Spilak gewinnt Eschborn - Frankfurt vor Moser

Die Sprinterteams verpokern sich

Foto zu dem Text "Die Sprinterteams verpokern sich"
Simon Spilak (Katusha) | Foto: ROTH

01.05.2013  |  (rsn) – Der Slowene Simon Spilak (Katusha) und der Italiener Moreno Moser (Cannondale) haben vor der Alten Oper in Frankfurt den Triumph der deutschen Sprinter verhindert. In einer der spannendsten Entscheidungen der vergangenen Jahre setzte sich der 26 Jahre alte Spilak nach 200 schweren Kilometern von Eschborn durch den Taunus und zum Ziel in der Bankenmetropole im Sprint vor dem vier Jahre jüngeren Titelverteidiger durch. Das heranjagende Feld konnte von den ursprünglich drei Ausreißern nur noch Mosers Landsmann Domenico Pozzovivo (Ag2r) stellen.

Dabei verdrängte André Greipel (Lotto Belisol) praktisch auf der Ziellinie noch John Degenkolb vom dritten Platz. Hinter dem im Frankfurter Stadtteil Kalbach lebenden Lokalmatadoren kam Mailand-San Remo-Gewinner Gerald Ciolek (MTN-Qhubeka) auf den fünften Rang.

Der Belgier Gianni Meersman (Omega Pharma-Quick-Step) sowie Pozzovivo und der Niederländer Maurits Lammertink (Vacansoleil-DCM) kamen auf Rang sechs, sieben und acht, gefolgt von Spilaks russischem Teamkollegen Aleksei Tsatevich und Ralf Matzka, der als bester Starter des deutschen NetApp-Endura-Teams Zehnter wurde. Dahinter folgten mit dem Niederländer Karsten Kroon (Saxo-Tinkoff) und dem Deutschen Meister Fabian Wegmann (Nationalteam) zwei Fahrer, die bereits je zwei Mal das Rennen gewinnen konnten.

Auch wenn Spilak vor dem Rennen nicht zu den expliziten Favoriten gezählt hatte, kam der Triumph des Allrounders nicht gänzlich überraschend. Schließlich hatte der Katusha-Profi zuletzt die Königsetappe der Tour de Romandie vor dem späteren Geamtsieger Christopher Froome gewonnen. „Der Sieg ist für mich und mein Land sehr wichtig. Ich bin nach der Romandie in sehr guter Verfassung hier hergekommen“, erklärte Spilak in der Pressekonferenz und fügte an: „Das ist einer der größten Siege in meiner Karriere.“

Der entthronte Titelverteidiger war über Platz zwei überhaupt nicht enttäuscht. „Ich bin zufrieden mit Platz zwei, denn Spilak ist stark und hat am Samstag in der Romandie gewonnen“, zollte der 22-jährige Neffe von Francesco Moser seinem Konkurrenten allen Respekt. Vor dem Rennen hatte Moser, der erst auf den letzten Drücker seine Startzusage gegeben hatte, noch Understatement betrieben und sich ausdrücklich nicht zu den Favoriten gezählt. „Ich hatte den ersten Teil der Saison schon abgeschlossen“, begründete er auf der Pressekonferenz seine Einschätzung, „aber ich mag das Rennen und wollte gerne nochmal hier fahren.“

Dagegen konnten die deutschen Sprinter mit dem Ausgang ihres Heimspiels nicht zufrieden sein – vor allem, weil nur wenige Meter zum ganz großen Coup fehlten. „Klar war es schade, aber so ist der Radsport: Wer als erster übers Ziel fährt, hat gewonnen“, bilanzierte Greipel lakonisch. „Mich hat nur geärgert, dass ich eingebaut war und keinen frühen Sprint fahren konnte, wie ich es wollte. Sonst hätte es vielleicht gereicht. Vielleicht hat sich John Degenkolb etwas verpokert, denn er hatte ja noch mehr Männer dabei“, fügte der 30-Jährige an.

„Wenn Quick Step etwas früher Gas gibt, dann wären wir vielleicht auch noch nach ganz vorne gekommen und auch Gianni Meersman hätte bessere Chancen gehabt“, reichte Degenkolb den Schwarzen Peter weiter – lobte aber den Zeitfahrweltmeister. „Großes Kompliment an Tony, denn ohne ihn hätten wir Pozzovivo nicht mehr eingeholt. Wenn er es etwas früher getan hätte, wäre es vielleicht sogar noch um den Sieg gegangen.“ So aber blieben dem deutschen Sprinter-Trio vor heimischem Publikum nur die Plätze drei bis fünf.

