RSNplusVine jubelt, aber GC-Offensive verpufft mangels Konsequenz

UAE tanzt auf zu vielen Hochzeiten, um Almeida wirklich zu helfen

Von Felix Mattis

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Joao Almeida (UAE - Emirates - XRG, links) und Jonas Vingegaard (Visma - Lease a Bike, rechts) kämpfen um den Vuelta-Sieg. | Foto: Cor Vos

02.09.2025  |  (rsn) – Nach dem Paukenschlag vom ersten Ruhetag der Vuelta a Espana, als das Team UAE – Emirates – XRG den Abgang von Juan Ayuso zum Saisonende offiziell bestätigte, und der scharfen Reaktion des Spaniers am Morgen danach in den spanischen TV- und Radio-Interviews vor dem Start der 10. Etappe hat die Mannschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sich bei der dritten Pyrenäen-Bergankunft dieser 80. Spanien-Rundfahrt erfolgreich Luft verschafft – zumindest auf den ersten Blick.

Jay Vine sicherte sich am Ende der 9,4 Kilometer langen und 6,3 Prozent steilen Schlusssteigung von Larra Belagua seinen zweiten Etappensieg bei dieser Vuelta aus einer Ausreißergruppe heraus und baute seine Führung in der Bergwertung weiter aus. Das Team insgesamt vergrößerte seinen Vorsprung in der Mannschaftswertung und Joao Almeida blies zum Angriff auf Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) und die anderen Podiumsanwärter.

Damit hatte der Portugiese letztlich zwar keinen Erfolg, doch immerhin setzte er ein Zeichen: Almeidas Form scheint allen Zweifeln erhaben. Die Unterstützung seines Teams aber ist das trotz des augenscheinlich starken Mannschafts-Auftritts vom Dienstag nicht. Zumindest ist sie nicht so konsequent und uneingeschränkt, wie man es von der Tour de France gewohnt ist, wenn dem Ziel "Gesamtsieg durch Pogacar" wirklich alles untergeordnet wird. ___STEADY_PAYWALL___

Jay Vine hat in Larra Belagua seine zweite Etappe bei dieser Vuelta gewonnen. | Foto: Cor Vos

"Er war heute sehr stark, zum Glück konnte ich ihm folgen", zog Vingegaard im Ziel seinen Hut vor Almeida. "Ich bin jetzt im Roten Trikot und hoffe das auch zu bleiben." Bislang gibt es keine Anzeichen, dass den Dänen bei dieser Vuelta jemand schlagen könnte. Denn auch bei Almeidas Angriff knapp 5,5 Kilometer vor dem Ziel der 10. Etappe klebte Vingegaard sofort am Hinterrad und ließ keinen Meter Lücke aufgehen.

Almeida: "Wir haben nichts zu verlieren"

Trotzdem aber musste Almeidas Courage gefallen, zumal der Portugiese gut einen Kilometer vor seinem Angriff selbst zunächst die Tempoarbeit in der Favoritengruppe übernommen hatte, um die Konkurrenz zu schwächen, nachdem all seine Helfer bereits da ausgeschert waren. "Ich wollte das Rennen hart machen, aber es war nicht steil genug, um einen Unterschied zu machen. Wir haben alles gegeben, es ist wie es ist", bilanzierte er schließlich und versprach indirekt, dass er es in der zweiten Vuelta-Hälfte munter weiter versuchen wolle.

"Wir haben nichts zu verlieren und sind hier, um zu gewinnen", sagte er und fügte an: "Wenn man es nicht versucht, kann man auch nicht gewinnen. Wir müssen es also probieren und morgen ist wieder ein neuer Tag."

