht wie Marionetten aus dem Teamfahrzeug gesteuert, sondern sind oft selbst Entscheidungsträger in kniffligen Situationen und haben bei Besprechungen auch die Chance, zur Taktik etwas beizutragen. Wir versuchen, ein perfektes Umfeld zu schaffen und legen großen Wert auf die Einsatzplanung, Besichtigung der Schlüsselstellen bei verschiedenen Rennen, eine gesunde Balance von Wettkämpfen, Rennpausen und Trainingsperioden. Wir koordinieren Materialtests und sorgen dafür, dass sich die Rennfahrer mit ihrem Material auseinandersetzen. Wichtig sind für uns wissenschaftliche Erkenntnisse, ob Ernährung, Training auf dem Rad, Stabilisations-Training, Kompressionsstrümpfe u.s.w. Es gibt viele Innovationen, denen wir offen gegenüberstehen, sie in unser Testprogramm einbauen und danach entscheiden, ob sie für uns in Frage kommen.

Cervélo startet am Freitag beim Eschborn-Frankfurt City Loop. Was haben Sie sich für das Rennen vorgenommen?

Zemke: Leider haben wir die Absagen von Inigo Cuesta und Hayden Roulsten zu verkraften. Da wir uns nur wenige Tage vor dem Giro befinden und außerdem als Schweizer Team die Romandie-Rundfahrt erfolgreich bestreiten wollen, kommen wir nicht mit der ersten Garnitur. Trotzdem wollen wir uns aber zeigen und natürlich ein respektables Ergebnis erzielen.

Mit Martin Reimer steht einer der drei Deutschen im Aufgebot. Welche Rolle trauen Sie ihm zu?

Zemke: Martin ist immer super motiviert und wird auch in Frankfurt alles geben. Es macht Spaß ihm zuzuschauen. Da es kaum noch deutsche Radrennen gibt, werden alle deutschen Rennfahrer versuchen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.

Die Cervélo-Fahrer sollen nicht nur Erfolge einfahren, sondern auch Material testen. Können Sie an einem Beispiel erklären, wie man sich das in der Praxis vorzustellen hat?

Zemke: Wir haben z.B. vor der Flandern-Rundfahrt und vor Paris-Roubaix die Strecken abgefahren, verschiedene Laufräder von Zipp getestet (Videoanalyse) und sind unterschiedliche Cervélo-Rahmen gefahren. Die Reifen wurden mit einer speziellen Flüssigkeit gefüllt und der optimale Luftdruck ermittelt - wir hatten bei Paris-Roubaix keinen Platten! Sattelstützen wurden gewechselt, unser Sponsor für Zusatzernährung , Zipvithat, hat Studien über Dehydrierung erstellt, der Bekleidungshersteller Castelli hat extra Sitzpolster mit den Fahrern entwickelt u.s.w. Kurz: ein tolles Projekt, allerdings auch viel Arbeit für alle.

Die Fragen an Jens Zemke stellte Matthias Seng.

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