Hondos Giro-Tagebuch / Fazit

„Mann, seht ihr fertig aus“

Von Danilo Hondo

Foto zu dem Text "„Mann, seht ihr fertig aus“"
Danilo Hondo (Trek) | Foto: Cor Vos

05.06.2014  |  (rsn) - Mit  Verzögerung schicke ich noch eine kleine Abschlussbilanz zur Italien-Rundfahrt. Nach dem Finale in Triest habe ich einfach ein bisschen Ruhe gebraucht und war zwei Tage gar nicht im Internet. Ich denke, Ihr versteht das...

Ich würde meinen Giro als stabil unauffällig bezeichnen. Ich habe mein Bestes gegeben und war zwei Mal in einer Ausreißergruppe dabei. Allerdings muss man auch sagen, dass dieser Giro einfach nicht für Ausreißer gemacht war. Zu Beginn haben die Sprinterteams alles kontrolliert und die Gruppen zurückgeholt, in der zweiten Hälfte waren die Etappen für mich einfach zu schwer. Da befand ich mich allerdings in guter Gesellschaft: Auch ein Lars Bak, vor zwei Jahren noch Etappensieger hier, ist leer ausgegangen.

Als Team können wir aber sehr zufrieden sein. Vor allem unser Rennpony Julian Arredondo hat mit seinem Etappensieg und dem Gewinn des Bergtrikots mächtig für Furore gesorgt – auch wenn er manchmal etwas unbedarft zu Werke gegangen ist. An einem Tag zündet er eine Rakete, am nächsten muss er im Grupetto fast ums Überleben kämpfen. Im Sprint haben wir durch Giacomo Nizzolo vier Mal knapp den Sieg verpasst. Da sieht man, dass ihm noch der letzte Schritt zum Champion fehlt. Er hat manchmal zu lange gezögert oder im entscheidenden Moment die falsche Übersetzung gewählt.

Insgesamt war der Giro sehr kräftezehrend, was auch dem schlechten Wetter geschuldet war. Am letzten Ruhetag hatte ich ja, wie berichtet, Besuch von zwei Freunden aus Hamburg. Die meinten auch: „Mann, siehst du fertig aus.“ Und der Eindruck hat nicht getäuscht.

So war ich bei der Zieleinfahrt in Triest zum Abschluss der Rundfahrt auch gar nicht in der Lage, große Emotionen angesichts meines letzten Giro als Profi zu empfinden. Ich war einfach zu breit. Und sinnbildlich hat es auch zu diesem Giro gepasst, dass es zwei Minuten nach Rennende wie aus Eimern gekübelt hat.

Was das Wetter angeht, könnte man sich wirklich überlegen, die Termine von Giro und Vuelta zu tauschen. In Spanien ist das Wetter im Mai schon deutlich stabiler. Aber ob der Giro da mitspielt?

Ein besonderes Erlebnis war für mich, als es am letzten Samstag hinauf zum Monte Zoncolan ging und ich in einer Ausreißergruppe saß. An jenem Tag ist mir der Anstieg so leicht gefallen wie noch nie zuvor in meiner Karriere. Und letztlich macht es auch keinen großen Unterschied, ob du diesen Berg von vorne oder aus dem Feld heraus in Angriff nimmst. Die Schmerzen sind die gleichen.

Aus dem 97. Giro d'Italia kann der gemeine Radsportfan mehrere Schlüsse ziehen. Zum einen war die geballte Power der Kolumbianer zu sehen. Die haben ein riesiges Potenzial am Berg, was sie jetzt nach und nach ausschöpfen. Aber auch der junge Fabio Aru, der bei Astana Michele Scarponi als Kapitän ersetzt hat und Dritter wurde, hat gezeigt, dass gerade ein Generationswechsel vollzogen wird.

Positiv in Erinnerung geblieben sind mir auch FDJ.fr, die als Team in der Sprintvorbereitung in den letzten beiden Jahren einen richtigen Sprung gemacht haben - und auch Giant-Shimano hat sich zu einem richtig tollen Team entwickelt, was die Sprints angeht.

Für mich ist jetzt erst einmal eine längere Rennpause angesagt. Mein nächstes UCI-Rennen werde ich Ende Juni in Belgien bei Halle Ingooigem bestreiten, danach stehen die Deutschen Meisterschaften an. Dort das Meistertrikot zu erringen, wäre im Abschiedsjahr noch einmal eine tolle Sache. Wir werden sehen.