Jonas Vingegaard (links) im Kampf um Rot zu schlagen, das ist das große Ziel von Joao Almeida (rechts). | Foto: Cor Vos

Die Frage ist aber, ob der Portugiese dafür in den kommenden Tagen nicht auch die Hilfe vom nun zweimal als Ausreißer erfolgreichen Vine sowie insgesamt ganz konsequent von der ganzen Mannschaft brauchen wird. Denn die Tatsache, dass Almeida schon knapp sieben Kilometer vor dem Etappenziel allein in der Favoritengruppe war und dann sogar selbst Tempo fahren musste, bevor er seine Attacke setzte, kann man nicht als ideal betrachten.

Oliveira, Ayuso und Bjerg führen Feld insgesamt zwei Kilometer an

In den 9,4 Kilometer langen Schlussanstieg hinein war noch ein recht großes Hauptfeld gekommen. UAE übernahm dann zeitig die Führungsarbeit mit Ivo Oliveira und der dünnte das Peloton schnell deutlich aus, bevor er etwa acht Kilometer vor dem Ziel – die Spitzenreiter hatten da noch 7,2 Kilometer zu fahren und das Feld lag noch 2:05 Minuten zurück – an Ayuso übergab.

Der Spanier fuhr nun Vollgas für Almeida, verkleinerte das Feld weiter auf rund 20 Mann und arbeitete eindrucksvoll seinem schlechten Ruf entgegen. Doch nach kaum mehr als 500 Metern war es plötzlich auch schon wieder vorbei mit der Tempoarbeit des Etappensiegers von vergangenem Freitag. Ayuso führte die Gruppe noch an den aus der Ausreißergruppe zurückfallenden und wartenden Mikkel Bjerg heran und scherte dann sofort aus, kam quasi sofort zum Stillstand.

Juan Ayuso und Ivo Oliveira haben das Feld im Schlussanstieg zum Explodieren gebracht. | Foto: Cor Vos

"Es war ein ungewöhnlicher Tag wegen der Umstände, aber ich freue mich, dass ein guter Freund wieder eine Etappe gewonnen hat. Ich freue mich sehr für ihn", betonte Ayuso im Ziel am Eurosport-Mikrofon den Erfolg von Vine. "Ich habe mich besser gefühlt als am Tag vor dem Ruhetag. Ich wurde gebeten, das Tempo am Fuß des Berges zu erhöhen und ich denke, wir haben das gemacht. Als Mikkel da war, hat er übernommen."

Bjerg lobt Ayuso: "Schön zu sehen, dass er lange Führung gefahren ist"

Der Däne dann fuhr trotz der vorher in der Fluchtgruppe zweifelsfrei bereits gelassenen Kraft eine etwas längere Führung von knapp einem Kilometer, bis auch er schließlich etwa sieben Kilometer vor dem Ziel ausscherte und Almeida selbst an die Spitze der Favoritengruppe rücken musste.

"Ich habe das Gefühl, dass ich dem Team gut helfen konnte, auch als ich der Favoritengruppe für Joao gefahren bin", meinte er und lobte auch den schon lange wegen Illoyalitätsvorwürfen im Fokus stehenden Ayuso: "Es war schön zu sehen, dass Juan eine lange Führung gefahren ist. Als er mich und die Ausreißergruppe eingeholt hatte, habe ich übernommen und konnte sein Tempo rund 2,5 Minuten halten. Das Niveau ist wirklich sehr hoch", so Bjerg, der ganz offensichtlich auch die Aufregung aus der Situation um Ayusos Vertragsauflösung etwas herausnehmen wollte.

Mikkel Bjerg arbeitete erst in der Fluchtgruppe für den Etappensieg von Jay Vine und dann auch noch im Feld für Kapitän Joao Almeida. | Foto: Cor Vos

"Wir konzentrieren uns auf die sportliche Seite. Heute haben wir gezeigt, dass wir immer noch ein Team sind. Jeder hat heute beigetragen, was er konnte und jetzt haben wir vier Etappen der Vuelta gewonnen. Das zeigt, dass es schon auch funktioniert."

