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22.07.2023 | (rsn) - Vor dem großen Finale auf den Pariser Champs-Élysées bildeten viele Tausende von Fans in den Vogesen auf der 20. Etappe von Belfort nach Le Markstein das Spalier für einen ihrer Helden. Seine zehnte Tour-de-France-Teilnahme ist die letzte für Thibaut Pinot (Groupama – FDJ), der jahrelang die Hoffnungen der Franzosen auf das Maillot Jaune schulterte, das Bernard Hinault vor mittlerweile 38 Jahren als letzter Franzose bis nach Paris bringen konnte.
Nur unweit vom Etappenstart in Lure geboren, war es der perfekte Abschluss für Pinot, in seiner Karriere bei der Grande Boucle viele große, aber auch ebenso viele bittere Momente erlebte. Mehrmals verhinderten Krankheiten und Verletzungen den ganz großen Coup. 2014 schaffte Pinot den Sprung auf das Podium in Paris, damals hinter Vincenzo Nibali und seinem Landsmann Jean-Christophe Peraud. Dreimal musste er aber, an aussichtsreicher Position liegend, das Rennen vorzeitig beenden.
Drei Etappensiege feierte Pinot, einen möglichen vierten wollte er bei sich bei seiner letzten Chance holen. So sprang der Kletterspezialist, der seit dem ersten Ruhetag an fast allen schweren Bergetappen in den Fluchtgruppen zu finden war, ein letztes Mal in diese. Und seine Fans erwarteten ihn schon an den sechs Anstiegen des Tages und sangen oder riefen lautstark immer wieder seinen Namen.
"Es war eine verrückte Stimmung da draußen. Thibaut hat alles probiert", wischte sich sein Team-Manager Marc Madiot eine Träne aus dem Auge. Auch für den Mentor und Entdecker des starken mittlerweile 33-Jährigen, der seine gesamte Karriere für das Team des Paris-Roubaix-Siegers von 1991 fuhr, war es weit mehr als nur eine Etappe.
"Ergebnisse stehen nur auf dem Papier. Das heute war aber wesentlich wichtiger und fühlte sich auch noch besser an", erklärte Pinot nach Rang sieben in Le Markstein und blickte auf die Szenen zurück, in denen er sich Pinot als alleiniger Führender durch die Menschenmassen zweckte. Wer Pinot einmal noch von dessen besten Seite erleben wollte, der war heute in den Vogesen genau richtig.
Rückenprobleme verhinderten in den letzten Jahren bessere Resultate, doch egal, ob für ein Bergtrikot, eine Etappe oder auch nur für die Auszeichnung des Kämpferischsten Fahrers, der Franzose fand immer wieder ein Ziel, für das er alles gab.
"Wir machen unseren Job für solche Momente", meinte Madiot und auch sein Schützling war sehr angetan vom Zuspruch, den er von den Tourfans erhielt. "Es war außergewöhnlich. Ich hatte heute ein unglaubliches Gefühl. Auf dem Petit Ballon war es verrückt, einfach unbeschreiblich", beschrieb Pinot seine Gänsehautmomente.
"Ich bin diese Etappe gefahren, um sie zu gewinnen und ich denke, dass es die richtige Taktik war. Aber mir haben einfach ein bisschen die Beine gefehlt, um bei der Gruppe mitzugehen, die die Etappe unter sich ausgemacht hat", meinte er mit Blick auf die beiden Überflieger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Jonas Vingegaard sowie Felix Gall (AG2R Citroen) sowie die Yates-Brüder Adam (UAE Team Emirates) und Simon (Jayco – AlUla).
Auch wenn es nicht der Sieg wurde, so erhielt Pinot in Le Markstein zumindest die Auszeichnung des Kämpferischsten Fahrers und durfte sich auch dem Publikum auf dem Podium noch einmal zeigen. "Ich hatte die besten Fans der Welt, ich wollte diese letzten Emotionen erleben. Hier bei der Tour auf dem Podium zu landen, ist unglaublich für mich", sagte Pinot.
Den Schlusstag wird er mit der Goldenen Rückennummer in Angriff nehmen, ehe es ein letztes Mal auf den Pariser Prachtboulevard gehen wird. Mit stolzer Brust und vielen Emotionen, so, wie die Radfans Pinot lieben gelernt haben. "Das alles geht weit über das Ergebnis hinaus, es ist mehr als nur ein Sieg", meinte der Groupama-Profi und fügte an, dass er mit der 110. Tour de France, die er wohl als Gesamtelfter abschließen wird, zufrieden ist: "Ich bin auch froh, auf einem so hohen Niveau abzuschließen und dass ich bei meiner letzten Tour de France ein Aktivposten war."