Degenkolb: "Wir sind alt genug, das auszukaspern"

Geht das gut? Mit drei Favoriten zur WM nach Katar

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Geht das gut? Mit drei Favoriten zur WM nach Katar"
André Greipel triumphierte auch 2016 auf den Champs Elysées. | Foto: Cor Vos

05.10.2016  |  (rsn) - André Greipel wurde vom Bund Deutscher Radfahrer zum Kapitän der WM-Equipe benannt. Seine Nationalmannschaftskollegen Marcel Kittel und John Degenkolb, die wie der Deutsche Meister im Straßenrennen von Doha zu den Top-Favoriten gehören, sowie der dreimalige Zeitfahrweltmeister Tony Martin  erfuhren das aus den Medien. Ausdiskutiert scheint der Fall noch nicht zu sein, falls die "Kapitänsbinde“ auch bedeuten sollte, dass alle für Greipel Helferdienste leisten müssen.

Radsport-news.com hörte den deutschen WM-Hoffnungen zu, die 50 Jahre nach Rudi Altig den Titel wieder nach Deutschland holen wollen.

Der 34-jährige Greipel hat die Chefrolle angenommen. "Weltmeister kann man nicht alle Jahre werden. Natürlich ist die Konstellation mit nur sechs Mann am Start nicht die allerbeste. Wir waren in der Punktewertung in diesem Jahr nicht so weit vorne, deshalb müssen wir mit drei Mann weniger starten als die anderen starken Nationen. Dementsprechend sind wir auch nicht die Favoriten", erklärte er gegen über dem WDR vor dem Start des Münsterland Giro.

Der Deutsche Meister hat sich in den letzten Monaten gezielt auf das WM-Rennen vorbereitet.  "Ganz klar ist es ein Traum, Weltmeister zu werden. Ich werde aber nicht daran zerbrechen, wenn es nicht klappen sollte. Dann fahre ich halt noch ein paar Jahre weiter und versuche es erneut", sagte er mit einem Schmunzeln.

Der 28-jährige Kittel sieht die Rollen nicht eindeutig verteilt. "Das ist eine schwierige Frage für alle in der Mannschaft, weil das Rennen ja nicht vorhersagbar ist. Wir wissen nicht, was wir in Katar geliefert bekommen. Wird es ein windstilles Rennen? Wird es ein Kantenrennen? Auf jeden Fall wird es  ein Rennen unter extremen Bedingungen", erklärte der neunmalige Etappensieger der Tour de France in Münster gegenüber radsport-news.com. "Wir als deutsche Mannschaft sollten uns gar nicht so sehr den Kopf machen, wie die Rollenverteilung sein soll. Denn am Ende kommen wir im schlimmsten Beispiel wegen einer Windkante mit Tony Martin auf die Zielgerade. Dann wäre alles hinfällig, was wir vorher diskutiert haben. Deshalb denke ich, dass man vom Kopf her auch so ins Rennen gehen muss."

Deshalb beansprucht Kittel die Chefrolle auch nicht für sich. "Unser Ziel ist, in Katar erfolgreich zu sein. Wenn wir versuchen, uns gegenseitig auf der Kante abzuhängen, ist niemandem geholfen. Ich glaube, das ist jedem klar. Deshalb finde ich, ist es am einfachsten, wenn man sich mental darauf einstellt, dass man sich erst mal so gut aufstellen muss, dass wir im Finale noch alle Karten vorne haben. Das sollte das Hauptziel  sein. Wenn man dann so weit ist, muss man schauen, was möglich ist. Alles andere macht keinen Sinn. Da bleibt keiner locker und entspannt und kann auch nicht so ins Rennen gehen", sagte er.

Dem stimmte auch Tony Martin gegenüber radsport-news.com zu. Dem 31-Jährigen wird in Katar die Rolle des Edelhelfers zufallen. "Ich muss sehen, dass ich unsere zwei bis drei aussichtsreichen Kandidaten ins Finale bringe. Ich weiß noch nicht, was uns erwarten wird. Bei einem Rennen, das so unvorhersehbar ist, ist es ein großer Vorteil, zwei bis drei Asse im Ärmel zu haben. Ich werde sicher weniger fürs echte Finale gebraucht, sondern für die Kilometer davor als Helfer, der schaut, dass die Kapitäne ohne Kraftverlust auf die Zielgerade kommen", meinte der Etixx-Profi, der im kommenden Jahr für Katusha fahren wird.

