RSNplusWeltmeister wünscht sich Esports-WorldTour

Osborne hat online zum Spaß am Radsport zurückgefunden

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Osborne hat online zum Spaß am Radsport zurückgefunden"
Jason Osborne auf dem Weg zu seinem dritten WM-Titel | Foto: MyWoosh

04.12.2025  |  (rsn) – Vor zwei Wochen wurde Jason Osborne in Abu Dhabi zum dritten Mal nach 2020 und 2024 Esports-Weltmeister. In überlegener Manier setzte er sich in drei auf der Plattform MyWhoosh ausgetragenen Rennen vor dem Polen Michal Kaminski und dem Belgier Lennert Teugels durch. Übertragen wurde das Event live auf Youtube, doch das mediale Interesse schien geringer als in den Vorjahren zu sein. RSN sprach mit Osborne über dessen dritten Sport, in dem er erfolgreich ist.

In der Corona-Zeit erlebte der Indoor-Radsport einen Boom. 2020 gewann Greg van Avermaet die virtuelle Ronde van Vlaanderen, die in einigen Ländern sogar im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Damals lockten zahlreiche Straßenstars die Zuschauer vor die Bildschirme. 

In Abu Dhabi war Osborne diesmal der bekannteste Name. “Die Rolle ist vielleicht nicht für jeden. Es gibt auch eingefleischte Straßenradfahrer, die darauf schwören, dass sie nur draußen fahren. Jeder soll das machen, was ihm am meisten Spaß macht“, befand der 31-Jährige.

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Doch das Fehlen großer Stars wirkt sich laut Osborne nicht negativ auf die Qualität der Rennen aus. “Das Niveau wird von Jahr zu Jahr stärker. Die Zahlen, die getreten werden, sind ähnlich wie die in der WorldTour. Das ist schon Weltklasse“, urteilte er. Als Beispiel nannte er Kasper Borremans. Der 19-jährige Finne gehört zum Bahrain Victorious Development Team und hat nach seiner ersten Saison in der U23 bereits die Zusicherung, dass er 2027 ins WorldTour-Team wechseln wird.

Drei Finger in die Luft! | Foto: MyWoosh

“Borremans zum Beispiel hat letztes Jahr Bronze geholt. Er ist ein guter Fahrer, war jetzt aber in der Offseason und hat wohl nicht die besten Beine gehabt. Er hat als Achter nicht mal die Top Fünf geschafft. Da sieht man schon, dass WorldTour-Fahrer nicht automatisch aufs Podium fahren“, analysierte der ehemalige Ruderer und Straßenprofi, der allerdings auch feststellte, dass die Esports-WM letztes Jahr einen Monat früher ausgetragen wurde und der Finne da wohl deutlich besser in Form war.

Ambassadeur Sagan

Und da auch Nachwuchs-Straßenfahrer wie Borremans Esports vor allem als Beschäftigung für die Offseason betrachten, darf man aus dieser Richtung wohl nicht auf den Aufschwung für die Indoor-Disziplin hoffen. So fiel der Blick auf die verschiedenen Plattformen, auf denen man sich miteinander messen kann. Und da fällt MyWoosh als Ausrichter der WM eine wichtige Rolle zu. “Die machen viel“, so Osborne. “Die haben jetzt auch (Peter) Sagan als Ambassadeur. Sie nutzen internationale Gesichter des Radsports, um die Plattform zu pushen“, erklärte er weiter.

”Es verschiebt sich in verschiedene Richtungen: Zwift hat die Eliterennen, die Zwift Racing League, aufgegeben. Die gehen also weg von Wettkämpfen mit Preisgeldern, die haben jetzt einen anderen Fokus. Bei MyWoosh ist das Gegenteil der Fall. Die versuchen das richtig groß zu machen und haben Preisgelder – und das wird wohl auch so beibehalten“, freute sich Osborne über die Verdienstmöglichkeiten als Esportler.

Jason Osborne und die Siegerin bei den Frauen, die Neuseeländerin Kate McCarthy | Foto: MyWoosh

“Die sind nicht zu vergleichen mit denen in der WorldTour, eher mit denen auf dem Devo-Level. Da muss man sich schon irgendwie alles mit Sponsoren und so zusammenkratzen. Beim Esport muss man gucken, wo man bleibt. Ich bin immer auf der Suche und es ist machbar, aber man wird nicht Millionär dadurch“, versicherte der derzeit beste E-Radsportler, der auch auf seine erste Karriere zurückblickte: “Rudern ist mehr oder weniger patt. Man ist in der deutschen Sporthilfe und da hat man nach oben keine großen Möglichkeiten, da gibt es schon ein Limit.

