Kapitän beim Dauphiné, Quintana-Helfer bei der Tour

Valverde: Ohne Druck siegt es sich leichter

Von Lorenz Rombach

Foto zu dem Text "Valverde: Ohne Druck siegt es sich leichter"
Siegt und siegt und siegt: Alejandro Valverde (Movistar) | Foto: Cor Vos

01.06.2017  |  (rsn) - Genau so wie der kräftige Rotwein aus seiner Heimat Murcia scheint Alejandro Valverde (Movistar) mit dem Alter immer besser zu werden. Doch nicht nur das. In einem Gespräch mit dem Magazin Procycling sagte der 37-Jährige, dass ihn Ruhe, Erfahrung und nachlassender Druck immer stärker werden lassen.

Bereits als Elfjähriger verdiente Valverde sich den Spitznamen "El Imbatido“ – der Unschlagbare –, als er über 50 Rennen in Serie gewann. Unschlagbar ist er nicht, doch dass er mit einem enormen Talent gesegnet ist, steht auch heute noch außer Frage. Von Procycling nach einem möglichen Karriereende befragt, sagte der sonst eher wortkarge Mann aus Las Lumbreras: "Tatsächlich fahre ich weiterhin Rennen, weil ich gut darin bin, weil ich Talent dafür habe. Die Liebe zum Wettbewerb steckt tief in mir drin.“

Dass Valverde den Reiz des Wettbewerbs liebt, weiß jeder, der auch nur entfernt mit dem Profiradsport zu tun hat. Anstatt sich auf bestimmte, wenige Highlights zu fokussieren, fährt und siegt der Spanier von Februar bis Oktober – auf praktisch jedem Terrain. Seltenheit im modernen Radsport. 106 Siege hat er mittlerweile auf seinem Konto, eine Marke, die sonst eigentlich nur Sprinter erreichen, die weit mehr Chancen bekommen, Erfolge einzufahren.

Valverde aber ist so vielseitig, dass er sowohl in den schweren Klassikern als auch in den kleineren Rundfahrten und den Grand Tours zu den Favoriten zählt. "Überall, wo ich fahre habe ich Ziele", sagte er. Das untermauern seine bisher schon elf Saisonsiege. Nur bei der Tour de France wird er sich in den Dienst eines Teamkollegen stellen. "Da werde ich für Nairo (Quintana) arbeiten, zu 100 Prozent. Ich war der Kapitän an der Ruta del Sol, hier in Katalonien, auch im Baskenland und so weiter. Keine dieser Rundfahrten sind unverzichtbare Ziele – aber alle sind Ziele", erklärte der Movistar-Profi.

Valverde gewann 2017 bereits die WorldTour-Rundfahrten in Katalonien und im Baskenland, holte dort insgesamt vier Etappensiege und siegte auch bei der stark besetzten Ruta del Sol. Sein erster Höhepunkt waren dann erneut die Ardennen-Klassiker, wo er seit mehr als zehn Jahren erfolgreich ist. Zum fünften Mal gewann er den Wallonischen Pfeil und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich holte er sich bereits seinen vierten Sieg. Seine Überlegenheit bei diesen Rennen ist so deutlich, dass Daniel Martin, neben Valverde einer der stärksten Puncheure im Feld, nach dem Rennen sagte, dass er wohl warten müsse, bis sein Konkurrent zurücktrete, bevor er noch einmal in Lüttich triumphieren könne.

Diese Dominanz wirft jedoch auch Fragen auf. Valverde wurde im Zuge der Operation Puerto für zwei Jahre gesperrt, bestreitet bis heute jedoch Doping und beruft sich dabei darauf, nie positiv getestet worden zu sein. Auch wegen seiner hartnäckigen Weigerung, Verantwortung für sein handeln zu übernehmen, zog sich das Verfahren lange hin. In dieser Zeit feierte er sogar seinen vielleicht größten Erfolg, als er 2009 die Vuelta a Espana gewann. Es war sein bisher einziger Gesamtsieg bei einer Grand Tour. Auch 2010 fuhr und siegte Valverde noch, doch diese Ergebnisse wurden annuliert, als der Internationale Sportgerichtshof CAS seine Sperre nach langem Hin und Her bestätigte.