Je schwieriger es wird, desto mehr könnte das Rennen John Degenkolb liegen, der mit seinem Sieg beim Münsterland Giro bewies, dass er nach seinem schweren Trainingsunfall im Januar gerade rechtzeitig wieder in Top-Form gekommen ist.

"Mit mir hat noch keiner über die Taktik gesprochen. Ich habe nur gelesen, dass André Greipel Kapitän ist und Marcel Kittel der Joker. Das stand zumindest so in der Pressemitteilung. Ich denke, wir müssen uns als Mannschaft einig werden. Da ist es völlig egal, was in einer Pressemitteilung steht. Wir müssen uns einig werden, für wen gefahren wird. Ich bin der Meinung, dass man einen Leader braucht, für den dann einfach voll gefahren werden muss", sagte Degenkolb bei der Siegerpresskonferenz in Münster.

Dem Oberurseler ist aber auch klar: "Man braucht auch einen Plan B. Bei einem WM-Straßenrennen kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Darauf muss man vorbereitet sein. Ich freue mich riesig auf das Rennen. Ich bin in einer guten Form. Und ich glaube auch nicht, dass die anderen in einer schlechten Verfassung sind. Insofern sind wir in einer Luxussituation und die müssen wir ausnutzen", sagte Degenkolb, der im Übrigen auch kein Problem darin sieht, dass das deutsche Team gleich drei aussichtsreiche Kandidaten hat. "Wir sollten uns keinen Kopf machen, weil wir mit drei Kapitänen oder drei Sprintern starten. Wir sind alt genug, das auszukaspern. Wir müssen uns an einen Tisch zu setzen und die Sache klar machen."

 

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.11.2016Andersen bei der WM absichtlich von Polizeiauto umgefahren?

(rsn) – Bei der Straßen-WM in Doha ist die Norwegerin Susanne Andersen von einem Polizeiauto umgefahren worden, nachdem sie von ihrem Einsatz im Zeitfahren der Juniorinnen auf dem Weg zurück zum T

18.10.2016Bitte nie wieder eine Qual Qatar!

(rsn) - Wir hätten eine riesengroße Bitte an die Verantwortlichen im Radsportweltverband. Nie wieder! Bitte nie wieder eine Straßen-WM in einem Land, das mit Radsport soviel gemein hat wie Rosamund

17.10.2016Kittel: "Das ist auch Erfahrungssache"

(rsn) – Mit gleich zwei Debütanten trat das nur sechsköpfige deutsche Team in gestrigen WM-Straßenrennen von Doha an. Der Kölner Nils Politt und der Freiburger Jasha Sütterlin hatten sich nach

17.10.2016L´Equipe: Ein "Großes Fiasko" für die Franzosen

(rsn) - Wo waren eigentlich die Franzosen im WM-Straßenrennen von Doha? Einen Tag nach den Titelkämpfen und dem erneuten Triumph von Peter Sagan sind die Mannschaften aus Belgien, Italien, Norwegen,

17.10.2016Degenkolb: Auf "The Pearl" wurde aus Hoffnung Frust

(rsn) – John Degenkolb ist bereits im Besitz von zwei WM-Medaillen. In seinem ersten U23-Jahr gewann der Oberurseler 2008 in Florenz die Bronzemedaille, zwei Jahre später musste er sich im australi

17.10.2016Windkante und Plattfuß kosteten Deutschland alle Chancen

(rsn) - Die Enttäuschung war riesig. Während Vertreter der Nachwuchs- und Frauen-Mannschaften des Bundes Deutscher Radfahrer gemeinsam mit Vize-Präsident Udo Sprenger auf dem Podium die Ehrung als

16.10.2016Weltmeister Sagan: Unfassbar erfolgreich

(rsn) - Selbst den ganz großen Namen wie Eddy Merckx oder Alfredo Binda blieb diese Ehre verwehrt: die Titelverteidigung bei einer Straßen-Weltmeisterschaft. Peter Sagan hat den beiden Radsport-Lege

16.10.2016Medaillenspiegel der Straßen-WM 2016

(rsn) - In insgesamt zwölf Wettbewerben der 89. UCI-Straßen-Weltmeisterschaften in Katar werden vom 9. – 16. Oktober 2016 insgesamt 36 Medaillen vergeben.In Einzelzeitfahren und Straßenrennen kä

16.10.2016Cavendish: Starke Saison ohne fettes Ausrufezeichen

(rsn) - Es wäre das fette Ausrufezeichen hinter eine Saison gewesen, die für Mark Cavendish eine Art sportlicher Wiedergeburt war. Bei der Tour de France katapultierte er sich mit vier Etappensiegen

