Interview mit dem ehemaligen Weltmeister

Grabsch: „Im Zeitfahren fehlt uns der Nachwuchs"

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Bert Grabsch (Omega Pharma-Quick Step) | Foto: ROTH

10.05.2013  |  (rsn) - Bert Grabsch zählt mit seinen 37 Jahren zu den erfahrensten Profis im Peloton. Im Interview mit Radsport News blickt der Zeitfahr-Weltmeister von 2008 auf sein Frühjahr zurück, erklärt unter welchen Voraussetzungen er bei der WM starten will und gibt einen Ausblick auf die Zeit nach der Profikarriere.

Wie fällt Ihre persönliche Saisonbilanz aus, gerade unter dem Aspekt, dass Sie nur wenige Rennen in diesem Frühjahr bestritten haben?

Grabsch: Das mit dem reduzierten Rennprogramm war schon so geplant. Ich hatte gesagt, dass ich keine Klassiker fahren möchte und dementsprechend war das Rennprogramm. Einige Rennen im Frühjahr sind ausgefallen, so hat die Klassikerfraktion Ersatz gebraucht und ich hatte so einen eher ruhigen März und April. Da ich aber auch nicht jünger würde, sehe ich das auch nicht unbedingt als Nachteil. Mit der Tour Down Under, der Tour de Langkawi, zwei Rennen in Belgien und zuletzt der Tour de Romandie habe ich dennoch auch einige Renntage in den Beinen.

Wie steht es um Ihre Form?

Grabsch: Mit der bin ich zufrieden, die Ergebnisse sind auch ausgeblieben, da ich viel für die Mannschaft arbeiten musste. In Australien und Malaysia hatten wir jeweils einen Sprinter dabei, für den es zu arbeiten galt. Bei der Tour de Romandie musste ich auch immer auf Cavendish warten, er war noch nicht so gut drauf. Ich bin aber auch optimistisch, dass ich in den nächsten Rennen auch mal ein Ergebnis einfahren werde, nachdem ich bei den Handzame Classic im Frühjahr freie Fahrt bekommen habe und es dort schon fast mit einem Podiumsplatz geklappt hat (Grabsch wurde dort als Ausreißer kurz vor dem Ziel gestellt, d. Red.). Dass für mich noch nichts Zählbares herausgesprungen ist, ist aber nicht dramatisch. Ich hatte in den vergangenen Jahren im Frühjahr immer einige Anlaufschwierigkeiten.

Wie sieht ihr aktuelles Rennprogramm aus?

Grabsch: Ich werde die Kalifornien-Rundfahrt bestreiten. Das ist, obwohl sie sehr schwer ist, auch eine meiner Lieblingsrundfahrten. Danach werde ich entweder die Dauphiné oder Tour de Suisse fahren, wobei mir die Dauphiné lieber wäre. Es hängt aber auch davon ab, wo Cavendish startet.

Sie haben im letzten Jahr über Sitz-Probleme auf dem Zeitfahrrad geklagt, weshalb es in Ihrer Parade-Disziplin nicht nach Wunsch lief. Sind die mittlerweile behoben?

Grabsch: Behoben sind sie, aber besser gelaufen ist es noch nicht. Bei der Tour de Romandie hatte ich keinen guten Tag (Grabsch wurde 55., d. Red.), bin als Erster gestartet und hatte auch keine Referenzzeit. Beim lange Zeitfahren der Kalifornien-Rundfahrt verspreche ich mir aber schon ein besseres Ergebnis und möchte mich in Richtung Deutsche Meisterschaften immer weiter steigern. Sollten die Ergebnisse nicht besser werden, dann müsste man die Situation nochmals analysieren. Im Moment kann ich aber nur abwarten und hoffen, dass es besser wird.

Sehen Sie sich noch als Anwärter auf einen der WM-Plätze für das Einzelzeitfahren?

Grabsch: Da wir drei Startplätze und leider auch keinen Zeitfahr-Nachwuchs haben, sind die Chancen relativ groß, dass ich einen Platz im Aufgebot bekomme. Ich möchte aber nur starten, wenn ich im Voraus meine Ergebnisse gebracht habe. Wenn ich bei der Zeitfahr-DM auf`s Podium fahre, dann möchte ich auch bei der WM starten. Aber nochmals, es ist sehr schade, dass wir in dieser Disziplin keinen Nachwuchs haben, denn das würde auch noch mal zusätzliche Motivation bringen, gerade für die DM. Immerhin haben wir mit Tony Martin und Patrick Gretsch zwei richtig starke Zeitfahrer, die mit ihren 28 und 26 Jahren noch ein paar Saisons bestreiten werden.

