Tagebuch Team Strassacker - Tag 7

Tour Transalp: Sieg auf der ganzen Linie

Von Ben Witt

Foto zu dem Text "Tour Transalp: Sieg auf der ganzen Linie"
| Foto: Uwe Geissler

27.06.2022  |  Nach dem langen, ereignisreichen, aber eigentlich relativ entspanntem Tag gestern stand heute die Final-Etappe bei traumhaftem Wetter vom Val di Chiese nach Arco an. Durch die heftigen Regenfälle am Vorabend war die Luft frisch und gereinigt, der Himmel wolkenlos. Wieder waren Beginn und Ende der Etappe neutralisiert, denn Streckenführung und Verkehr machten ein offenes Rennen zu gefährlich - eine sehr gute Entscheidung. Das eiggentliche Rennen bestand somit aus lediglich 52 km Kilometern mit zwei harten Anstiegen und gut 1500 Höhenmetern.

Die allgemeine Stimmung vor dem Start war gut und konzentriert.
Wir hatten eine komfortable Ausgangsposition mit über sieben Minuten Vorsprung auf die beiden starken Fahrer Eric Franssen und Stefan Verhaaf vom Stipbike Racing Team - und wir wollten auf der finalen Etappe nichts mehr anbrennen lassen. Die Niederländer signalisierten uns, dass sie heute nochmal „richtig fullgas rachen“ wollen und ihnen das Profil sehr gut liegt. Somit war klar: Es wird keine Kaffeefahrt, auch wenn es die letzte Etappe war.

Auch Moritz hatte sich für den letzten Tag einen schönen Abschluss der für ihn durch den Ausfall von Nils etwas unbefriedigenden Tour Transalp ausgedacht. Auch wenn er nicht mehr offiziell in der Wertung war, wollte er voll auf Angriff fahren und so die starken Einzelfahrer „ärgern“ und „abstellen“ ;-) So wurden Mann und Material optimal vorbereitet und zum ersten Mal diese Woche der Strassacker-Renn-Einteiler übergestreift…

Phil und ich fuhren nach der Neutralisation hinunter
nach Roncone sehr konzentriert, um möglichen Stürzen in der schnellen Phase nach Pinzolo aus dem Weg zu gehen. Das funktionierte optimal und wir gingen gut platziert in den Passo Daone, 6,5 Kiloemter mit über elf Prozent im Schnitt - ein richtig schweres Ding, das mir garnicht lag. Wir beschlossen daher wieder, unseren „Diesel-Modus“ durchzuziehen und stur unser Pace zu fahren - diese Taktik hatte sich bisher bestens bewährt.

Die Stipbike-Jungs attackierten bereits in den ersten Metern richtig hart, und wir ließen sie ziehen. Im weiteren Anstieg fuhren wir konstant und mit perfektem Teamwork Kehre für Kehre dem etwas flacheren letzten Kilometer entgegen. Bis auf einen "Chaindrop", der mich etwa 20 Sekunden kostete und die Tatsache, dass ich heute keine guten Beine hatte, verlief alles wie vorgesehen. Wir hatten lediglich etwas mehr Rückstand als gedacht an der Kuppe des Passo Daone. Nach der schönen, sehr sicher gefahrenen Abfahrt betrug unser Rückstand auf das Stipbike Racing Team gut zwei Minuten, wie uns Dominique vom Streckenrand zurief.

Nun trennten uns „nur“ noch der Passo Duron
mit 6,5 Kilo- und 550 Höhenmetern und einige Wellen vom Sieg der diesjährigen Tour Transalp. Phil war nach wie vor im Racing-Mode und pushte mich den letzten Anstieg hinauf; wir motivierten uns gegenseitig. Die finalen Kilometer hinauf zur Zeitnahme am Passo Ballino waren - zumindest für mich - kein Schaulaufen, sondern Rennen pur. Meine Beine brannten, und das nicht von der Sonne;-)

Moritz wartete nach der Zeitmessung grinsend auf uns; er hatte seinen Plan in die Tat umgesetzt und war tagesschnellster Fahrer, nachdem er im Sprint gegen den sehr starken Igor Frolov gewonnen hatte. Seine Schilderung des Rennverlaufs zauberte erneut ein breites Grinsen auf Moritz' Gesicht: Worte wie attackiert, tief gegangen, abgestellt, 1000 Watt, all out waren die häufigsten...