Auch die Straße ist nicht für jeden

Obwohl er als WorldTour-Profi also besser hätte verdienen können, hängte er das Straßenrad an den berühmten Haken. “Es gibt aber auch eine große Spanne. Die jungen Fahrer – so sehe ich das zumindest – werden mehr oder weniger auch ein wenig ausgenutzt“, meinte er kritisch. “Die haben große Hoffnungen, auch wenn es sicherlich Fahrer gibt, die zufrieden sind mit dem, was sie haben. Aber nicht so viele schaffen es am Ende, der neue Remco zu werden. Und dann fährt man Jahre rum in der WorldTour. Man hofft auf den großen Vertrag und der kommt dann irgendwie nicht. Für die Arbeit, die man leistet und das Risiko, das man eingeht, muss man sich überlegen, ob es das einem wert ist, dafür sein Leben zu riskieren und teilweise durch die Hölle zu gehen“, so Osborne, der sich diese Frage selbst mit “nein“ beantwortet hat..

Und damit ist er nicht der einzige. “Man sieht schon einen Trend im Straßenradsport, dass immer mehr junge Fahrer aufhören, weil es ihnen zu viel ist. Es geht immer nur um Performance. Was von den Fahrern verlangt wird, um das Level zu halten, ist enorm. Dem Druck können viele junge Fahrer nicht mehr standhalten“, sagte Osborne. Als Beispiel nannte er Lars Boven. “Letzte Woche habe ich sein Posting gesehen. Mit ihm bin ich bei Alpecin ein paar Rennen zusammen gefahren. Sein Posting spiegelt genau das Gleiche wider, was mir durch den Kopf gegangen ist. Man hat einfach die Lust am Straßenradsport verloren“, fasste er zusammen.

Osborne bei der Pressekonferenz nach seinem dritten WM-Titel | Foto: MyWoosh

“Man fährt von Rennen zu Rennen und will selbst auch etwas erreichen: höher, weiter, besser, blablabla! Wenn man merkt, dass man auf der Stelle tritt, verliert man die Motivation. Und irgendwann fährt man die Rennen und denkt sich: ‘Wofür mache ich das?‘“, zeichnete Osborne ein eher düsteres Bild von seiner Zeit als Straßenfahrer. “Seitdem ich von der WorldTour weg bin, habe ich den Esport für mich gefunden – und mir macht das Spaß“, wurde er danach wieder positiver. “Für mich war es ein Weg, um nach der WorldTour meinen Lifestyle beizubehalten und mich weiter mit anderen zu messen. Das liegt in meiner Natur!“

“Mehr Preisgeld und WorldTour würden helfen“

So bleibt aber die Frage, wie dem Indoor-Radsport zu mehr Popularität verholfen werden kann. “Mehr Preisgeld würde natürlich helfen, das lockt immer Leute“, erzählte Osborne, der noch eine zweite Idee ins Spiel brachte: “Was ich gerne sehen würde, wäre eine WorldTour im Esport-Bereich. Man wird wie bei der WM zu Live-Events eingeladen. Die finden dann in verschiedenen Ländern statt“, erläuterte er. “Man muss das internationaler pushen und in vielen Ländern aktiv sein. Je mehr Events man in mehr Ländern macht, desto mehr Leute werden aufmerksam“, fügte der Weltmeister an.

Osborne nannte dann noch ein weiteres Feld, auf dem er sich einen Aufschwung erhofft. “Es ist auch die Frage, was AI (Künstliche Intelligenz, d. Red.) mit sich bringen wird. Da ist einiges denkbar. In Sachen Technologie wird man einiges an Steigerung sehen, auch bei den Herstellern der Smart-Trainer. Die Industrie könnte es noch attraktiver machen, das Equipment könnte noch effizienter für die Benutzer werden, so dass die noch mehr motiviert werden, indoor zu fahren. Das muss attraktiver werden und dazu haben die großen Firmen das Potenzial und dann muss man sehen, ob es shiftet“, warf er abschließend noch einen Blick in die Zukunft.

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