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01.07.2023 | (rsn) – Im vergangenen Jahr war Simon Geschke der deutsche Held der Tour de France. Der Cofidis-Profi war neun Tage im Bergtrikot unterwegs, ehe es ihm der spätere Gesamtsieger Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) noch am Ende der 18. Etappe in Hautacam abnahm. Diesmal musste der Freiburger lange bangen, ob es für seine elfte Frankreich-Rundfahrt und die neunte in Folge reichen würde. Zu schwach waren – auch aufgrund einer Corona-Erkrankung - die Leistungen im Frühjahr.
"Dieses Jahr war es super knapp mit dem Ticket, da bin ich ehrlich. Ich habe erst am Sonntagabend nach der DM Grünes Licht bekommen", bestätigte der 37-Jährige gegenüber radsport-news.com, dass er erst im letzten Moment noch ins Tour-Aufgebot seines Teams rutschte. "Ich habe dieses Jahr nicht so geliefert, wie ich das wollte. Deshalb hatte auch ich selbst Bedenken, ob es für die Tour reichen würde. Wenn das Team also anders entschieden hätte, weil ich nicht in Form gewesen wäre, dann hätte ich das auch verstehen können. Aber es lief in den letzten Wochen doch immer besser und ich bin froh, jetzt hier zu sein", fügte er an.
___STEADY_PAYWALL___ Der Aufwärtstrend setzte bei der Tour de Suisse ein, auch wenn sich das dort noch nicht in Ergebnissen niederschlug, und setzte sich in Bad Dürrheim fort, wo Geschke im Straßenrennen der Deutschen Meisterschaften 1:50 Minuten hinter dem Sieger Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) als Neunter ins Ziel kam. Danach erst wurde das ausschlaggebende Telefonat geführt. "Das Team hat dabei gesagt, wenn ich einigermaßen in Form bin, nimmt es mich gerne mit. Ich musste also nicht betteln", deutete Geschke an, dass Cofidis letztlich ihm die Entscheidung überließ.
Aber auch, weil Cofidis noch Helfer für den auf Klassement fahrenden Kapitän Guillaume Martin mitnehmen wollte, standen die Chancen für den deutschen Routinier dann doch ganz gut. "Das Team wurde um Guillaume herum zusammengestellt und er benötigte noch Helfer für alle Terrains, und da gehöre ich dazu. Und das Team schätzt natürlich auch die Erfahrung von zehn Tour-Teilnahmen", erklärte Geschke, warum es doch noch zu einem kleinen Happy End kam.
Rund um Bilbao kennt er sich aus: Simon Geschke bei der Baskenland-Rundfahrt im April. | Foto: Cor Vos
Danach sah es aber lange Zeit nicht aus. Nach seiner Corona-Erkrankung bei Paris-Nizza kam er einfach nicht in Schwung. "Ich habe gut trainiert, habe alles gemacht wie immer, aber die Form wollte nicht kommen. Im Gegenteil: Bei den Rennen war ich immer extrem schnell im Eimer", berichtete Geschke rückblickend. Zudem habe er im Frühjahr mit Blick auf die Klassiker wohl zu viel gewollt und "zu schnell hart trainiert. Ich denke, dass sich der Körper das gemerkt und mich ziemlich ausgebremst hat."
Nun aber fühlt sich Geschke bereit für die Frankreich-Rundfahrt, in der er vornehmlich Martin, aber auch Bryan Coquard und Axel Zingle, die Sprintambitionen hegen, unterstützen soll. "Ich will über drei Wochen ein guter Helfer sein, aber auch selbst Akzente setzen", sagte er, wobei er für letzteres die zweite Tourhälfte ins Visier nimmt. "Da will ich in Gruppen gehen oder zumindest helfen, dass andere Fahrer von uns in die Gruppe kommen."
Als sein persönliches Ziel nannte er einen Etappensieg, dagegen ist das Gepunktete Trikot kein Thema für den Vorjahreszweiten der Bergwertung. "Das Thema ist längst abgehakt, es ist eine schöne Erinnerung, die bleiben wird. Das Bergtrikot ergibt sich über Ausreißergruppen, da muss aber alles passen", sagte Geschke. "Klar, wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann nehme ich die gerne wahr, aber als Team wollen wir einen Etappensieg, und da der Streckenplan Bergfahrern und Allroundern ja doch einige Chancen bietet, wird sich mein Fokus darauf richten."
Guillaume Martin führt Cofidis bei der Tour de France 2023 an. | Foto: Cor Vos
Wie alle anderen Beobachter sieht Geschke auch in diesem Jahr ein Tourduell zwischen Vingegaard und Tadej Pogacar (UAE Team Emirates). Dahinter erwartet er einen ebenso spannenden Kampf um den letzten freien Platz auf dem Podium, wobei er seinem Kapitän aber eher in einer Außenseiterrolle sieht. "Martin auf Podium wäre riesengroß für uns, das ist aber fast etwas zu optimistisch", sagte er über den Gesamtachten von 2021. "Er ist auf jeden Fall gut für die Top 10, warum auch nicht Top 5? Das Podium wird aber ganz schwer werden, so weit vorne sehe ich ihn nicht. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren."
Im Kampf um das Gelbe Trikot wähnte Geschke Pogacar im Vorteil – und das trotz der langen Verletzungspause des Slowenen, der nach seinem Kahnbeinbruch bei Lüttich-Bastogne-Lüttich lediglich zwei Rennen bei den Slowenischen Meisterschaften bestreiten konnte. "Wir können uns auf ein Superduell freuen, wobei Pogacar mein Favorit ist, ich sehe ihn als etwas kompletteren Fahrer", erklärte er und fügte hinzu: "Ich würde gerne auch Bernal mit ums Gelbe Trikot kämpfen sehen, aber er braucht wohl noch ein bisschen."