Vingegaard bleibt in Issoire in Gelb

Zimmermann verpasst Etappensieg gegen Bilbao nur knapp

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Pello Bilbao (Bahrain Victorious, li.) hat die 10. Etappe der Tour de France gewonnen. | Foto: Cor Vos

11.07.2023  |  (rsn) - Georg Zimmermann (Intermarché – Circus – Wanty) hat seinen ersten Tageserfolg bei der Tour de France in Issoire am Ende der 10. Etappe knapp verpasst. Der Augsburger unterlag im Sprint einer sechsköpfigen Spitzengruppe nach 167 brutal heißen und bergigen Kilometern durchs Zentralmassiv knapp dem Basken Pello Bilbao (Bahrain Victorious). Titelverteidiger Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) behauptete im Hauptfeld, das mit 2:53 Minuten Rückstand ankam, das Gelbe Trikot.

Für den 33-jährigen Bilbao bedeutete der Sieg in Verbindung mit den zehn Sekunden Zeitgutschrift, die es dafür gibt, zudem den Sprung vom elften auf den fünften Rang in der Gesamtwertung dieser 110. Frankreich-Rundfahrt. Außerdem gelang ihm als erstem Spanier seit fünf Jahren ein Tageserfolg bei der Tour.

"Ich wusste am Ende, dass ich der Schnellste bin im Sprint. Ich blieb ruhig, ließ Zimmermann seinen Sprint eröffnen, hängte mich an sein Hinterrad und bin auf den letzten 200 vorbeigezogen. Als ich auf der Ziellinie war, war die ganze Energie raus. Dies ist ein besonderer Sieg für uns, einer für Gino", gedachte der Bahrain-Profi im Sieger-Interview auch seinem am 16. Juni verstorbenen Teamkollegen Gino Mäder.

Dagegen verpasste der 25 Jahre alte Zimmermann um einige Meter den größten Erfolg seiner Laufbahn. “Ich habe mich die ganzen letzten Monate über super gefühlt und habe für die Tour de France richtig hart gearbeitet. Man darf hier keine Chancen liegen lassen, weil es super schwer ist, in die Situation zu kommen, dass man hier was abstauben kann", sagte der Augbsurger im Ziel und fügte an: "Jetzt bin ich Zweiter, an sich ist es ein großer Erfolg für mich. Aber jetzt gerade fällt es mir sehr schwer, das einordnen."

Etappendritter wurde zeitgleich mit Bilbao und Zimmermann der Australier Ben O'Connor (AG2R – Citroen) vor dem Letten Krists Neilands (Israel – Premier Tech) und dem Kolumbianer Esteban Chaves (EF Education – EasyPost) sowie dem Spanier Antonio Pedrero (Movistar).

Neilands erst an 3-km-Marke gestellt

Neilands hatte sich 32 Kilometer vor Schluss im letzten Anstieg aus der ursprünglich 14-köpfigen Spitzengruppe des Tages abgesetzt und eine halbe Minute Vorsprung herausgefahren, wurde 3.000 Meter vor Schluss aber wieder gestellt. "Neilands hat eine tolle Attacke gefahren, er war wohl der Stärkste, hat aber zuviel Kräfte bei seinem Versuch gelassen", sagte Bilbao zum Solo des Letten.

In der Gesamtwertung führt Vingegaard weiter mit 17 Sekunden Vorsprung vor Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und 2:40 Minuten vor Jai Hindley (Bora – hansgrohe). Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers / + 4:22) ist weiterhin Gesamtvierter, Bilbao (+ 4:34) nun knapp vor Adam Yates (UAE Team Emirates / + 4:39) und Simon Yates (Jayco – AlUla / + 4:44) Fünfter.

Das Grüne Trikot behauptete Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck), das Bergtrikot bleibt auf den Schultern von Neilson Powless (EF Education – EasyPost) und das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers gehört weiterhin Pogacar. Durch den Sieg von Bilbao baute Bahrain Victorious die Führung in der Mannschaftswertung aus.

So lief die 10. Etappe der Tour de France:

Gleich zu Beginn des mit 38 Grad Luft- und knapp 50 Grad Asphalt-Temperatur extrem heißen Tages wurde ein Attacken-Feuerwerk abgebrannt: Schon am Ende der ersten Kategorie-3-Steigung nach sieben Kilometern ging das UAE Team Emirates mit Tadej Pogacar, Adam Yates und Rafal Majka in die Offensive und das Hauptfeld explodierte. Anfangs waren dabei Bora – hansgrohe und die Ineos Grenadiers mit ihren Kapitänen im Hintertreffen, während Vingegaard und Simon Yates sowie auch Romain Bardet (DSM - firmenich) vorne dabei waren.

Nach 20 Kilometern waren am Fuß des zweiten Kategorie-3-Anstieg des Tages alle wieder beisammen – abgesehen von den bereits abgehängten Sprintern, die längst das Gruppetto gebildet hatten. Als es an jenem Col de Guéry aber mit den Attacken weiterging, flog das Peloton wieder auseinander und diesmal wurden vor allem die Franzosen Bardet und David Gaudu (Groupama - FDJ) zum Opfer des Chaos. Beide fielen kraftlos zurück und verloren schnell zwei Minuten.

