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25.09.2025 | (rsn) – Im Trubel um die ersten Straßenrad-Weltmeisterschaften auf afrikanischem Boden geht oft unter, dass Ruanda seit einem Vierteljahrhundert von Paul Kagame regiert wird, einem Autokraten, der politische Gegner hinter Gitter verschwinden lässt und im Nachbarland Kongo Krieg um begehrte Rohstoffe führt.
Den Radsportweltverband UCI hat all das nicht davon abgehalten, die diesjährigen Welttitelkämpfe an Ruanda zu vergeben. Das wiederum verschafft dem Regime die Möglichkeit, sich in bestem Licht darzustellen – “sportswashing“ genannt und von anderen Autokratien wie Saudi-Arabien oder Katar seit vielen Jahren meisterhaft und mit vielen Milliarden Euro Unterstützung betrieben, um sich die (Sport)-Welt gewogen zu machen.
Das Problem ist zumindest einigen WM-Teilnehmern durchaus bewusst. Miguel Heidemann etwa schilderte vor dem WM-Start RSN gegenüber, wie er mit der Situation umgeht: “Für mich persönlich habe ich die politische Situation und die Leute hier vor Ort voneinander getrennt. Das sind die Ambivalenzen des Lebens: Man kann das eine schlecht finden und die Kultur und die Menschen trotzdem cool“, so der 27-Jährige. Nun äußerte sich auch Matej Mohoric und gestand offen und durchaus selbstkritisch ein, dass er sich zu wenig Zeit genommen habe, um sich zu informieren.
“Es ist ein sehr schwieriges Thema. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit und Energie, um über diese Dinge nachzudenken, aber leider bin ich so damit beschäftigt, von Rennen zu Rennen und von Trainingslager zu Trainingslager zu reisen, dass ich auch ein wenig wütend auf mich selbst bin“, sagte der Slowene zu Wielerflits. “Die Welt, in der wir leben, ist für viele Menschen auf persönlicher Ebene zu hektisch, was uns keine Zeit lässt, über das große Ganze nachzudenken“, fügte er an.
Bereits bei der von heftigen, gegen das Team Israel – Premier Tech gerichteten, Protesten aus dem Tritt gebrachten Vuelta a Espana sei ihm bewusst geworden, dass “ich mich zu sehr auf mein eigenes Training, mein Rennprogramm und die Probleme in meinem Alltag konzentriere, um diese Dinge detailliert genug zu studieren und mir ein klares Bild zu machen. Ich wünschte, ich wäre besser informiert und hätte mehr Zeit, darüber nachzudenken, denn ich weiß immer, dass es mehrere Wahrheiten gibt“, so der 30-Jährige.
Trotz aller Selbstzweifel habe aber – ähnlich wie bei Heidemann –die WM-Teilnahme nie in Frage gestanden. “Es ist nicht meine Aufgabe zu entscheiden, wo wir fahren und so. Das liegt beim Dachverband und den Organisatoren. Es ist schwierig, es allen Recht zu machen. Letztendlich bin ich nur ein Radprofi und möchte meinen Job gut machen“, sagte Mohoric, dessen Job bei dieser WM darin bestehen wird, im Straßenrennen Tadej Pogacar beim Unternehmen Titelverteidigung zur Seite zu stehen.
Da er seinem “Freund Tadej“ helfen wolle, erneut den Traum vom Regenbogenbogentrikot zu verwirklichen “wäre es für mich ziemlich schwierig und herausfordernd, zu sagen, dass ich nicht fahre“, so Mohoric, der seinen Kapitän, wenig überraschend, auf dem schweren WM-Kurs gute Chancen auf die Goldmedaille zubilligt – aber auch das slowenische Team gerüstet sieht.
“Mit Tadej haben wir natürlich einen der Favoriten. Außerdem haben wir Primoz (Roglic), der seit San Sebastian kein Rennen mehr bestritten hat und, wie ich glaube, schon lange in der Höhe trainiert. Ich denke also, er wird eine wichtige Rolle im Team spielen“, sagte der frühere Mailand-Sanremo-Gewinner, der sich auch überzeugt zeigte, dass Pogacar die Scharte aus dem Zeitfahren, in dem er das Podium um eine Sekunde verpasste und auf Weltmeister Remco Evenepoel mehr als zweieinhalb Minuten verlor, auswetzen möchte: “Ich denke, das macht ihn noch wütender und motivierter, zu beweisen, dass er die Nummer 1 im Radsport ist.“