U23: Einzig das Ergebnis ließ etwas zu wünschen übrig

Kämna: „Am Ende hat das letzte Quäntchen Druck gefehlt"

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Lennard Kämna fuhr mit Platz zehn im WM-Straßenrennen das beste deutsche Ergebnis ein. | Foto: Cor Vos

26.09.2015  |  (rsn) - Lennard Kämna rollte durch die Mixed Zone und wollte zunächst mit niemandem sprechen. Der 19-Jährige winkte ab, als er an den deutschen Medienvertretern vorbeikam. War er etwa enttäuscht, bei seiner ersten U23-Weltmeisterschaft nach Rang drei im Einzelzeitfahren nun Platz zehn im Straßenrennen erreicht zu haben?

Nein, Kämna fühlte sich offenbar einfach noch nicht bereit, um in Kameras zu sprechen, wollte sich wohl erst Gedanken machen, was zu sagen sei. Zehn Minuten später dann stand er am Teamcamper des Bundes Deutscher Radfahrer Rede und Antwort. „Ich bin zufrieden mit der Platzierung. Am letzten Berg wäre ich zwar gerne bei der Schlüsselattacke mitgegangen, aber da konnte ich einfach nicht mehr", bilanzierte der Bremer. „Deshalb war ich glücklich, dass ich aus der zweiten Gruppe noch Erster geworden bin - das war für mich heute das beste Ergebnis."

Im Sprint der Geschlagenen setzte sich Kämna im Foto-Finish vor MTN-Qhubeka-Profi Merhawi Kudus und dem Schweizer BMC-Stagiaire Tom Bohli durch und rettete dem deutschen Team so am Ende eines aktiven Rennens das Ergebnis. „Das ist eine Top-Ten-Platzierung, was für uns als Team immer sehr wichtig ist", sagte Nationaltrainer Ralf Grabsch. „Ich kann zufrieden nach Hause fahren."

Natürlich habe er sich ein noch besseres Resultat vorgestellt, schließlich war man schon in den vergangenen beiden Jahren in Florenz und Ponferrada mit Silvio Herklotz Achter und Neunter geworden, doch Grabsch gefiel die Fahrweise seiner Männer diesmal besser. „Wir sind Runde für Runde vorne ins erste Pflasterstück reingefahren, was hier eine Grundvoraussetzung war", erklärte er. " „ch kann heute keinen kritisieren. So gefällt mir das, dass die Sportler als Team mitziehen und kompakt auftreten."

„Das war natürlich das komplette Gegenteil zum letzten Jahr, wo wir eine ganz schlechte Erfahrung gemacht haben", so Grabsch weiter. In Ponferrada war Ruben Zepuntke ungewünscht früh in eine Ausreißergruppe gegangen und im Finale positionierte sich Herklotz am letzten Berg nicht gut genug, um auf die entscheidende Attacke schnell reagieren zu können.

In Richmond nun verlief das Rennen eigentlich ganz ähnlich, denn auch diesmal fuhr einer der Deutschen in einer frühen Gruppe. Doch während es mit Zepuntke letztes Jahr ausgerechnet der Mann war, der sich für einen etwaigen Sprint hätte schonen sollen, war es mit Max Schachmann diesmal der Richtige. „Wir hatten gesagt, dass am Anfang Jonas (Koch, d. Red.), Max und Nils (Politt, d. Red.) die Angriffe übernehmen sollen", erzählte Kämna.

Trotzdem war es gar nicht Schachmanns Absicht, in die Ausreißergruppe des Tages um den Sohn von Astana-Teamchef Giuseppe Martinelli, Davide Martinelli, vorzufahren. Es geschah fast wie aus Versehen: „Ich bin in den ersten Pflasteranstieg vorne reingefahren und wollte das Rennen ein bisschen schwer machen", erklärte Schachmann seinen 'Angriff' am Libby Hill auf der fünften von zehn Runden.

Er sollte das Feld kleinfahren, aber nicht so klein, dass es nur noch aus ihm bestehen würde. „Ich habe wirklich nur leicht angezogen, und hatte plötzlich eine riesige Lücke. Ich habe mich umgedreht und gehofft, dass noch eins, zwei Leute kommen und bin mit etwas Zug weitergefahren, aber nicht voll."

Es kam niemand, die Lücke zum Feld wurde größer und größer. Schachmann fuhr innerhalb von einer Runde mehr als eine Minute zur vierköpfigen Spitzengruppe um Martinelli zu und behauptete sich mit seinen Begleitern bis zur vorletzten Runde an der Spitze. Dann aber wurden die Ausreißer eingeholt. Schachmann kam zwar nicht durch, aber er sorgte mit seinem Vorstoß immerhin dafür, dass im Feld die anderen Teams arbeiten mussten und sich seine Teamkollegen zurückhalten konnten.

Das wiederum konnte Politt sieben Kilometer vor dem Ziel für einen beherzten Angriff nutzen. „Ich habe mich nicht so schlecht gefühlt und wollte es auf jeden Fall noch probieren", sagte der Deutsche U23-Meister. „Ich habe mich dann umgedreht und wir hatten eine kleine Lücke - no risk, no fun: Es kann klappen, wenn sie sich hinten angucken. Eine Weltmeisterschaft hat immer eigene Sitten."

Das aber taten die Kontrahenten nicht, und so wurden Politt und seine zwei Begleiter vier Kilometer vor dem Ziel am Fuß des Libby Hill wieder eingeholt, kurz bevor der spätere Weltmeister Kevin Ledanois davon marschierte. Der Franzose profitierte von einem Sturz des Belgiers Nathan Van Hooydonck auf dem regennassen Kopfsteinpflaster. „Da war etwas Kuddelmuddel, weil welche gestürzt sind, und dann ist eine Lücke aufgegangen", so Politt über die rennentscheidende Szene.

Auf den letzten vier Kilometern wurde nur noch Vollgas gefahren, doch den Ledanois konnte niemand mehr zurückholen. Und als es die bereits vom Einzelzeitfahren bekannte Governor Street hinaufging, fiel auch die Verfolgergruppe auseinander. Weder Politt (Platz 50, + 48 Sekunden) noch der sprintstärkere Jan Dieteren (35., + 37) oder Kämna konnten da noch bei den Besten mithalten. „Geplant war, dass Jan sprintet, wenn es zum Sprint kommt", so Kämna. „Da es aber eher ein Kraftsprint bergauf wurde, war ich dann an der Reihe, konnte es nur nicht ganz vollenden."

Zwölf Sekunden nach Sieger Ledanois fuhr der 19-Jährige schließlich auf Rang zehn über den Zielstrich und fasste zusammen: „Eigentlich hätten wir nichts besser machen können. Am Ende hat nur das letzte Quäntchen Druck gefehlt."

Kämna im Interview:

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