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13.07.2011 |
(rsn) - „Greipel ziiiiiieht an Cavendish vorbei und gewinnt seine erste Tour-de-France Etappe!“ - ein schöner Ausruf, oder? Darauf haben deutsche Fans lange warten müssen. Man könnte sich glatt dran gewöhnen. Doch morgen schon kommen die Pyrenäen. Und Gruppetto-Duelle sind nicht so prickelnd.
Mein Vorschlag: Angela Merkel sollte mal bei ihrem Kumpel Nicolas Sarkozy anrufen, ob man bei der diesjährigen Tour ruckzuck nicht noch fünf oder sechs Sprint-Etappen einbauen könnte. Merkel wird den französischen Präsidenten aber nicht anrufen, da ihr Herr Greipel nicht so wichtig sein dürfte - er läuft schließlich keinem Ball hinterher. Aber wir wollen am Tag nach dem ersten deutschen Tour-Etappensieg 2011 nicht alles schlecht reden – auch wenn das wiederum typisch deutsch wäre.
Nein! Wir freuen uns heute. Deutschland ist zurück auf der großen Bühne des Radsports. Und André Greipel gewinnt nicht nur "beschissene kleine Rennen", wie Cavendish sagen zu müssen glaubte. No more shit-races! Der Gorilla, wie er von Kollegen genannt wird, hat zugeschlagen - in einem richtig schönen Sprint hat er Cavendish niedergerungen.
Der 26-Jährige von der Isle of Man muss sich das auch eingestehen. „Greipel rode it perfekt & got speed by running up on me #hatsoff.“ verkündete Cavendish nach dem Rennen via Twitter. „Hats off“- ich ziehe den Hut. Und das aus dem HTC von Cavendish. Der übrigens kein Wort darüber verlor, ob sein Dauerrivale möglicherweise auch in Frankreich nur ein "beschissenes kleines Rennen" gewonnen haben könnte.
Aber auch wir gönnen dem schnellen Mann aus Hürth seinen Triumph. Beweist Greipel doch seit Jahren, dass er einer der besten Sprinter der Welt ist. Siege beim Giro d'Italia, der Vuelta a Espana sowie bei der Tour Down Under, der Polen-, Belgien-, Türkei- und der Algarve-Rundfahrt zieren seine Palmares.
Greipel hatte eigentlich schon fast überall gewonnen. Der Tour-Etappen-Sieg ließ ein wenig auf sich warten - aber dafür konnte er wohl am allerwenigsten. Der 28-Jährige wurde in den vergangenen Jahren nie in den Tour-Kader seines langjährigen Teams HTC-Highroad berufen. Stattdessen ist er dort gefahren, wo man ihn hinschickte – und hat dort auch meist gewonnen.
Nie hat sich Greipel lautstark beschwert. Wenn Cavendish ihn in der Presse angegriffen hat, war der Deutsche stets der smarte Typ, der geschwiegen hat. Im Feld der Profis genießt er daher große Anerkennung. Fahrer wie Fabian Cancellara, Stuart O'Grady oder Cadel Evans zollen André Greipel via Twitter Respekt.
Gestern war ein schöner Tag für den deutschen Radsport. Und ein schöner Tag für die Tour de France. Auch wenn das größte Radrennen der Welt möglicherweise nur haarscharf um eine Degradierung zu einem "beschissenen kleinen Rennen" herumgekommen ist.