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20.12.2014 | (rsn) - Ihr erstes Straßenrennen hat Stephanie Pohl in diesem Jahr zwar erst am 10. Juni bestritten, doch den Höhepunkt ihrer Saison erreichte die inzwischen 27-Jährige bereits weit früher: Am 1. März baumelte im kolumbianischen Cali eine Silber-Medaille vor Pohls Brust. Vize-Weltmeisterin im Punktefahren auf der Bahn war sie da gerade geworden – der bis dato größte Erfolg der Europameisterin von 2012.
Der größte Erfolg? Nun, wenn man das Privatleben mit einbezieht, dann wohl nicht. Denn Pohl ist bereits seit fünf Jahren Mutter. Gemeinsam mit Töchterchen Nele und ihrem Lebensgefährten Michael Gaumnitz, der als Trainer am Olympiastützpunkt in Cottbus arbeitet, wohnt sie in Kunersdorf etwa zehn Kilometer außerhalb der Stadt. Pohls Arbeitgeber ist, wie bei vielen anderen Spitzensportlern, die Bundeswehr. „Das ist finanziell ein guter Background, und nur deshalb kann man den Sport machen“, erklärte sie radsport-news.com am Rande der Straßen-WM in Ponferrada.
Sport, Job und Familienleben unter einen Hut zu bekommen, das erfordert Organisationstalent und vor allem auch Hilfe von außen. „Ohne viel Planung im Privatleben und die große Unterstützung meines Partners sowie unserer Familien würde ich schon lange nicht mehr Rad fahren“, gibt Pohl zu. „Nele kommt nächstes Jahr in die Schule. Das wird noch eine Herausforderung mehr.“
Bislang aber scheint Pohl die Aufgaben gut zu meistern. Neben WM-Silber in Cali holte sie bei der Bahn-DM im heimischen Cottbus zwei Mal Gold in der Einerverfolgung sowie im Punktefahren. Auch auf der Straße lief es 2014 gut, wie der 15. Platz in der Radsport News Jahresrangliste beweist, in die Bahn-Resultate nicht einfließen. Und das, obwohl Pohl nach einem Jahr bei Futurumshop.nl ohne Team in die Saison ging. „Die großen Mannschaften nehmen nicht gerne eine Bahnfahrerin, weil sich für uns die Saison immer etwas verschiebt“, weiß sie.
„Somit konnte ich nur mit dem Nationalteam die großen Rundfahrten besetzen.“ Material hat sie 2014 über das Männer-Continentalt-Team LKT Brandenburg bekommen. „Die haben mich in jeder denkbaren Situation unterstützt“, ist Pohl dankbar. Und auf diesem Material fuhr sie bei den Deutschen Straßenmeisterschaften im Juni in Baunatal auf Rang sechs – sowohl im Zeitfahren als auch im Straßenrennen.
„Ich war Ende April für sechs Wochen bei einem Bundeswehrlehrgang und konnte mich nicht hundertprozentig auf die DM vorbereiten. So gesehen bin ich ganz zufrieden“, so Pohl. „Aber 100 Meter vor dem Ziel habe ich noch mit Charlotte Becker um Bronze gekämpft. Dass dann nur Platz sechs herauskam, tut etwas weh.“ Wenige Wochen später folgte mit Rang sechs im Gesamtklassement der Thüringen-Rundfahrt ein weiteres Top-Resultat.
Für die neue Saison hat Pohl ein Straßenteam gefunden. Mit der neuen niederländischen Euregio-Mannschaft, die allerdings keine internationale Lizenz gezogen hat, will sie viele Rennen bestreiten. „Große Rundfahrten werde ich aber trotzdem wieder mit dem Nationalteam fahren.“ Pohl wird 2015 also mehr auf der Straße unterwegs sein als in diesem Jahr, betont aber auch: „Alles zur Vorbereitung für die Bahn.“
Der Fokus liegt weiterhin auf den Holzbrettern, auf denen in Paris bereits Mitte Februar mit der WM 2015 das nächste Highlight ansteht. „Im letzten Winter hat in der Vorbereitung alles geklappt und Silber im WM-Punktefahren war die Belohnung. Dieses Jahr wird es schwieriger“, weiß die junge Mutter. „Mit Platz zehn beim letzten Weltcup in London bin ich nicht ganz so glücklich, aber seit Cali habe ich eben einen Namen und die anderen achten mehr auf mich. Bei der WM wird das wieder etwas anders, da dann jede Nation nur mit einer Fahrerin am Start steht.“
Wichtiger als Paris ist aber Rio. Das Fernziel sind, auch wenn Pohls Paradedisziplin Punktefahren nicht olympisch ist, die Spiele 2016 in Brasilien. Anvisiert ist einer der vier Plätze in der Mannschaftsverfolgung. „2012 war ich als Ersatzfahrerin in London dabei“, erklärt sie. Aber dabei sein ist bei Olympia eben doch nicht alles. „Jetzt will ich auch selbst starten.“