Vier Etappensiege, Bergtrikot, Teamwertung und GC-Platz 2

Vier Etappensiege an zehn Renntagen, das Bergtrikot und auch die von Tag zu Tag größer werdende Führung in der Mannschaftswertung – UAE liegt dort nun 7:03 Minuten vor Visma – sind zusätzlich zum zweiten Gesamtrang von Almeida tatsächlich eine sehr gute Ausbeute, mit der man selbst beim erfolgsverwöhnten UAE-Rennstall wohl am Ende der Spanien-Rundfahrt glücklich sein wird.

Gleichzeitig aber scheint man mit all dem auf etwas zu vielen Hochzeiten zu tanzen, wenn man Almeida bestmöglich unterstützen will. Was nämlich neben dem Etappensieg von Vine, der Attacke von Almeida und der Führungsarbeit von Oliveira, Ayuso und Bjerg auch auffiel: Marc Soler war unter dem Tempodiktat von Ayuso bereits zurückgefallen, kam im Ziel aber trotzdem nur 1:03 Minuten hinter der Favoritengruppe um Almeida an.

Im Teamzeitfahren von Figueres auf Etappe 5 holte UAE seinen ersten Etappensieg bei dieser Vuelta. | Foto: Cor Vos

Er sorgte so für die für die Teamwertung nötige dritte Zeit der UAE-Mannen in Larra Belagua und somit dafür, dass die Führung auch in dieser Sonderwertung ausgebaut wurde, anstatt dass auch er im unteren Teil des Schlussanstiegs all seine Kräfte in Führungsarbeit für Almeida investierte und anschließend komplett rausnahm. Ganz offensichtlich hatte man ihn für die Mannschaftswertung abgestellt, nicht für die Hilfe für Almeida.

Ayuso: "Bin froh, dass es nächstes Jahr ruhiger sein wird"

Vor allem aber überschattet die Situation mit Ayuso das Rennen der Mannschaft weiterhin – auch nach seinem kurzen, intensiven Auftritt an der Spitze des Hauptfeldes am Fuß der Schlusssteigung von Larra Belagua.

"Es ist schwierig und genau deshalb fahre ich auch nicht auf Gesamtwertung. Die Sache wird jetzt öffentlich, aber ich weiß es seit zwei Monaten und es ist wirklich nicht leicht", erklärte Ayuso auch im Ziel noch einmal seine Position. "Ich bin ziemlich froh, dass der ganze Wirbel jetzt langsam vorbei ist und dass es nächstes Jahr ruhiger sein wird und ich die Rennen genießen kann."

Dass Ayuso die Vuelta vorzeitig verlassen könnte, um noch früher Ruhe zu haben, schloss der Spanier selbst aber aus. Er wolle dabeibleiben und in Madrid im Idealfall den Vuelta-Sieg mit Almeida feiern, erklärte er. "Ohne Zweifel, das wäre sehr schön. Ich konnte nie mit einem Sieger in Paris oder in diesem Fall in Madrid feiern. Bei der Tour letztes Jahr, die wir (mit Tadej Pogacar, Anm. d. Red.) gewonnen haben, musste ich vorzeitig nach Hause fahren und konnte nicht in Paris mitfeiern. Das zu erreichen, wäre auch etwas ganz Besonderes", meinte er.

Joao Almeida wirkt bei dieser Vuelta sehr stark – doch ist er stark genug, um Jonas Vingegaard zu schlagen? Das fragt man sich wohl sogar bei seinem eigenen Team. | Foto: Cor Vos

Doch um das zu schaffen und Vingegaard wirklich unter Druck zu setzen, dürfte Almeida wohl mehr als nur kurze Tempoverschärfungen einzelner Teamkollegen brauchen, sondern die volle Unterstützung des kompletten Teams. So wie UAE bislang fährt, ist man erfolgreich auf vielen Ebenen und letztlich nicht wirklich zu kritisieren. Doch gleichzeitig gibt man damit indirekt zu, dass man an den Sieg des eigenen Kapitäns über Vingegaard vielleicht selbst gar nicht wirklich glaubt.

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