Bei kühlem, aber trockenem Wetter und zunächst noch unter einem bewölkten Himmel machten sich um Punkt 12 Uhr 184 Starter in Eschborn auf den Weg. Es dauerte keine zehn Kilometer, bis sich die Gruppe des Tages bildete. Angeführt von Greipels Helfer Marcel Sieberg zogen Paul Voß (NetApp-Endura), Michael Morkov (Saxo-Tinkoff), Sébastien Reichenbach (IAM), Jan-Nicklas Droste (Heizomat), Tim Gebauer (Stölting), Georg Preidler (Argos-Shimano) sowie das NSP-Ghost-Duo Michael Schweizer und Sven Forberger davon, doch das zunächst von Martins Team angeführte Feld gab den Ausreißern keine vier Minuten an Vorsprung.

Preidler zeigte sich an den Bergwertungen immer vorn, sammelte hier fleißig Punkte und sicherte sich schließlich das Bergtrikot. Die Spitzengruppe arbeitete lange Zeit gut zusammen, doch als es zur ersten der diesmal vier Passagen des Mammolshainer Berges ging, fiel zuerst Forberger zurück, danach mussten auch die weiteren drei Continental-Fahrer Schweizer, Droste und Gebauer passen.

Voß, Sieberg, Preidler, Reichenbach und Morkov behaupteten in der Folge einen Vorsprung von knapp zwei Minuten. Im Feld ließ Martin bei nun mehr strahlendem Sonnenschein weiter seine Mannschaft Tempo bolzen, was sich bezahlt machte, denn der Rückstand wurde zusehends geringer.

Bei der dritten Überquerung des bis zu 26 Prozent steilen Mammolshainer Bergs erfuhr das Rennen eine erste Zuspitzung. Preidler und Morkov schüttelten ihre Begleiter ab, während im Feld zunächst Degenkolb für eine Tempoverschärfung sorgte. Als es über die Spitze des Stichs hinweg ging, setzte Martin die von allen erwartete Attacke und schloss innerhalb von wenigen Kilometern zu dem Spitzenduo auf.

Doch das Feld reagierte prompt und fing das Trio 43 Kilometer vor dem Ziel wieder ein. Nun zeigten sich das mit nur sieben Fahrern angetretene Argos-Shimano-Team und Lotto Belisol an der Spitze, in der vierten und letzten Anfahrt zum Mammolshainer übernahmen auch wieder Martins Helfer Verantwortung. Zwar gab es an der letzten Höchstschwierigkeit des Tages zunächst keine ernstzunehmende Attacke, doch nach der letzten Bergwertung des Tages griffen Pozzovivo, Spilak und Moser an.

Gejagt von den Sprinterteams schien sich das neue Spitzentrio auf den letzten 30 Kilmetern nicht entscheidend absetzen zu können. Keine 40 Sekunden betrug der Maximalvorsprung der beiden Italiener und des Slowenen auf das Feld mit fast allen aussichtsreichen Sprintern, das auch noch auf mehr als 60 Fahrer anwuchs, nachdem eine am Mammolshainer abgehängte Gruppe im Flachteil wieder den Anschluss geschafft hatte.

Doch die drei Ausreißer behaupteten auch bei der ersten Zieldurchfahrt ihren Vorsprung von knapp einer halben Minute. Auf den drei verwinkelten Zielrunden durch die Frankfurter Innenstadt kam das Feld nicht wesentlich näher. Zu Beginn der letzten drei Kilometer des Rennens betrug der Rückstand immer noch knapp 20 Sekunden.

Das Finale entwickelte sich dann zu einem Sekunden-Krimi. Nachdem Omega Pharma-Quick-Step vor allem Lotto-Belisol und Argos-Shimano die Last der Verfolgung überlassen hatte, spielte Martin auf den letzten beiden Kilometern die Lokomotive und brachte das Feld doch noch in Schlagdistanz. In der letzten Kurve betrug der Vorsprung der Drei nur noch wenige Meter – doch dann mobilisierten Spilak und Moser ihre letzten Kraftreserven und machten den Sieg vor der Alten Oper unter sich aus.

Dabei konnte Spilak den als sprintstärker eingeschätzten Moser knapp hinter sich lassen und seinen dritten Sieg in diesem Jahr einfahren. Das heranjagende Feld fing auf der Zielgeraden nur noch Pozzovivo ab und Greipel verdrängte praktisch auf der Ziellinie Degenkolb, den Sieger von 2011, noch vom letzten freien Podiumsplatz. Trotzdem wäre mehr drin gewesen für die deutschen Sprinter. „Für die Zuschauer war es auf jeden Fall spannend“, bemühte sich Greipel noch um ein versöhnliches Fazit.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.05.2013Team Heizomat überzeugt am 1. Mai mit engagierter Leistung

(rsn) – Für die heimischen Continental-Teams bilden die Einsätze bei den großen deutschen Rennen jedes Jahr Höhepunkte im Rennkalender. So verhielt es auch am 1. Mai beim fränkischen Continenta