Die WM ist aber dennoch ein großes Ziel?

Grabsch: Natürlich, deshalb habe ich im Winter auch noch mal einen großen Aufwand betrieben, gerade was das Zeitfahren betrifft. Ich hoffe, dass sich das nochmal auszahlt.

Zu HTC-Highroad-Zeiten waren Sie wichtiger Helfer von Mark Cavendish. Gibt es Ihnen zusätzlich Motivation, mit dem Briten nun wieder einen Topsprinter im Team zu haben, für den es sich zu arbeiten lohnt?


Grabsch:
Wir hatten bei der Tour de Romandie erst unseren ersten gemeinsamen Renneinsatz. Da war ich für ihn zuständig. Für den Giro wurde ich nicht nominiert, aber das war so abgesprochen. Ich bin aber optimistisch, dass ich die Tour fahren werde und dann werde ich auch wieder so für Mark arbeiten, wie das zu unseren HTC-Highroad-Zeiten der Fall war. Und ich gehe davon aus, dass wir im Gegensatz zum letzten Jahr auch wieder ein paar Etappen gewinnen können.

Ihr Vertrag läuft Ende 2013 aus. Wie sehen Ihre Pläne für die kommende Saison aus?

Grabsch: Als Helfer ist es schwer, sich mit Ergebnissen zu präsentieren. Das wichtigste ist, dass das eigene Team die Leistung anerkannt. Bisher gab es noch keine intensiven Gespräche, aber ich möchte in nächsten Jahr auf jeden Fall noch mal fahren. Ich denke, dass die Gespräche im Mai und Juni anlaufen werden.

Ist es für Sie ein Muss, ihre letzte Saison in einem großen WorldTour-Team zu bestreiten?

Grabsch:
Ich könnte mir auch vorstellen, für ein kleineres Team zu fahren und dann dort die Talente zu unterstützen. Jens Heppner etwa hat dies auch so gehandhabt, ist beim Team Wiesenhof in der zweiten Liga gefahren und ist dann in die Sportliche Leitung gewechselt. Ich habe mal gesagt, dass ich kein Sportlicher Leiter werden möchte, mittlerweile kann ich mir dies aber doch ganz gut vorstellen. Im nächsten Jahr noch einmal aktiv fahren und dann direkt in die Sportliche Leitung übergehen, das wäre eigentlich mein Traum.

Wie würden Sie die junge Radsportgeneration beschreiben?

Grabsch:
Früher und heute kann man schwer vergleichen. Früher waren, wie man mittlerweile weiß, viele Fahrer in Dopinggeschichten verstrickt. Ich bin da froh, dass ich da nicht reingerutscht bin und sauber unterwegs war. Man muss aber auch klar sagen, dass ich nicht weiß, wie ich reagiert hätte, wenn mir damals etwas angeboten worden wäre. Die heute Generation ist ganz anders erzogen, es gibt gute deutsche Radfahrer, die anders denken, etwas selbstbewusster sind. Die muss man manchmal noch auf den Boden der Tatsachen zurückholen, aber ich bin vor allem froh, dass es so viele Talente in Deutschland gibt.

Wäre es für Sie auch eine Option ein Profi-Team mit aufzubauen?

Grabsch:
Natürlich würde ich schon gerne mitarbeiten, ein Team aufzubauen. Wenn ein deutscher Sponsor gefunden würde, dann würde ich auch nicht Nein sagen. Ich verfüge über eine gewisse Erfahrung, habe mir im Verlauf meiner Karriere nichts zu Schulden kommen lassen und könnte den jungen Fahrern mit ruhigem Gewissen etwas beibringen.

Welche Rennen wollen Sie vor Ihrem Karriereende nochmal gut fahren?

Grabsch: Eigentlich gibt es da keines. Nur die WM möchte ich mit einem guten Ergebnis abschneiden und bei der Tour de France am Start stehen. Das sind meine zwei großen Ziele. Eine Medaille bei der WM wäre natürlich ein Traum, aber da müsste einfach alles stimmen.

War der WM-Sieg von 2008 der bis dato schönste und intensivste Moment?

Grabsch: Das war mein größter und auch intensivster Erfolg, den ich nicht vergessen werde. Er hätte nur zwei, drei Jahre früher passieren müssen, denn er ging bei den ganzen Dopingmeldungen einfach unter. Es kann sich aber dennoch nicht jeder Weltmeister nennen, deshalb bin ich da sehr stolz drauf.

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