Olympia

Rich hofft auf Gold im Zeitfahren

09.08.2004  |  Ganz schnell, allein, gegen die Uhr. So mag es Michael Rich. Seit Jahren gehört der Radprofi aus dem Team Gerolsteiner zu Besten im Zeitfahren. Seine Bilanz liest sich entsprechend. Doch der 34 Jahre alte Emmendinger hat aus den Erfolgen der Vergangenheit gelernt. "Ich setze mittlerweile andere Prioritäten. Die Anzahl meiner Siege ist für mich fast zweitrangig geworden. Es kommt auf die Bedeutung des Erfolges an", sagt er auf seine Ausbeute in diesem Jahr angesprochen. "Noch habe ich erst drei Rennen gewonnen. Aber da war zum Beispiel das Zeitfahren der Deutschland-Tour dabei. Und ich hoffe, dass noch ein wichtiger Sieg dazukommt". Rich meint den Triumph, der mit Gold belohnt wird - den Sieg im Zeitfahren der Olympischen Spiele in Athen.

Schon einmal stand der 1,87 Meter große Athlet ganz oben auf dem Treppchen bei den Spielen im Zeichen der fünf Ringe: 1988 wurde er in Seoul Olympiasieger im Vierer-Mannschaftszeitfahren unter anderem mit seinem heutigen Teamkameraden Uwe Peschel. Damals war Rich (seit 1997 Profi) noch Amateur. Der Gerolsteiner-Rennfahrer weiß daher auch die besonderen Momente der Spiele zu schätzen. "Die Eröffnungsfeier 1992 in Barcelona war schon beeindruckend", erinnert er sich gern an seine zweite Olympia-Teilnahme zurück. Nun schickt er sich an, zum insgesamt vierten Mal um olympisches Edelmetall zu kämpfen, "obwohl ich schon 1996 in Atlanta gesagt habe, das sind meine letzten Spiele." Die Möglichkeit, sich andere Sportarten (Rich: "zum Beispiel Basketball") anzuschauen, wolle er sich deshalb nicht entgehen lassen. Der Einzug ins Olympische Dorf sei indes noch offen.

Für die Eröffnungsfeier in Athen am kommenden Freitag hat der Familienvater allerdings keine Zeit. Bereits am Samstag steht sein erster Einsatz an, das Straßenrennen. Seine Ansprüche im fünfköpfigen deutschen Aufgebot stellt Rich dabei hinten an. "Wir sind ein Team, und mein Job ist der des Helfers. Damit habe ich aber kein Problem. Schließlich kommt meine Disziplin ja noch", sagt er und weist auf den 18. August hin. An jenem Mittwoch geht es um Sekunden. Ganz schnell, allein und nur gegen die Uhr. Eine Fähigkeit, die der 34-Jährige par excellence beherrscht.

Am Montagmorgen ist Rich Richtung Griechenland aufgebrochen. Zunächst ging es nach Kreta. Treffen mit den vier Teamkameraden der deutschen Mannschaft. "Und natürlich zum Anpassen", wie der deutsche Gerolsteiner-Profi sagt. Zudem muss das Material noch einmal getestet werden, schließlich gebe es eine neue Rennmaschine. "Ich habe ein 20-seitiges Regelwerk bekommen." Inhalt vor allem: Was nicht erlaubt ist. Und wer Michael Rich kennt, weiß, dass die Feinabstimmung seines Fahrrades eine Hauptrolle in der Vorbereitung spielt. "Er ist ein Perfektionist. Ständig am Tüfteln und sehr innovativ", sagt Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer, der im elften Jahr mit dem Emmendinger zusammenarbeitet. Viel Zeit für Experimente bleibt indes nicht. Denn am 13. August reist das Quintett nach Athen. Die Streckenbesichtigung steht an. Am 14. August steht dann das erste Rennen für Rich an, dem ein besonderes Privileg zu Teil wird: Der Emmendinger ist neben Titelverteidiger Jan Ullrich der zweite Doppelstarter (Straße und Zeitfahren) im deutschen Team. "Ich bin nicht nur Zeitfahrer. Ich biete sicherlich eine der besten Kombinationen aus beidem." Die Bestätigung erfuhr der 34-Jährige durch seine Nominierung.