Unterdessen hagelte es an der Spitze weiter Attacken, bis sich nach 40 Kilometern ein Septett um Zimmermann löste und kurz darauf noch ein weiteres Septett um Pello Bilbao (Bahrain Victorious) die Verfolgung aufnahm. Nun kehrte im Favoritenfeld erstmals Ruhe ein und man ließ die Lücke auf knapp zwei Minuten aufgehen. Das war die Chance für die abgehängten Bardet und Gaudu, die mit Hilfe ihrer Teams – allen voran Stefan Küng – mit Vollgas hinterherjagten und 110 Kilometer tatsächlich nochmal den Anschluss schafften.

Gaudu und Bardet kommen mit blauem Auge davon

Zu diesem Zeitpunkt lag das Zimmermann-Septett 30 Sekunden vor dem zweiten Septett um Bilbao und Julian Alaphilippe sowie zwei Minuten vor dem nun wieder rund 100 Mann umfassenden Hauptfeld. Als sich dann Kasper Asgreen in die Gruppe um seinen Teamkollegen Alaphilippe zurückfallen ließ, begann diese Boden gut zu machen und so waren 86 Kilometer vor dem Ziel 14 Ausreißer drei Minuten vor dem nun von Jumbo – Visma kontrollierten Hauptfeld beisammen.

Dort hinten aber waren seit dem Zusammenschluss der beiden Felder auch Philipsen und Mads Pedersen (Lidl – Trek)sowie Luka Mezgec (Jayco – AlUla) wieder dabei, so dass sich auf den letzten 70 Kilometern auch Alpecin – Deceuninck und Jayco – AlUla in die Nachführarbeit einschalteten und die Lücke zu verkleinern begannen. 55 Kilometer vor dem Ziel standen nur noch 2:20 Minuten für die Spitze auf der Uhr.

In der nun folgenden, 15 Kilometer langen Abfahrt an den Fuß des letzten 6-Kilometer-Anstiegs setzten sich Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) und Wout van Aert (Jumbo – Visma) zu zweit vom Hauptfeld ab und rückten auf 2:10 Minuten an die Spitze heran. Das Hauptfeld aber verlor in der Abfahrt deutlich an Boden und begann die Steigung zur Cote de la Chapelle-Marcousse mit nun wieder drei Minuten Rückstand nach ganz vorne. Das Thema Massensprint hatte sich damit nun erledigt.

Neilands reitet starkes Solo

An der Spitze bolzte nun Nick Schultz Tempo, bis 32 Kilometer vor Schluss sein Teamkollege Neilands attackierte und zum Solo ansetzte. Der Lette fuhr bis zur Bergwertung 28,5 Kilometer vor dem Ziel 35 Sekunden Vorsprung auf Bilbao, O'Connor, Zimmermann, Chaves und Pedrero heraus. 3:40 Minuten nach dem Spitzenreiter führte Ineos Grenadiers das Hauptfeld über die Kuppe, in das inzwischen auch van der Poel und van Aert wieder zurückgekehrt waren. Ineos mussten zu diesem Zeitpunkt um den vierten Gesamtrang von Carlos Rodriguez fürchten, weil Bilbao mehr als drei Minuten Vorsprung hatte.

Das Profil der 10. Etappe der Tour de France | Foto: ASO

In der Abfahrt zum Ziel in Issoire schrumpften die Abstände dann aber zusammen. Hinter Neilands holten die fünf Verfolger um Zimmermann Sekunde um Sekunde auf und an der 10-Kilometer-Marke waren nur noch 14 Sekunden Vorsprung übrig. Julian Alaphilippe (Soudal - Quick-Step), Michal Kwiatkowski (Ineos Grenadiers), Mattias Skjelmose (Lidl - Trek) und Warren Barguil (Arkéa - Samsic) folgten weitere 20 Sekunden dahinter und das Hauptfeld, wo nun wieder Jumbo – Vsma am Drücker war, bei 3:15 Minuten.

An der 3.000-Meter-Marke wurde Neilands von seinen fünf Verfolgern gestellt. Zimmermann führte das Sextett auf die letzten zwei Kilometer und als er dann ausscherte, um die Arbeit dem Nächsten zu überlassen, attackierte O'Connor. Er, Bilbao und Pedrero hatten kurz eine Lücke, die Zimmermann dann wieder schloss, um kurz vor der Flamme Rouge sofort selbst drüber zu attackieren. Nur Bilbao konnte dem Deutschen noch folgen und zu zweit erreichten sie die Zielgerade.

Dort pokerte der Baske und ging zwar nochmal vorbei, verschleppte dann aber das Tempo. 300 Meter vor Schluss waren die anderen Vier wieder dran, Zimmermann übernahm nochmal die Führung und eröffnete dann mit großem Gang von vorn seinen Sprint. Bilbao war mit kleinerem Gang explosiver, zog vorbei und siegte mit einer Radlänge Vorsprung vor dem Deutschen.

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