“Hoffen wir, dass wir es nicht brauchen, aber trotzdem etwas lernen.“

Tracking-System und Sicherheitszentrale bei Tour de Suisse

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Tracking-System und Sicherheitszentrale bei Tour de Suisse"
Ein Blick ins Sicherheitszentrum bei der Tour de Suisse. | Foto: Lukas Imhof / Tour de Suisse

17.06.2025  |  (rsn) – Fast neun Monate ist es her, dass Muriel Furrer im Alter von gerade einmal 18 Jahren verstorben ist, nachdem sie im WM-Straßenrennen der Juniorinnen im Wald oberhalb von Küsnacht am Zürichsee gestürzt war und anschließend mehr als eine Stunde unentdeckt im Dickicht gelegen hatte.

Neun Monate, in denen es in der Sicherheitsdebatte rund um den Radsport erschreckend wenig Bewegung gab. Forderungen, ein solcher Fall dürfe sich nie wieder ereignen und es brauche sofort ein Tracking-System, verhallten - und schockierenderweise kam es im Frühjahr bei Mailand-Sanremo sogar nochmal zu einem ähnlichen Fall: Martin Svrcek (Soudal – Quick-Step) stürzte in der Abfahrt von der Cipressa unbemerkt über die Leitplanke drei Meter in die Tiefe. Glücklicherweise aber konnte er sich über Funk bei der Teamleitung melden, die stoppte, zurücklief und ihn behandeln konnte.

Bei der Tour de Suisse nun wird erstmals ein Tracking-System genutzt und in einer Sicherheitszentrale von drei Mitarbeitern überwacht, um solche Vorfälle in Zukunft endlich zu verhindern. Rundfahrts-Chef Olivier Senn, der auch bei den Weltmeisterschaften in Zürich in der Organisations-Verantwortung war, hatte bereits im Winter im Rahmen der österreichischen Radsport-Talksendung "Windschatten" angekündigt, ein solches System unbedingt implementieren zu wollen.

Tracker in Zusammenarbeit mit Velon

Mithilfe von GPS-Trackern in den an den Rennrädern montierten Übertragungs-Sensoren von Velon, die bislang nur zur Weiterleitung von Fahrerdaten wie beispielsweise Wattwerten genutzt wurden, haben Senn und sein Team nun eine erste Lösung geschaffen. So sind die Tour de Suisse Women und die Tour de Suisse der Männer die ersten Rennen weltweit, die Fahrer-Tracking zu Sicherheitszwecken einsetzen.

"Hoffen wir, dass wir es nicht brauchen, aber trotzdem etwas lernen, um es weiterzuentwickeln", sagte Senn vor Rundfahrtstart zu RSN und erklärte:

"In der Sicherheitszentrale laufen verschiedene Informationen zusammen. Das ist zum einen das Tracking der Athleten, das Alarm schlägt, wenn sich das Rad 30 Sekunden lang nicht bewegt, die Strecke verlässt oder sich abrupt und unnatürlich die Geschwindigkeit verändert. Wir werden sofort benachrichtigt und können im System sehen, wer es ist, wo genau er ist, wie schnell er vorher unterwegs war – solche Zusatzinformationen. Und so können wir sofort reagieren."

Drei Personen in der Sicherheitszentrale

Auch über Tracker an den Funkgeräten im Fahrzeugkonvoi laufen Daten ein, so dass man im Fall eines Falles sofort identifizieren kann, wer am schnellsten helfen kann. "Die drei Personen in der Sicherheitszentrale können so sofort reagieren und entscheiden, was gemacht werden kann und muss und auch direkt Kontakt aufnehmen, um jemand Bescheid zu sagen, damit nachgesehen werden kann. Das ging bisher alles nicht", so Senn.

Auf dem Weg zur Implementierung des Systems stießen er und seine Mitarbeiter allerdings auch auf einige Hindernisse. Um die Daten aus den Velon-Systemen an den Rennrädern gab es in den vergangenen Jahren schließlich immer wieder Diskussionen zwischen Teams und Rennveranstaltern. Die Fahrerdaten nämlich gehören den Rennställen und die müssen mit der Verarbeitung der Daten einverstanden sein. Da geht es auch und vor allem um Vermarktungsrechte, gerade eben für Leistungsdaten, die in TV-Bildern eingeblendet werden, aber auch im Bezug auf GPS-Tracking etwa für Liveticker oder Informationen in TV-Übertragungen.

Senn: "Es ist freiwillig, aber sie sind alle dabei"

"Wir konnten die Teams nicht zwingen, mitzumachen, weil die Daten ihnen gehören", erklärte Senn radsport-news.com, dass man den Rennställen die Teilnahme an der Sicherheitsüberwachung offengelassen habe. Erleichtert fügte er aber an: "Es ist freiwillig, aber sie sind alle dabei."

Mit dem Trackingsystem über die Velon-Sender an den Rennmaschinen ist jedoch erst der erste Schritt erreicht. Senn hofft, dass man bei der Tour de Suisse zeigen kann, dass das System funktioniert, will für die Zukunft aber am besten noch weitergehen. "Ideal wäre es, wenn die Sender am Körper wären und nicht am Rad", gab er zu bedenken.

Denn wenn ein Fahrer wegen eines Defekts auf ein Ersatzrad wechselt, fährt sein Sender anschließend auf dem Dach des Begleitfahrzeugs mit und ein etwaiger Sturz könnte wieder unbemerkt bleiben. Außerdem ist man natürlich von der Netzabdeckung der 5G-Netze rund um die Rennstrecken abhängig. Da habe man in der Schweiz dank Swisscom großes Glück, dass die Abdeckung sehr, sehr gut sei, so Senn.

Sensoren perspektivisch auch als Gehirnerschütterungs-Alarm?

Der Schweizer will künftig aber auch noch weiter voranschreiten. Wenn die Sensoren an den Körper und idealerweise an die Helme der Fahrer wandern können, weil sie klein genug werden, um kein Verletzungsrisiko darzustellen, so schwebt Senn auch eine Art "Gehirnerschütterungs-Alarm" vor.

"Bisher müssen Menschen nach einem Sturz an der Strecke einschätzen, ob ein Fahrer oder eine Fahrerin weiterfahren kann – und das muss immer sehr schnell gehen und die Teamärzte oder andere Mitarbeiter tragen die Verantwortung. Mit einem Sensor und klar definierten Erschütterungskennwerten hätte man etwas Handfestes. Wenn da ein Grenzwert überschritten wird, dann ist jemand eben raus."

Über das Tracking-System hinaus hat die Tour de Suisse auch ihr sonstiges Sicherheitskonzept überarbeitet. So erklärte Senn, dass inzwischen ein fünfköpfiges Team, anstatt wie früher nur eine oder zwei Personen, für die Risikoanalyse der Strecken verantwortlich sei. "Sie identifizieren potenzielle Gefahrenstellen und definieren gezielte Maßnahmen", so Senn. Solche Maßnahmen sind beispielsweise ein erhöhtes Aufkommen an Streckenposten, aber auch die Platzierung von Schutzmatten.

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