Auf diese hatte Rich gezielt hingearbeitet. "Es ist das wichtigste Rennen. Ich habe meine Saisonplanung daher auf Athen ausgerichtet und mich darauf konzentriert, dort in Bestform zu sein." Ohnehin sagt der Zeitfahr-Experte, dass er "eineinhalb" Hochphasen im Jahr habe. Zunächst laufe es im Frühjahr ordentlich. Noch besser dann von August bis Oktober. In dieser Zeit stehen auch die Höhepunkte an wie Weltmeisterschaft oder eben wie in diesem Jahr die Olympischen Spiele. Auf 42 Kilometer geht es darum, schnell zu fahren, schneller zu fahren, ganz schnell zu fahren - wie es der Emmendinger seit Jahren macht. "Wenn es darum geht, aus regeneriertem Zustand ein Zeitfahren zu bestreiten, also ohne vorher schon diverse Etappen absolviert zu haben, zähle ich sicherlich zu den Besten", sagt Rich selbstbewusst.

So hat er auch in Athen die Chance, dies zu beweisen. Zwar habe er den Zeitfahr-Kurs noch nicht begutachtet. Doch bekam Rich wertvolle Tipps von seinem Mannschaftskameraden Markus Fothen, der auf derselben Strecke 2003 Europameister der Kategorie U 23 geworden war. "Von dem, was mir Markus erzählt hat, kommt mir der Kurs entgegen", sagt Rich, der es nicht ganz flach und am liebsten ein bisschen wellig mag. "Mit Schwung rein und mit Kraft drüber", heißt seine Devise. Ob das Terrain in der griechischen Hauptstadt diesem Profil entspricht, wird er spätestens nach dem Straßenrennen genau prüfen. Zumal das Quartier der deutschen Radfahrer in der Nähe der Strecke sei.

Es gehört zur Vorbereitung eines Zeitfahr-Experten, Streckenkenntnis zu haben. Bei der Einteilung des Rennens können Äußerlichkeiten eine entscheidende Rolle spielen. "Es kommt auf Nuancen an. Etwa, wie steht der Wind? Oder kann ich auf einer Abfahrt etwas rausnehmen? In Athen soll es zum Beispiel sehr warm werden", sagt Rich. Trotz allem: Unter 98 Prozent seines Leistungsvermögens komme er in einem Zeitfahren nie. Und auf technische Hilfsmittel verzichtet der Emmendinger weitgehend: Funk. Pulsmesser. Tachometer. Nein, das braucht der Gerolsteiner-Profi nicht. "Ich höre auf meine Muskulatur. Wenn ich an dem Punkt bin, an dem sie übersäuert, muss ich langsamer machen. Ich mache das halt alles aus dem Gefühl heraus", nennt er seinen Indikator. Ein Gefühl, das einfach da war. Genauso wie seine Veranlagung für das Zeitfahren.

Das Talent mache nach Richs Worten jedenfalls rund 70 Prozent aus, um ein Spezialist im Kampf gegen die Uhr zu werden. "Der Rest ist Training", sagt der Gerolsteiner-Profi. Ein Patentrezept, wie sich ein Rennfahrer im Zeitfahren gravierend verbessern kann, hat er jedoch nicht parat. Warum auch? "Für diese Frage bin ich der Falsche. Ich konnte es schon immer ganz gut", sagt er. Stimmt. Ganz schnell, allein, gegen die Uhr fahren - das kann Michael Rich wirklich.

Mehr Informationen zu diesem Thema

29.08.2004Calle wird Bronzemedaille aberkannt

Die Bronzemedaillengewinnerin im Olympischen Punktefahren, die Kolumbianerin Maria Luisa Calle Williams, ist bei einer Dopingkontrolle positiv getestet worden. Die Dopingfahnder stellten im Körper de

27.08.2004Spitz verbeugt sich vor Bronze - Dahle siegt

Athen (dpa) - Kurz vor dem Zielstrich bremste Sabine Spitz plötzlich ab, stieg vom Rad, machte eine Verbeugung und ließ sich von den Zuschauern am Streckenrand kräftig feiern. Mit der Bronzemedaill

26.08.2004Deutsche Medaillenhoffnungen am Parnitha

Athen (dpa) - Am Südhang des Parnitha-Berges wollen die deutschen Mountainbiker in Athen aus dem Schatten der Straßen- und Bahnfahrer treten. In den letzten olympischen Radsport-Disziplinen können

25.08.2004Keirin: Wolff wird Bronze aberkannt

Athen (dpa) - René Wolff hat seine Bronzemedaille im olympischen Keirin-Rennen am Grünen Tisch verloren. Der Erfurter Radsprinter wurde wenige Minuten nach dem Finale von der Internationalen Jury zu

25.08.2004Ein Dank in Bronze

Athen (dpa) - René Wolff verschenkt seine Medaillen, liest Oscar Wilde und hat den Anfang eines Rilke-Gedichts in die Innenseiten seiner Unterarme tätowieren lassen - in chinesischen Schriftzeichen.

