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11.07.2023 | (rsn) – Am Ende der 10. Tour-Etappe wurde Krists Neilands (Israel – Premier Tech) in Issoire aufs Podium gerufen – allerdings nicht als Tagessieger, sondern lediglich als Kämpferischster Fahrer. Diese Auszeichnung hatte sich der Lette nach einer grandiosen Vorstellung in der Gluthitze mit Temperaturen von rund 40 Grad zwar redlich verdient. Im Rückblick auf die spektakulären 167,2 Kilometer durch das Zentralmassiv von Vulcania nach Issoire konnte Neilands das aber nicht einmal als Trostpflaster empfinden.
"Ich bin enttäuscht, weil ich noch nie so nah dran war, eine Etappe bei der Tour zu gewinnen, und ich weiß nicht, ob sich diese Gelegenheit noch einmal bieten wird“, kommentierte der Etappenvierte das Resultat. Nach seiner Attacke am letzten Berg des Tages und einem anschließenden Solo von fast 30 Kilometern wurde Neilands erst auf den letzten 3.000 Metern von der fünfköpfigen Verfolgergruppe um den späteren Etappensieger Pello Bilbao (Bahrain Victorious) und den Tageszweiten Georg Zimmermann (Intermarché – Circus – Wanty) gestellt.
Im Sprint war dann nicht mehr möglich als Platz vier, doch Neilands hatte sich nichts vorzuwerfen, nachdem er und seine Teamkollegen die Etappe maßgeblich mitgestaltet hatten. Der Australier Nick Schultz bereitete seinem Teamkollegen im unteren Teil der Côte de la Chapelle-Marcousse, dem letzten von fünf kategorisierten Anstiegen, rund 33 Kilometer vor dem Ziel mit einer Tempoverschärfung die Attacke vor, der niemand aus der zu diesem Zeitpunkt noch 14-köpfigen Spitzengruppe folgen konnte.
“Ich habe mir gesagt, dass ich, wenn ich das solo durchziehen will, es gleich zu Beginn des Anstiegs tun muss. Das hat sogar gut funktioniert, denn ich konnte hören, dass die anderen nacheinander abgehängt wurden. Und ich hatte vor allem einen ordentlichen Vorsprung, aber das hat nicht gereicht“, sagte Neilands, der an der Bergwertung 28,5 Kilometer vor dem Ziel 40 Sekunden vor den nächsten Verfolgern lag. Die waren sich dann aber auf den letzten Kilometern einig und lösten sich in der Tempoarbeit ab – auch um eine weitere Gruppe um den spurtstarken Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) nicht mehr herankommen zu lassen.
So war Neilands letztlich gegen die Übermacht chancenlos und verpasste am Ende einer schweren Etappe, der er von Beginn an seinen Stempel mit aufgedrückt hatte, den großen Coup. “Wir haben ein tolles Rennen gezeigt, waren bei jeder Attacke dabei und haben für den Sieg das Maximum gegeben. Es ist nur einfach nicht aufgegangen“, sagte der 28-Jährige, der schon an der zweiten Bergwertung nach 27 Kilometern gemeinsam mit Wout Poels (Bahrain Victorious) ausgerissen war.
Nachdem das Duo kurz darauf gestellt wurde, probierte es Neilands gemeinsam mit Zimmermann und zwei weiteren Fahrern erneut, ehe Teamkollege Schultz dann in der siebenköpfigen Spitzengruppe um Bilbao und den Deutschen dabei war, zu der wiederum Neilands mit weiteren sechs Fahrern nach rund 60 Kilometern wieder aufschloss.
Bereits 55 Kilometer vor dem Ziel probierte er es dann mit einer weiteren Attacke, die nach fünf Kilometern vereitelt wurde. Doch davon ließ sich Neilands nicht entmutigen und trat am finalen Berg des Tages nochmals an. Zwischenzeitlich sah es gut aus und Neilands schien auf dem Weg zum Sieg. Es wäre der zweite seines Teams in Serie gewesen, nachdem der Kanadier Michael Woods vor dem Ruhetag die 9. Etappe am Puy de Dome gewonnen hatte.
“Alle acht Fahrer von uns können um Ausreißergruppen mitkämpfen und das ist unser Ziel. Der Sieg von Mike Woods gibt uns mehr Selbstvertrauen und Motivation“, betonte Neilands, dem sich in seiner aktuellen Verfassung noch die eine oder andere Ausreißerchance bieten dürfte.