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02.08.2010 | (rsn) - Alessandro Petacchi und Danilo Hondo bilden in den Sprints ein perfektes Duo. Radsport News traf die beiden Lampre-Profis beim Bad Homburger Kurparkrennen zum Interview. Dabei sprachen Petacchi und Hondo über ihre Zusammenarbeit und ein mögliches Aufeinandertreffen bei der WM. Außerdem gab Petacchi seine Vertragsverlängerung bei Lampre bis Ende 2012 bekannt.
Herr Hondo, Alessandro Petacchi und Sie sind jeweils 36 Jahre alt und schon lange im Geschäft. Seit Beginn der Saison fahren Sie erstmals zusammen in einer Mannschaft. Wie war Ihr Kontakt vor der gemeinsamen Zeit bei Lampre?
Hondo: Wir haben uns relativ früh kennen gelernt, als wir noch in kleineren Teams gefahren sind. Damals gab es noch die Sprachbarriere und jeder hat seine eigene Richtung verfolgt. Es gab aber immer eine sporadische Kommunikation. Man hat sich schon immer als Typ, als Mensch, aber auch als Rennfahrer geachtet. Bei dem ein oder anderen Rennen, wo man gemeinsam auf dem Podium stand, hat man dann auch mal ein bisschen mehr miteinander gesprochen. In den letzten Jahren gab es dann durch die Problematiken, die wir beide hatten, Gespräche (beide saßen Dopingsperren ab, d. Red.). Wir haben uns gefragt: Wie geht es weiter, wollen wir etwas gemeinsam machen? Alessandro wollte mich schon zu LPR holen, was allerdings nicht geklappt hat ,da das Team damals finanziell schon am Limit war. Es war aber sein Wunsch und seine Idee, dass wir zusammenkommen. Bei Lampre konnten wir das verwirklichen.
Wann genau wurde der Kontakt intensiviert?
Hondo: Das war vor etwa zwei Jahren. Da haben wir öfter miteinander gesprochen, auch telefoniert. Richtig intensiv wurde es dann im vergangenen Jahr, als wir einige Rennen gemeinsam gefahren sind – er bei LPR, ich bei Whirlpool. Als es dann mit Lampre konkret wurde, haben wir konstanten Kontakt gehabt, was sich zu einem engen, freundschaftlichen Verhältnis entwickelt hat.
Herr Petacchi, wie kamen Sie darauf, Hondo als Ihren Anfahrer ins Team holen zu wollen?
Petacchi: Ich habe mit dem Teamchef (Giuseppe Saronni, d. Re.d) und den Sportlichen Leitern von Lampre gesprochen und gesagt, dass ich noch einen schnellen Mann für den Sprint bräuchte. Wir hatten im Team viele Fahrer, die Cunego helfen konnten, aber nur wenige Leute für mich. Ich habe viel nachgedacht und bin letztlich zu dem Entschluss gekommen, dass Danilo der beste Mann für mich ist. Er ist ein starker und erfahrener Fahrer – einfach ideal als Anfahrer. Ich war natürlich sehr glücklich, als das Team ihn dann unter Vertrag nahm.
Herr Hondo, was hat letztlich den Ausschlag gegeben, mit Petacchi zusammenzufahren und für ihn den Anfahrer zu geben?
Hondo: Wir haben beide gesehen, dass Spezialisten zusammenarbeiten müssen, um eine Chance zu haben. Das sieht man bei einem eingespielten Team wie Columbia. Alessandro und ich haben ungefähr die gleichen Fähigkeiten, und wenn man die zusammentun kann, gibt es natürlich ein schlagkräftiges Team. Es macht unheimlich Spaß mit Alessandro zu fahren, und ich weiß auch, dass er in den Rennen auch etwas zurückzahlen wird, wenn sich die Möglichkeit bietet. Dann wird er für mich da sein. Ich bin bei Lampre aber nicht nur Helfer, sondern kann auch in die Kapitänsrolle schlüpfen, wie ich bei den Klassikern und beim Giro nach dem krankheitsbedingten Aus von Alessandro gezeigt habe.
Wie lief das Training in der Vorbereitung, wie wurde das Zusammenspiel perfektioniert?