16.10.2016Leezer fehlten in Doha 300 Meter zum WM-Gold

(rsn) – Wie bei den Deutschen ging auch bei den Niederländern der Plan nicht auf, am Ende des WM-Straßenrennens von Doha zumindest einen schnellen Mann vorne mit dabei zu haben. Denn Sprinthoffnun

16.10.2016Sagan krönt sein fabelhaftes Jahr mit zweitem WM-Gold in Folge

(rsn) – Bereits nach gut 80 Kilometern war in Katar der Traum der deutschen Profis vom ersten WM-Gold seit 50 Jahren jäh beendet. Bei einer von den Belgiern in der Wüste initiierten Windkantenatta

16.10.2016Boonen holt WM-Bronze in Doha - und hadert

(rsn) - Würde der Weltmeister nach Fleißarbeit ermittelt werden, dann hätte die belgische Equipe mit ihrem Einsatz berechtigten Anspruch auf den Titel in Doha gehabt. Doch so groß der Teamgedanke

Weitere Radsportnachrichten

16.06.2025Walscheid nach Ellbogenbruch: “Die Hoffnung stirbt zuletzt“

(rsn) – Max Walscheid (Jayco – AlUla) hat zwei Tage nach seinem Sturz bei Dwars door het Hageland, bei dem er sich am Samstag den Ellbogen gebrochen hat, seine Hoffnungen auf einen Start bei der a

16.06.2025O’Connor legt im Kampf um Tour-de-Suisse-Titel vor

(rsn) – Ben O’Connor (Jayco – AlUla) hat im Kampf um die Gesamtwertung bei der Tour de Suisse (2. UWT) schon auf der 1. Etappe um Küßnacht einen großen Vorteil gegenüber seinen Klassement-Ko

16.06.2025Gegen den Frust konzentriert sich Evenepoel auf sich selbst

(rsn) – Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) trug nach seinem deutlichen Sieg im Zeitfahren beim Critérium du Dauphiné das Gelbe Trikot. Vier Tage später, am Ende der Rundfahrt, wich der Trium

16.06.2025Buchmann und seine Formkurve klettern in Richtung Tour

(rsn) – Während Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) mit seinem Podestplatz und als neuer deutscher Hoffnungsträger für die Gesamtwertung bei großen Rundfahrten in der vergangenen

16.06.2025Pogacar sieht wenig Verbesserungsbedarf nach Dauphiné-Triumph

(rsn) – Nach dem Zeitfahren von Saint-Péray auf Etappe 4 gab es kurzzeitig etwas Hoffnung bei der Konkurrenz von Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG), der Weltmeister sei in diesem Sommer schla

16.06.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

15.06.2025Das gesamte Peloton verabschiedet Bardet mit einem Spalier

(rsn) - Im letzten Rennen seiner Karriere schloss sich für Romain Bardet (Picnic – PostNL) beim Critérium du Dauphiné (2.UWT) in gewisser Weise ein Kreis. Der Franzose zeigte sich in seiner gewo

15.06.2025Vingegaard kennt seine Baustellen nach Tour-Generalprobe

(rsn) – Man kann Jonas Vingegaard und seinem Team Visma – Lease a Bike nicht vorwerfen, dass sie es nicht versucht hätten. In den Bergen waren alle Versuche gegen Tadej Pogacar (UAE – Emirates

15.06.2025Van der Poel verpasst Grün, aber freut sich über harte Woche

(rsn) – Ein winziges Pünktchen hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) am Ende des 77. Critérium du Dauphiné (2.UWT) gefehlt, um das ab Etappe 3 von ihm getragene Grüne Trikot auch mit

15.06.2025Evenepoel: “Manchmal nehmen sie einem die Moral“

(rsn) - Das 77. Critérium du Dauphine (2.UWT) gab einen Vorgeschmack, was wir von der kommenden Tour de France erwarten dürfen. Gesamtsieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und der Zweitpla

15.06.2025Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Suisse

(rsn) - Die 1. Etappe der Tour de Suisse ist zur Angelgenheit der Ausreißer geworden. Bei einsetzendem Regen ließen es die Top-Favoriten auf den Gesamtsieg größtenteils ruhig angehen, doch gleichz

15.06.2025Highlight-Video der 8. Etappe des Critérium du Dauphiné

(rsn) - Lenny Martinez (Bahrain Victorious) hat am Plateau du Mont-Cenis die Schlussetappe des Critérium du Dauphiné gewonnen und sich eine gute halbe Minute vor den großen Favoriten ins Ziel geret

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Suisse (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Giro d`Italia Next Gen (2.2u, ITA)