--> -->
01.02.2024 | (rsn) – Mit dem Karriereende von Annemiek van Vleuten ist im vergangenen Jahr eine Ära zu Ende gegangen - und ganz besonders betrifft das natürlich den Rennstall der Niederländerin: das spanische Team Movistar, das seit 2021 um sie herum aufgebaut war. Im "Jahr 1 nach AvV" stehen Manager Sebastian Unzué - Sohn des legendären Chefs der Männer-Mannschaft, Eusebio Unzué - und sein Team vor der schweren Aufgabe, die entstandene Lücke zu füllen.
Und vorweg: Das wird gerade in den Bergen nahezu unmöglich sein. Gleichzeitig aber bietet sich den Fahrerinnen nun die Chance, sich insgesamt neu zu beweisen. Das dürfte motivieren und die eine oder andere Spitzenleistung hervorrufen. Große Talente hat Movistar nämlich zweifelsohne, einige davon standen nur lange sehr im Schatten der überragenden Niederländerin.
Van Vleutens designierte Nachfolgerin als Teamkapitänin ist Liane Lippert. Die Deutsche Meisterin wurde schon 2023 verpflichtet, um einen fließenden Übergang zu schaffen. Und wie die Friedrichshafenerin gegenüber radsport-news.com zu Jahresbeginn erklärte, mag sie flachere Hierarchien und arbeitet auch gern für andere und deren Ambitionen mit. "Es ist für mich wichtig, auf diese Weise den Druck von mir zu nehmen und auf mehrere Schultern zu verteilen", sagte sie damals. ___STEADY_PAYWALL___
Liane Lippert (links, hier mit Floortje Mackaij) lässt mehr neben sich zu, als es Annemiek van Vleuten nachgesagt wurde. | Foto: Cor Vos
Fahrerinnen wie die endschnellen Arlenis Sierra und Emma Norsgaard oder auch Floortje Mackaij dürften an Lipperts Seite mehr in den Vordergrund rücken. Gerade bei den flämischen Klassikern bilden sie die Spitze des Teams. Bei bergigeren Rennen hat Lippert mit den Neuzugängen Olivia Baril und Claire Steels zwei wichtige neue Kräfte an ihrer Seite, die den Abgang von Katrine Aalerud (zu Uno-X) und Lourdes Oyarbide (zu Laboral Kutxa – Fundacion Euskadi) mehr als kompensieren dürften.
Etwas weh tut dagegen, dass Sarah Gigante (zu AG Insurance – Soudal), die in ihren beiden Jahren bei Movistar ständig verletzt war, nun weg ist und prompt die Tour Down Under gewonnen hat. Der Australierin dürfte man nun etwas nachtrauern.
Die Kanadierin, die an der Grenze zwischen Quebec und Ontario aufgewachsen ist, spielte in den Nachwuchsklassen nie eine besonders große Rolle. Trotzdem aber hat sie sich über die Jahre durchgebissen und ihren Traum verfolgt, in Europa Rennen zu fahren. Mit dem französisch-kanadisch geführten Macogep-Team wurde das 2018 erstmals Wirklichkeit und Baril verlegte einige Zeit später ihren Wohnsitz nach San Sebastian.
2022 gelang ihr dann nahe ihrer Wahlheimat beim GP Eibar (1.1) der erste Sieg für das italienische Valcar-Team und Baril wechselte für 2023 zum UAE Team ADQ, wo sie 2023 erneut in Eibar gewann und vorher auch Vierte der WorldTour-Rundfahrt Itzulia Women wurde. Mit weiteren Top-Resultaten im Gepäck kommt die Spezialistin für kurze, steile Rampen nun zu Movistar und könnte dort Lipperts wichtigste Partnerin bei den Ardennenklassikern werden. Mit ihrem Sieg in Almería (1.1) am Sonntag hat sie das nur noch ein weiteres Mal unterstrichen.