Die Tour de France steht nicht auf meinem Plan, stattdessen werde ich die Österreich-Rundfahrt bestreiten. Ob ich die Vuelta fahre oder ein Alternativprogramm mit Plouay, Hamburg und Eneco-Tour, ist noch nicht entschieden.

Abschließend möchte mich bei all den Lesern bedanken, die hier auf radsport-news.com mein Tagebuch in den letzten Wochen gelesen und mich mit positivem Feedback weiter motiviert haben. Mir selbst hat es auch großen Spaß gemacht. Und wer weiß, vielleicht war dies ja der Auftakt zu einem Buch. Doch da ist noch nichts spruchreif.

Euer Danilo

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.06.2014Am Zoncolan mittendrin statt nur dabei

Wieder unglaublich, welche die Mühe sich die vielen Tifosi gemacht haben, um diesen Mythos zu befahren oder zu besteigen, allein um uns zu erwarten und anzufeuern oder sogar ein kleines Stück hinauf

30.05.2014Von wegen halber Ruhetag

(rsn) - Wahnsinn, wie schnell einen die Realität nach dem großartigen Erfolg von gestern wieder einholt. Da waren wir am Abend noch so euphorisch und alles schien so leicht und locker, keine Schmerz

29.05.2014Grande Julian Arredondo mit Granaten-Stimulation

(rsn) - Endlich, wir haben gewonnen, Grande Julian Arredondo! Er hat heute einem großartigen Giro unserer Mannschaft den i-Punkt aufgesetzt. Wir freuen uns alle für unser unermüdliches kolumbianisc

29.05.2014Der Giro möchte sicher Quintana als Sieger sehen

(rsn) - Wie froh man doch ist, wenn am Start die Sonne scheint und es laut Streckenprofil erst einmal 30 Kilometer bergab geht. Man fühlt sich nach dem gestrigen Tag wie ein anderer Mensch, obwohl ic

27.05.2014Mit vereisten Brillen im Blindflug den Gavia runter

(rsn) - Allein aus der heutigen Etappe könnte man einen Film machen, und zwar mit dem Titel: „Wir waren Helden“. Alles ein Wahnsinn! Normalerweise hätte man gesagt, der Platz ist unbespielbar, a

26.05.2014Schreckliche Erinnerungen an den Passo Tonale

(rsn) - Was für eine geile Etappe: tellerflach, rechts und links entlang der Straße Hunderttausende von Zuschauer und dann mit Vollgas den Berg hinauf. Wie ich bereits in meinem letzten Eintrag gesc

24.05.2014Allein unter Bergziegen

(rsn) - Da ahnt man nichts Böses und schon ist man in der Gruppe des Tages und dann noch bei einem solch schweren Profil. Na ja, zum Glück habe ich mich ganz gut gefühlt und mich schlauerweise au

23.05.2014Der Giro ist und bleibt verrückt

(rsn) - Und plötzlich war überall Schnee und Eis auf der Straße....., wieder einmal wurden wir im Finale vom hereinbrechenden Wetterchaos überrascht. Der Giro d´Italia ist und bleibt verrückt.

22.05.2014Einfach dem Gefühl gefolgt

(rsn) - Ja, wer gestern einen neuen Eintrag in meinem Tagebuch suchte, hat das tatsächlich vergeblich getan. Ich bin ehrlich: Ich hatte einfach keine Lust, mir nach dem langen Tag noch Gedanken zu ma

20.05.2014Vielleicht glänzt Geschkes Bart in Savona

(rsn) - Heute waren sich alle einig, es nach dem Ruhetag noch einmal etwas ruhiger angehen zu lassen. Schlussendlich sinnvoll, denn es war klar, dass es heute einen Sprint geben sollte, und die Teams

19.05.2014Von Belfast bis Modena ein Fest in Rosa

(rsn) - Der Radsport ist tot, es lebe der Radsport. Unter diesem Motto kam gestern und auch all die Tage davor der Mythos Giro d´Italia in seiner ganzen Pracht und Vielfalt zum Vorschein. Die m

18.05.2014Das war wieder eine sensationelle Etappe für uns

(rsn) - Es ist 20:40 Uhr und wir sind doch tatsächlich schon im Hotel. Sicher, wir mussten heute wieder einmal in den verschiedensten Kategorien zum Podium, aber schlussendlich waren es dann immerhin