02.05.2013Ciolek fehlte am Ende die Kraft

(rsn) – Im Sprint vor der Alten Oper in Frankfurt zählte auch Gerald Ciolek (MTN-Qhubeka p/b Samsung) zu den Geschlagenen. Doch der Mailand-San Remo-Gewinner war mit Platz fünf beim hessischen Kla

01.05.2013Zabel: „Simon hat gut gepokert"

(rsn) – Simon Spilak hatte kaum jemand auf der Rechnung, als es darum ging, die Favoriten auf den Sieg bei Rund um den Finanzplatz Eschborn – Frankfurt zu benennen. Doch der 26 Jahre alte Slowene,

01.05.2013Wegmann: „Nicht so gelaufen wie gewünscht"

(rsn) – Für Fabian Wegmann hat es mit der deutschen Nationalmannschaft nicht zum dritten Triumph bei Eschborn – Frankfurt gereicht. Johannes Fröhlinger schaffte es mit Argos-Shimano nicht, die A

01.05.2013Team Stölting fährt mit Werda auf`s Podium, Herklotz Vierter

(rsn) – Wie bei den Profis haben auch die deutschen U23-Starter bei Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt den Sieg knapp verpasst. Hinter den beiden Dänen Lasse Norman Hansen und Michael Valgr

01.05.2013Spilak triumphiert an der Alten Oper, Greipel Dritter

(rsn) – Simon Spilak (Katusha) hat in einer dramatischen Entscheidung Rund um den Finanzplatz Eschborn – Frankfurt gewonnen. Der 27 Jahre alte Slowene setzte sich bei der 52. Auflage des hessische

01.05.2013Degenkolb: "Ich will den Heimvorteil nutzen"

Radsport News befragte vor dem Start von Rund um den Finanzplatz Eschborn - Frankfurt John Degenkolb, Gerald Ciolek, Rüdiger Selig, Karsten Kroon und Marcel Sieberg zu ihren Zielen und Erwartungen.

01.05.2013184 Profis, aber nur zwei Taktiken in Frankfurt

Frankfurt (rsn) - Pünktlich um 12 Uhr wurde am Mittag der deutsche Klassiker gestartet, der heute "Rund um den Finanzplatz Eschborn Frankfurt" heißt und früher als Henninger-Rennen bekannt geworden

01.05.2013Voß muss wegen Grippe seine Ziele zurückschrauben

(rsn) - Wie so viele andere Fahrer wurde Paul Voß in diesem Frühjahr von einer Grippe heimgesucht. "Ich war nach dem Amstel Gold Race zwei Wochen krank und habe erst zwei Tage trainieren können", s

30.04.2013Nationalteam will die Sprinter ärgern

(rsn) – Zu den großen Favoriten auf den Sieg bei Rund um den Finanzplatz Eschborn – Frankfurt zählen unter anderem Tony Martin (Omega Pharma-Quick-Step), John Degenkolb (Argos-Shimano) und AndrÃ

30.04.2013Haussler: "Die Beine sind noch nicht gut genug"

(rsn) - Heinrich Haussler (IAM) gibt nach dreiwöchiger Rennpause bei Eschborn-Frankfurt sein Comeback. Entsprechend gering schätzt der Australier seine Chancen auf ein Spitzenergebnis in Frankfurt e

30.04.2013Team Stölting will beim U23-Rennen auf`s Podium fahren

(rsn) - Am 1. Mai ist das Team Stölting bei Eschborn-Frankfurt gleich doppelt im Einsatz. Der Gelsenkirchener Rennstall startet am Mittwoch sowohl im Profi-Rennen als auch bei der U23 - jedoch mit un

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

19.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

19.04.2024Lopez wehrt alle Angriffe ab und gewinnt Tour of the Alps

(rsn) – Juan Pedro Lopez (Lidl – Trek) kam am Schlusstag der 47. Tour of the Alps (2.Pro) nicht mehr in Schwierigkeiten. Der Spanier selbst hat auf dem schweren letzten Teilstück seine Kontrahent

19.04.2024Die Strecke des vierten Monuments: Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum 110. Mal findet am Sonntag Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT) für die Männer statt – die Frauen bestreiten ´La Doyenne´ dagegen erst zum achten Mal. Die Strecke hat sich für beide

19.04.2024Im Chaos-Finale fahren Malmberg, Röber und Paluta in die Top 10

(rsn) - Auch im chaotischen Finale der 2. Etappe von Belgrade Banjaluka (2.2) waren die drei deutschen Kontinental-Teams vorne mit dabei. Während der Däne Matias Malmberg (Maloja Pushbikers) und Do

19.04.2024Kehrt der Intergiro bei der Italien-Rundfahrt zurück?

(rsn) - Auf einigen der von der RCS veröffentlichen Profilen der Italien-Rundfahrt taucht der Intergiro zum ersten Mal seit 2005 wieder auf. Der Intergiro ist eine Sonderwertung, bei dem die Zeit all

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

19.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)