Die neutralisierte Abfahrt über Tenno hinunter
nach Arco war einfach nur ein Genuss. Das herrliche Panorama des nördlichen Gardasee-Ufers genießen, alles sacken lassen, den Gefühlen und Emotionen freien Lauf lassen, mit Phil und Moritz einen netten Plausch halten - es fühlte sich mein wenig surreal an. Dann die Durchfahrt des Zielbogens mit Moritz, der auch einen großen Anteil am gelben Trikot hatte und der Applaus der vielen Zuschauer im Ziel waren ein toller und sehr emotionaler Moment und würdiger Abschluss unserer Tour Transalp 2022.

Auch Jael und Jonas hatten nach einem packenden Ziel-Sprint mit dem Tagessieg einen tollen Abschluss ihrer Tour Transalp - nach dem gestrigen schwarzen Tag in Sachen Gesamt-Klassement.

Bei Phil und mir musste nach dem Ende
der letzten Etappe erst einmal alles ein wenig sacken. Ein unbeschreibliches Gefühl, nach sieben Tagen die Tour Transalp als Führende zu beenden - und das seit dem ersten Tag. Jeden Tag aufs neue analysieren, vorbereiten, die Renn-Strategie zurechtlegen, abliefern… Mit einem Tag Abstand auch mental durchaus fordernd.

Unsere niederländischen Kontrahenten vom Stipbike Racing Team arbeiteten mit einem belgischen Master-Team zusammen und fuhren bis ins Ziel 3:40 Minuten Vorsprung auf uns heraus. Sie sicherten sich damit den Etappen-Sieg im Finale - mehr als verdient durch eine superstarke Leistung. Am Ende war unser Vorsprung aber immer noch mehr als drei Minuten; eine tolle Competition mit Erik und Stefan, die wir sieben Tage lang hatten, einfach großer Sport, immer fair und mit Respekt, aber auch mit vielen Schmerzen verbunden...

Im Ziel bei 30 Grad und Traumwetter wurde
der Nachmittag mit vielen netten Gesprächen, Glückwünschen, viel Gelato und einem erfrischendem Bad im Gardasee gestaltet. Das Abendessen mit Bier und Wein in meiner Lieblings-Pizzeria in Riva war ein weiteres Highlight, das wir richtig ausgelassen feiern konnten. Auch der Absacker am Hotelpool war ein sehr schöner Moment und krönender Abschluss der Renn-Woche.

Last but not least: Unser Material war einmal mehr zuverlässig und das Setup mit den 28er Schwalbe Pro One Tubeless und den superschnellen FFWD-Laufrädern war die perfekte Wahl - und auch Basis für unseren Erfolg mit den Attacken auf den Abfahrten.

Und wir wollen uns nochmal für den unfassbaren Support
bedanken, den wir die ganze Woche über hatten: So eine Leistung und Ergebnis war nicht ohne die Unterstützung unserer Betreuer Dominique und Daniel möglich. Beide haben alle persönlichen Ansprüche zurückgestellt und waren zu 100 Prozent für uns Fahrer da: Auto laden, Flaschen richten, alles abnehmen, Versorgung während des Rennens, Service danach, Transport… Unfassbar, was die beiden geleistet haben, wir können das nicht oft genug betonen. Mille Grazie Ragazzi!

Leider geht es heute vom schönen Riva zurück in die Heimat - alles Schöne hat ein Ende... Und so fahren wir müde, aber stolz und mit vielen neuen Erfahrungen, Erinnerungen, gelben Trikots und Andenken zurück nach Süßen. Eine unvergessliche Woche für jeden einzelnen von uns - und speziell für Phil und mich: Wir hätten dieses „Drehbuch“ nicht für möglich gehalten.

Ciao aus Riva,
euer Ben

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