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26.07.2014 | rsn) - Bei so vielen Siegen kann man schon mal den Überblick verlieren...nach seiner Zieldurchfahrt als Spitzenreiter des großen Zeitfahrens der 101. Tour de France meinte Tony Martin (Omega Pharma–QuickStep). „Wir haben den Druck nach dem Ausscheiden von Mark Cavendish (gestürzt während der 1. Etappe, d. Red.) sehr gut weggesteckt und sind sehr motiviert auf Etappensiege gegangen. Nun warten wir auf den dritten....“, sagte der Eschborner, um dann kurz zu stocken und lächelnd fortzufahren: “vierten Sieg! Damit können wir sehr zufrieden sein!“
Seine beiden Erfolge hatte der Polizeimeister aber parat: „Dass ich zwei Etappen bei einer Tour gewinnen kann, ist neu für mich. Am liebsten würde ich noch viel mehr gewinnen“, freute sich Martin in den Sieger-Interviews.
Vielleicht macht er gleich im nächsten Jahr zum Auftakt weiter? „Als ich hörte, dass die Tour 2015 in Utrecht mit einem Prolog beginnt, war ich glücklich und sehr, sehr motiviert. Ich glaube, das ist meine beste Chance seit langem, das Gelbe Trikot der Tour zu gewinnen.“
Hält er seine Form, gehört er natürlich auch auf dem nur 13,7 Kilometer langen und wohl winkligen Kurs zu den Top-Favoriten. Ebenso wie im hügeligen Zeitfahren dieser Tour, das ihm ebenfalls nicht auf den Leib geschneidert schien. „Tony ist einen Schnitt von fast 49 km/h gefahren. Ein Bergzeitfahren kann es nicht gewesen sein“, beantwortete Omega-Berater Rolf Aldag augenzwinkernd die Feststellung, dass es kein Kurs für Rouleure gewesen sei.
Schnell wie ein TGV raste der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister über die 54 Kilometer von Bergerac nach Perigueux. Am Ende distanzierte er den Niederländer Tom Dumoulin (1:39 Min./Giant-Shimano) und den überraschend starken Tschechen Jan Barta (1:47/NetApp-Endura) deutlich. „Ich bin sehr zufrieden mit meiner Zeit. Wenn heute jemand schneller ist, muss ich das akzeptieren. Denn ich weiß nicht, wo ich hätte schneller fahren können“, sagte Martin direkt nach der Zieleinfahrt.
Fast zwei Stunden musste der 29-Jährige warten, bis alle im Ziel waren. Besonders der als Letzter ins Rennen gestartete Vinzenco Nibali (Astana) bereitete ihm ein wenig Kopfzerbrechen. Denn, so fürchtete Martin: „Gelb gibt Extra-Power.“ Doch nach rund 50 Minuten auf dem heißen Stuhl als Spitzenreiter der vorletzten Etappe stand fest, dass ihm auch der nun (fast) sicher feststehende Tour-Sieger im Kampf gegen die Uhr nicht das Wasser reichen konnte. Mit 1:58 Minuten Rückstand auf Martin erreichte der Italiener als Vierter das Ziel.
Sein Erfolgsgeheimnis erklärte Martin, als sein vierter Etappensieg insgesamt bei der Tour (3 Zeitfahren und die Etappe nach Mulhouse 2014) feststand: „Man muss immer wieder über die Schmerzgrenze gehen“ und „die Power haben, den 58er eine Zeitlang zu treten.“
Besonders in den beiden letzten Anstiegen überschritt er die Schmerzgrenze, denn Rolf Aldag verriet: „In den beiden letzten Anstiegen ging Tony in den roten Bereich, um sich dann in den Abfahrten wieder zu erholen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er irgendwo Zeit liegen ließ. Er ist perfekt gefahren. Man kann es nicht besser machen!“
Endet die Tour Sonntag in Paris mit einem deutschen Rekord? Marcel Kittel (Giant-Shimano), der schon letztes Jahr die Schluss-Etappe auf dem Champs-Élysées gewinnen konnte, zählt wieder zu den aussichtsreichsten Kandidaten. Sieben Etappensiege haben Deutsche auch in den Zeiten von Rudi Altig, Jan Ullrich und Erik Zabel noch nie feiern können.