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Als “neuer Cipollini“ musste Milan mehr als eine Woche warten

Von Tom Mustroph

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Jonathan Milan (Lidl – Trek) fällt eine von den Schultern. | Foto: Cor Vos

12.07.2025  |  (rsn) - Es war ein langer Anlauf. Acht Tage lang musste Jonathan Milan (Lidl – Trek) bei der Tour de France 2025 warten, bis er den ersten Tour-Etappensieg seiner Karriere feiern konnte. Sein Heimatland musste noch viel länger warten. 2.177 Tage und 113 Tour-de-France-Etappen ist der letzte italienische Erfolg her, rechnete die Gazzetta dello Sport vor. Der letzte Glorreiche aus dem Nachbarland der Großen Schleife war 2019 Vincenzo Nibali. Dem alten Grand-Tour-Recken folgt mit Milan ein gänzlich anderer Typ.

Milan ist ein Powersprinter, geschult auf der Bahn, wo er auch Olympiasieger wurde. Seinen höchsten Kraftwert gibt er selbst mit 1960 bis 1965 Watt an. Das liegt sogar etwas über den 1940 Watt, die einst Marcel Kittel als seine maximale 3-Sekunden-Leistung bekannt gab. Aber diese Werte interessieren Milan nicht in erster Linie. “Wenn ich mitten im Sprintfinale bin, denke ich doch nicht, dass der Fahrer neben mir 101 Watt mehr oder weniger als ich drauf hat. Vielmehr versuche ich an seinem Rad zu bleiben und am besten an ihm vorbeizukommen“, sagte er im Winter italienischen Medien.

Die Sache mit dem Vorbeikommen gelang dem Mann aus dem norditalienischen Friaul bis Samstag nicht so ganz bei dieser Tour de France. Am Eröffnungstag wurde er durch die Windkante abgehängt. Das giftige Finale in Boulogne-sur-Mer war schon auf dem Papier nichts für ihn. In Dünkirchen auf der 3. Etappe war er zumindest vorn dabei, zog aber gegen den gar nicht so muskelgewaltigen, dafür sehr eleganten Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) den Kürzeren.

Spanien oder Italien, Hauptsache Milan

Als jetzt der dritte große Massensprint anstand, war er immerhin zur Stelle. Er erfüllte damit, was ganz Radsport-Italien von ihm erwartete - und auch er selbst: Sprintsiege bei den großen Rennen. Seit seinem Durchbruch beim Giro d’Italia 2023 mit einem Tagessieg, vier zweiten Plätzen und dem Gewinn des Punktetrikots wurde er in seiner Heimat als “neuer Cipollini“ gefeiert, als einer, der die Rampe Sprintzug zu großen Siegen nutzen kann.

Man muss Milan zugutehalten, dass er genauso jung wie Cipollini war, als er die erste Giro-Etappe gewann, nämlich 22 Jahre. Mit jetzt 24 Jahren ist er anderthalb Jahre jünger als “Cipo“ bei dessen ersten Tour-Etappenerfolg. In dieser Saison besonders bemerkenswert: Bei jeder Rundfahrt, bei der er am Start war, gewann er mindestens eine Etappe, seien es Valencia Rundfahrt (2.Pro) oder UAE Tour (2.UWT), Tirreno-Adriatico (2.UWT) oder Critérium du Dauphiné (2.UWT). Und bei zweien von ihnen – Tirreno und UAE Tour – brachte er auch das Punkte-Trikot des Punktbesten nach Hause. Das des Giro war bei seinen zwei Starts dort ohnehin seines.

Kein Wunder, dass er als großer Favorit auf Grün und den einen oder anderen Etappensieg in seine Debüt-Tour ging. Er selbst hatte sogar Hunger auf mehr. “Die erste Etappe ist eine tolle Gelegenheit. Das ist wie eine WM. Und wir wollen bereit sein. Dort gleichzeitig das Gelbe Trikot zu holen, ist ein Traum“, sagte er vor dem Start.

Durch den Druck eines Landes eine Last auf den Schultern

Nun, wir wissen inzwischen, dass auch Sieg gewohnten Männern Träume platzen können. Milan blieb fokussiert, hielt an seinen Plänen und Abläufen fest. Kurz brachte ihn der Streit mit Biniam Girmay (Intermarché – Wanty) aus der Fassung. Weniger der Streit selbst, er entschuldigte sich später auch für seine heftige Reaktion gegen den Eritreer. Mehr noch setzte ihm das Nachspiel in klassischen und sozialen Medien zu. Das ist nun abgehakt. Die Freude ist zurückgekehrt. Die großen Sprüche auch. “Es war ein Sieg für das ganze Land“, spielte er auf die Durststrecke nach dem letzten Coup von Nibali an.

Man merkt dem 24-Jährigen aber auch an, dass ihn die ersten Tour-Tage nachdenklicher gemacht haben. “Irgendetwas vorherzusagen und es nach Hause zu bringen sind zwei verschiedene paar Schuhe“, sagte er im Flash-Interview. Und wie angespannt die Stimmung im Team war, lässt sich der Äußerung von Teamkollege Jasper Stuyven gegenüber Sporza entnehmen. “Das tut enorm gut! Wir haben gespürt, dass der Druck immer größer wurde“, meinte der Belgier.

Wer bremst, verliert Kraft

Seinen Kapitän erlebte er an diesem Samstag als “sehr konzentriert“. Und der Ansatz im Finale war, ein Maximum an Geschwindigkeit trotz Hindernissen und Kurven aufzubauen: “Wir wollten vor allem an den Kreiseln nicht bremsen müssen, denn das kostet Kraft. Es hat viel Energie gekostet, dort vorn zu sein. Wir dachten uns aber, dass man dort auch hinten Körner verbrennt. Und das war wohl auch so.“

Mit dem Sieg setzte er sich auch wieder an die Spitze der Punktewertung. Sein ärgster Konkurrent dort bleibt Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG). Derartigen Herausforderungen musste sich seinerzeit Cipollini nicht stellen. Ums Punktetrikot bei der Tour fuhr der Glamoursprinter wegen erwiesener Alpenscheu sowieso nicht mit. Und um Toursieger zu finden, die neben Gelb auch Grün mit nach Hause nehmen konnten, muss man bis in die 1970er Jahre zurückgehen; zu Eddy Merckx (1971 und 72) und Bernard Hinault (1979). 1969 gewann Merckx übrigens Punkte-, Berg- und Gelbes Trikot. Wenn Pogacar auch hier mit dem Alt-Kannibalen gleich ziehen will, wird es schwer für Milan, die Wertung zu gewinnen. Immerhin kann er nun seinen Debüt-Etappensieg feiern – und am Sonntag in Chateauroux gleich nachdoppeln. Die Stadt nennt sich wegen der drei Sprintsiege von Mark Cavendish inzwischen gern “Cavendish City“. Noch ein Großer also, in dessen Fußstapfen Milan treten kann.

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