Weitere Radsportnachrichten

15.06.2025Pogacar wehrt Vingegaards Angriffe ab und gewinnt Dauphiné

(rsn) - Lenny Martinez (Bahrain Victorious) hat als Ausreißer die Schlussetappe des 77. Critérium du Dauphiné (2.UWT) am Lac du Mont Cenis gewonnen. Der Franzose setzte sich nach 133,3 Kilometern d

15.06.2025Walscheid erleidet Ellbogenbruch bei Dwars door het Hageland

(rsn) - Bitterer Rückschlag für Max Walscheid (Jayco - AlUla): Der 32-jährige Heidelberger ist beim belgischen Eintagesrennen Dwars door het Hageland (1.Pro) am Samstag zu Fall gekommen und hat sic

15.06.2025Foto-Finish! Magnier bezwingt Philipsen bei der Elfstedenronde

(rsn) – Paul Magnier (Soudal – Quick-Step) holt weiterhin das Maximum aus seiner Form nach dem vorzeitigen Ausstieg am letzten Ruhetag des Giro d´Italia heraus. Der 21-jährige Franzose hat 24 St

15.06.2025Schwarzbacher gewinnt Auftakt beim Giro Next Gen

(rsn) – Matthias Schwarzbacher (UAE Team Emirates Gen Z) hat in Rho das 8,4 Kilometer lange Auftaktzeitfahren des Giro d'Italia Next Gen (2.2U) gewonnen. Der 19-jährige Slowake war in 9:17 Minuten

15.06.2025Cavallar Dritte und Mitterwallner Sechste bei Pyrenäen-Rundfahrt

(rsn) – Die Baskin Usoa Ostolaza (Laboral Kutxa – Fundacion Euskadi) hat die dreitägige Pyrnäen-Rundfahrt (2.1) gewonnen und damit ihr Potential als Bergfahrerin noch einmal unterstrichen. Nachd

15.06.2025Vollering nach Suisse-Niederlage “leer - Zeit zu schlafen“

(rsn) – Völlig ausgepumpt und mit tiefer Enttäuschung in der Miene saß Demi Vollering (FDJ – Suez) nach der Schlussetappe der Tour de Suisse Women (2.WWT) in Küssnacht am Absperrgitter. Die Ni

15.06.2025Evenepoel fit für die Tour? “Im Vergleich zum Vorjahr bin ich weiter“

(rsn) - Knapp drei Wochen vor dem Start der Tour de France am 5. Juli in Lille stellt sich die Frage, ob Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) wirklich zum Herausforderer von Tadej Pogacar (UAE –

15.06.2025Reusser fährt taktisch klug zum Etappen- und Gesamtsieg

(rsn) – Marlen Reusser (Movistar) hat auf der Schlussetappe der Tour de Suisse Women (2.WWT) rund um Küssnacht ihre Sonderstellung bei ihrer Heimat-Rundfahrt noch einmal eindrucksvoll unter Beweis

15.06.2025Picnic - PostNL verabschiedet Bardet mit 10-Minuten-Video

(rsn) - Mit der Schlussetappe des Critérium du Dauphiné durchs Maurienne-Tal hinauf zum Mont Cenis endet am Sonntag die 14-jährige WorldTour-Karriere von Romain Bardet. Der 34-Jährige, vierfache T

14.06.2025Angriff aufs Double: Wer schlägt Almeida in der Schweiz?

(rsn) – Während Tadej Pogacar beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) gegen Jonas Vingegaard, Remco Evenepoel, Florian Lipowitz und Co. kämpft, ist sein wohl stärkster Berghelfer für die Tour de Fr

14.06.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

14.06.2025Lipowitz ist bereit für die Tour - aber für welche Rolle?

(rsn) – Das Critérium du Dauphiné (2.UWT) zementierte nach den ersten beiden schweren Bergetappen die Machtverhältnisse im Radsport – jedenfalls bei Rundfahrten. Die besten Drei waren sowohl i

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Critérium du Dauphiné (2.UWT, FRA)
  • Tour de Suisse (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Tour du Cameroun (2.2, CMR)
  • Giro d`Italia Next Gen (2.2u, ITA)
  • Elfstedenronde Brugge (1.1, BEL)
  • SPAR Flanders Diamond Tour (1.1, BEL)
  • Tour de Beauce (2.2, CAN)
  • Yellow River Estuary Road (2.2, CHN)