Hondo: Wir haben viel gesprochen und miteinander trainiert. Bei der Tour haben wir uns auch nichts vorzuwerfen. Auf den ersten Etappen haben wir das umgesetzt, was wir wollten, haben zwei Etappen gewonnen. Cavendish war später eine Klasse für sich, Alessandro war aber direkt dahinter.
Petacchi: Im Winter habe ich Danilo nach dem Trainingscamp zu mir nach Hause eingeladen. Wir haben 15 Tage lang miteinander trainiert. Das war sehr wichtig für die weitere Saison.
Wie sind Sie mit der Zusammenarbeit mit Hondo zufrieden?
Petacchi: Sehr. Danilo hat für mich sehr viel gearbeitet. Er hat großen Anteil an meinen Siegen. Aber er war nicht nur für mich da. Als ich den Giro mit Bronchitis aufgeben musste, hat er für die anderen Fahrer wie Gavazzi gearbeitet. Und an einem Tag ist er bei einer Bergetappe sogar Zweiter geworden. Ich bin rundherum zufrieden. Das ganze Team profitiert von Danilo.
Hondo ist im Winter viel auf der Bahn unterwegs gewesen. Wollten Sie kein Team bei den Sixdays bilden?
Petacchi: Danilo fährt seit mehreren Jahren auf der Bahn. Ich habe da keinerlei Erfahrung. Es wäre zu gefährlich für mich. Danilo hat mich mehrmals gefragt, ob ich mit ihm fahren würde, aber ich habe lieber darauf verzichtet. Wie schnell ist da ein Sturz passiert, wenn man unerfahren ist.
Wie wichtig ist eine gutes privates Verhältnis für eine gute Zusammenarbeit im Rennen?
Hondo: Das ist ein Grundgesetz für`s Leben. Wenn man sich privat gut versteht, dann harmoniert man auch bei der Arbeit. Es gibt ein gutes Grundgefühl und Vertrauen. Vertrauen ist das Allerwichtigste. Man muss wissen, dass man sich auf den anderen verlassen kann. Wir liegen meistens auf einer Wellenlänge, und das macht natürlich vieles leichter.
Petacchi: Das sehe ich auch so. Danilo ist ein guter Kerl, wir verstehen uns. Wenn er bei mir ist, habe ich ein gutes Gefühl. Gerade für die letzten vier, fünf Kilometer ist er sehr wichtig für mich. Da weiß ich, dass ich ihm vertrauen kann.
Wie läuft die Kommunikation im Finale ab?
Petacchi: Da ist keine große Kommunikation nötig. Ich bleibe einfach am Hinterrad von Danilo. Er weiß, wie er mich zu positionieren hat.
Sie sind beide im fortgeschrittenen Radfahreralter. Konnten Sie noch etwas voneinander lernen?
Hondo: Es ist schon interessant zu sehen, welche Reize Alessandro beispielsweise im Training setzt, wo seine Schwerpunkte liegen. Man kann aber jeden Tag, vom anderen lernen. Dazu muss man bereit und offen sein. Nur so hat man eine Chance, im Leben voran zu kommen.
Was zeichnet Petacchi als Sprinter aus?
Hondo: Er hat eine gute Übersicht und verfügt über die nötige Ruhe. Er hat auch den nötigen Willen um sich durchzusetzen. Er wartet nicht nur ab und hofft, sondern nimmt den Sprint selbst in die Hand. Er nimmt die Verantwortung des Sprints gerne auf sich. Das ist mit das Wichtigste für einen Weltklassesprinter.
Was zeichnet Hondo als Anfahrer aus?
Petacchi: Während andere Teams wie Columbia einen richtigen Zug bei der Tour formierten, hatte ich nur Danilo. Aber ich sehe ihn auf einem Level mit Cavendishs Anfahrer Mark Renshaw. Er war im Finale als einziger Fahrer an meiner Seite. Er hat mich auf dem letzten Kilometer perfekt positioniert. Dafür hat er einfach ein Auge.
Sie hatten in Ihrer Karriere diverse starke Anfahrer wie Alberto Ongarato oder Marco Velo. Was ist der Unterschied zu Hondo?