24.08.2004René Wolff sprintet zu Bronze

Athen (dpa) - Bahnradfahrer René Wolff hat bei den Olympischen Spielen die Bronzemedaille im Sprintwettbewerb gewonnen. Der 26 Jahre alte Goldmedaillen-Gewinner im Team-Sprint setzte sich im Athener

24.08.2004Guido Fulst holt Bronze im Punktefahren

Athen (dpa) - Das Athener Velodrom bleibt für die deutschen Bahnradfahrer eine Medaillengrube: Guido Fulst raste im Punktefahren überraschend zu Bronze, für René Wolff war sein dritter Rang im Spr

24.08.2004Patchwork-Vierer scheitert in kleine Finale

Athen (dpa) - Ein Robert Bartko war in Athen zu wenig. Der zusammengeflickte deutsche Bahn-Vierer verpasste Bronze, so sehr sich der Doppel-Olympiasieger von Sydney im «kleinen Finale» gegen Spanien

22.08.2004Deutscher Bahnvierer fährt um Bronze

Athen (dpa) - Die Gold-Sprinter haben dem deutschen Bahnvierer offensichtlich Beine gemacht. Einen Tag nach dem Olympiasieg von Jens Fiedler, René Wolff und Stefan Nimke im Teamsprint manövrierte si

22.08.2004Bahnrad-Vierer mit viertbester Qualifikationszeit

Athen (dpa) - Der deutsche Bahnvierer ist mit der viertschnellsten Qualifikations-Zeit ins Olympia-Rennen gestartet. Robert Bartko (Potsdam), Guido Fulst, Christian Lademann (beide Berlin) und Leif La

21.08.2004Bahnrad-Sprint-Team holt Goldmedaille

Athen (dpa) - Erst raste Jens Fiedler mit seinen Kollegen Stefan Nimke und René Wolff im höchsten Tempo zum Gold, dann nahm er seinen kleinen Sohn auf dem Lenker mit auf die gemütliche Ehrenrunde:

21.08.2004Bartko in 1. Runde ausgeschieden

Doppel-Olympiasieger Bartko (Potsdam) ist in der 4000 Meter Einzelverfolgung überraschend in der ersten Runde gegen den australischen Straßen-Profi Bradley McGee aus.Den Olympiasieg im Zeitfahren si

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

19.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

19.04.2024Lopez wehrt alle Angriffe ab und gewinnt Tour of the Alps

(rsn) – Juan Pedro Lopez (Lidl – Trek) kam am Schlusstag der 47. Tour of the Alps (2.Pro) nicht mehr in Schwierigkeiten. Der Spanier selbst hat auf dem schweren letzten Teilstück seine Kontrahent

19.04.2024Die Strecke des vierten Monuments: Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum 110. Mal findet am Sonntag Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT) für die Männer statt – die Frauen bestreiten ´La Doyenne´ dagegen erst zum achten Mal. Die Strecke hat sich für beide

19.04.2024Im Chaos-Finale fahren Malmberg, Röber und Paluta in die Top 10

(rsn) - Auch im chaotischen Finale der 2. Etappe von Belgrade Banjaluka (2.2) waren die drei deutschen Kontinental-Teams vorne mit dabei. Während der Däne Matias Malmberg (Maloja Pushbikers) und Do

19.04.2024Kehrt der Intergiro bei der Italien-Rundfahrt zurück?

(rsn) - Auf einigen der von der RCS veröffentlichen Profilen der Italien-Rundfahrt taucht der Intergiro zum ersten Mal seit 2005 wieder auf. Der Intergiro ist eine Sonderwertung, bei dem die Zeit all

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

19.04.2024Lüttich-Bastogne-Lüttich im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Lüttich-Bastogne-Lüttich bildet traditionell den krönenden Abschluss der Ardennenwoche. La Doyenne, das älteste Eintagesrennen der Welt, ist mit seinen kurzen, teils extrem steilen Anst

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)
  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)