Olivia Baril (links) und Claire Steels (rechts) könnten wertvolle Neuverpflichtungen für Movistar sein. | Foto: Dani Sanchez / Movistar Team
Neben Baril hat Unzué außerdem die 19-jährigen Ruiz-Zwillinge verpflichtet, die in ihrem ersten WorldTour-Jahr erstmal lernen sollen. Außerdem ist die 37-jährige Britin Claire Steels neu im Team – eine Quereinsteigerin, die vor allem lange Anstiege mag.
Dass aus ihr ein Radprofi werden würde, war als Teenie schnell klar: Emma Norsgaard Bjerg folgte dem Weg ihres zwei Jahre älteren Bruders Mathias, gehörte früh zur Weltspitze in ihrer Altersklasse und beendete ihre Juniorinnen-Zeit schließlich 2017 als Vize-Weltmeisterin in Bergen. Thomas Campana nahm sie bei Bigla unter Vertrag, doch nach einem durchaus starken ersten Profijahr stoppten Anfang 2019 Knieprobleme die Dänin und sie verlor fast eine ganze Saison, bevor dann 2020 die Corona-Pandemie ein weiteres Jahr in Stücke riss und sich ihr Team auflösen musste.
2021 folgte Norsgaard ihrem Bruder zu Movistar, der dort bereits 2020 unter Vertrag gestanden hatte, und schlug sofort ein: Zweite beim Omloop Het Nieuwsblad, bei Brügge-De Panne und dem Scheldeprijs, zwei Etappenerfolge sowie der Gesamtsieg bei der Healthy Ageing Tour und ein Etappenerfolg sowie Gesamtrang drei bei der Lotto Thüringen Ladies Tour, ein Etappensieg und zwei zweite Plätze beim Giro d'Italia sowie schließlich Platz sechs bei Paris-Roubaix markierten ein sensationelles erstes Jahr bei Movistar.
Bislang ihr größter Erfolg: Emma Norsgaard Bjerg gewinnt die 6. Etappe der Tour de France Femmes 2023 in Blagnac als Ausreißerin. | Foto: Cor Vos
2022 ging es ähnlich gut weiter – wenn auch mit um einen Tick schlechteren Ergebnissen. Norsgaard, die ihren langjährigen Freund Mikkel Bjerg vom UAE Team Emirates inzwischen geheiratet hat, unterstrich weiter ihr großes Talent für die Klassiker und fuhr auch noch einige gute Sprintresultate ein, insgesamt aber weniger als 2021 – und 2023? Im Rückblick stand da ihr Etappensieg bei der Tour de France Femmes über allem. Doch insgesamt lief das Jahr gar nicht nach Plan, denn Anfang März brach sich Norsgaard Bjerg bei Strade Bianche das Schlüsselbein und verpasste daher die komplette Klassikerkampagne – ihren ersten Saisonhöhepunkt.
Besonders dort darf man daher 2024 umso gespannter auf die Dänin sein – schafft sie den endgültigen Durchbruch zur Klassikersiegerin?
Das Aufgebot:
Olivia Baril (Kanada / 26), Aude Biannic (Frankreich / 32), Jelena Eric (Serbien / 28), Sheyla Gutierrez (Spanien / 30), Liane Lippert (Deutschland / 26), Floortje Mackaij (Niederlande / 28), Sara Martin (Spanien / 24), Mareille Meijering (Niederlande / 28), Emma Norsgaard (Dänemark / 24), Paula Patino (Kolumbien / 26), Laura Ruiz Perez (Spanien / 19), Lucia Ruiz Perez (Spanien / 19), Arlenis Sierra (Kuba / 31), Claire Steels (Großbritannien / 37)
Davon Neuzugänge:
Olivia Baril (UAE Team ADQ), Laura Ruiz Perez (Eneicat – CMTeam – Seguros Deportivos), Lucia Ruiz Perez (Eneicat – CMTeam – Seguros Deportivos), Claire Steels (Israel – Premier Tech – Roland)
Teamleitung:
Manager: Sebastian Unzue
Sportdirektor: Tim Harris
Sportliche Leiter: Alexis Gandia, Jorge Sanz, Jürgen Roelandts, Pablo Lastras
Material:
Rahmenhersteller: Canyon
Gruppe: SRAM
Laufräder: Zipp
Reifen: Continental
Trikot: Gobik
Helm: Abus