Petacchi: Danilo war und ist ein Siegfahrer. Er hat viele Rennen im Sprint gewonnen. Das war bei Ongerato und Velo nicht der Fall. Danilo verhält sich im Sprint ähnlich wie ich. Ich mag einen langen Sprint, in dem Stück für Stück das Tempo erhöht wird. Und das macht Danilo perfekt. Ich brauche Sprints von 200 oder 250 Metern. 150 Meter wären für mich zu kurz. Wenn es zu plötzlich extrem schnell wird, dann ist das für mich nicht optimal. Aber mit Danilo funktionieren die langgezogenen Sprints sehr gut.
Wenn Sie so sehr mit Hondo als Anfahrer zufrieden sind, haben Sie sicher auch ein gutes Wort für ihn bei der Vertragsverlängerung eingelegt…
Petacchi: Danilo hat im Winter nur einen Einjahresvertrag bekommen, da das Team ihn erst einmal kennen lernen wollte. Nach dem Giro gab es schon Gespräche für einen neuen Vertrag. Und ich habe klar gemacht, dass ich Hondo an meiner Seite behalten und nicht an Greipel oder Farrar abgeben möchte. Die Verhandlungen gingen dann ganz schnell, in zehn Minuten war der Vertrag unterschrieben. Das Team wollte ihn auch unbedingt behalten, denn er ist ein wirklich starker Fahrer.
Hondo steht bis Ende 2012 bei Lampre unter Vertrag. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Petacchi: Ich selbst hatte Vertrag bis Ende 2011. Das Team wollte mich länger halten und ich wollte auch weiterhin mit Danilo arbeiten. Also habe ich meinen Vertrag am Tag vor dem Tourbeginn bei Lampre bis Ende 2012 verlängert. Damit werden Danilo und ich noch die nächsten beiden Jahre zusammenfahren.
Sie haben jetzt sowohl bei der Tour als auch beim Giro und der Vuelta das Sprintertrikot gewonnen. Welche ist das wichtigste für Sie?
Petacchi: Für mich als Italiener ist das Sprintertrikot vom Giro natürlich sehr wichtig. International gesehen hat das Grüne Trikot der Tour natürlich den höheren Stellenwert. Die Tour ist einfach das wichtigste Rennen in der Welt. Ich hatte bisher bei der Vuelta und beim Giro das Trikot gewonnen. Das von der Tour hat mir noch gefehlt. Nach zehn Tagen hatte ich dann auch bei der Tour ein gutes Gefühl, dass ich das Grüne Trikot gewinnen könnte. Und letztlich hat es geklappt.
Es ist möglich, dass Sie bei der WM aufeinandertreffen werden. Wie geht man damit um, wenn man dann auf einmal auf den Teamkameraden als Gegner trifft?
Hondo: Das ist natürlich eine Frage, die immer im Raum steht. Wir sind aber Profis und Sportler genug um zu differenzieren zu können. Jeder respektiert, dass der andere an diesem Tag in den Farben seines Landes antritt. Natürlich kann es bei einem solchen Rennen zu Interessenskonflikten kommen. Am Ende steht aber jeder loyal zu seinem Land. Kommt es zu einem Sprint, dann wäre ich natürlich für André Greipel da.
Petacchi: Ich habe schon mit Teamchef Paolo Bettini gesprochen. Vielleicht ist der Kurs etwas zu schwer für mich. Man muss abwarten, ob ich starte. Aber natürlich fährt jeder für sein Land. Eine Zusammenarbeit ist wohl nicht möglich.
Sie werden beide zur Vorbereitung die Vuelta fahren. Bis zum Ende?
Hondo: Ich habe schon Giro und Tour in den Beinen und hoffe noch auf die WM. Deshalb werde ich wohl nach zwei Wochen rausgehen.
Petacchi: Stand heute werde auch ich wohl nach zwei Wochen aussteigen. Die Tour war kräfteraubend, dann die ganzen Kriterien, Hinzu kommen noch die Hamburger Cyclassics und der GP Plouay. Falls ich keine WM fahre, dann ist Paris-Tours noch ein großes Ziel für mich. Das Rennen kommt mir entgegen, im Gegensatz zu den meisten italienischen Herbst-Rennen, die zu schwer für mich sind.
Mit Danilo Hondo und Alessandro Petacchi sprach Christoph Adamietz.
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