Lange Zeit sprach Valverde gar nicht darüber und lehnte alle Fragen zu seiner Vergangenheit ab. Und auch nach seinem Sieg bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2015 antwortete er einem belgischen Journalisten auf die Frage, wie es möglich sei, dass er neun Jahre nach seinem ersten Erfolg und nach einer zweijährigen Sperre wieder siegen könne, lapidar und provokant: "Weil ich wahnsinnig gut bin.“

Dabei bestreitet niemand Valverdes überragendes Talent. Doch im April dieses Jahres führte Valverde weitere Gründe an, warum er nach seiner Sperre sogar noch stärker ist als zuvor - und diese klingen sogar überzeugend. "Es ist der fehlende Druck, der mir hilft, so erfolgreich zu sein. Ich habe praktisch alles, was ich gewinnen kann, mindestens einmal gewonnen. Verstehen sie mich nicht falsch, ich gewinne gerne – sowohl für mich als auch für das Team. Aber ich bin mittlerweile so gelassen, es ist fast so, als würde ich deshalb besser fahren", sagte er zu seinen enormen Leistungen im hohen Radsportalter.

Nach seiner Sperre wurde Valverde bei Movistar mit offenen Armen empfangen. Teamchef Eusebio Unzue hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass er seinen Top-Star wieder aufnehmen würde, als ob nie etwas geschehen sei. Und der erfolgshungrige Valverde hatte sich in den letztlich eineinhalb Jahren seiner Auszeit nicht auf die faule Haut gelegt. Gleich bei seinem Debüt bei der Tour Down Under gewann er eine Etappe und wurde Zweiter der Gesamtwertung.

Wie ein Ochse habe er geschuftet während seiner Sperre, sagte Valverde einige Jahre später in einem Interview. Dennoch bleibt der Makel haften an einer ansonsten imposanten Karriere, die noch lange nicht zu Ende zu sein scheint.

Am kommenden Samstag etwa startet das Critérium Dauphiné, wo Valverde wieder erstmals aufs Rad steigen wird, nachdem er seit Lüttich-Bastogne-Lüttich kein Rennen mehr gefahren war. Doch seine Konkurrenten werden wissen, dass das nichts zu bedeuten hat. Vor seiner Sperre gewann er hier in den Jahren 2008 und 2009 jeweils die Gesamtwertung und auch in diesem Jahr gehört Valverde zu den Top-Favoriten.

Bei der Tour de France wird er dann wieder als Helfer für Quintana unterwegs sein. Trotzdem sind Valverde Etappensiege oder sogar ein Platz auf dem Podium in Paris zuzutrauen. Vielleicht ist das die einzige Möglichkeit, um Titelverteidiger Chris Froome (Sky) zu schlagen: Valverde und Quintana in Topform und gemeinsam gegen den Briten.

Im Herbst, bei der Vuelta a Espana, werden bei Movistar die Karten dann wieder neu gemischt, und dann könnte sich Quintana in den Dienst seines Teamkollegen stellen. Valverdes Vertrag läuft noch bis 2019, doch er hat bereits angedeutet, dass er eventuell sogar länger fahren würde - insbesondere, weil er keinen Grund sieht, der dagegen spräche. "Ich kann mir nicht vorstellen aufzuhören, so lange ich gewinne,“ so Valverde der zudem auch die Freiheiten eines Radprofis genießt: "Einige Fahrer trainieren gerne bis in den frühen Abend hinein, aber ich gehe früh los und erledige mein Training vor der Mittagszeit, so dass ich weiß, dass ich meine Nachmittage immer mit meiner Familie verbringen kann.“

So werden seine Konkurrenten wohl noch einige Jahre damit rechnen müssen, dass am Ende eines harten Tages ein alter Mann aus Murcia seinen unwiderstehlichen Punch dazu nutzt, um einen weiteren großen Sieg einzufahren.

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