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29.09.2025 | (rsn) – Es war eine schnelle Nummer. Das Rennen an sich einerseits. Knapp 270 Kilometer mit 5500 Höhenmetern. 6:21 Stunden benötigte Weltmeister Tadej Pogacar dafür. Trotz enormer Länge und Höhenmetern wie in kaum einem anderen Rennen der Saison stand am Ende ein Schnitt von 42 km/h. Andererseits ist aber auch die Geschwindigkeit ähnlich beeindruckend, die Pogacar danach an den Tag legte.
16:07 Uhr überquerte er als Sieger die Ziellinie. Mindestens eine halbe Stunde früher als eigentlich erwartet. Gegen 17:15 Uhr endete die offizielle Pressekonferenz. Danach stand noch die Dopingkontrolle auf dem Programm, irgendwann muss er auch noch geduscht haben. Denn als er 18:40 Uhr gemeinsam mit Urska Zigart am Flughafen von Kigali beim Check-in gesehen wurde, war von der Rennklamotte nichts mehr übrig. Zwischen dem Convention Centre Kigali, wo die gesamte Prozedur durchgeführt wurde, und dem Airport liegen bei durchschnittlicher Verkehrslage gut 20 Minuten. Zweieinhalb Stunden nach seiner Goldfahrt hatte Pogacar eingecheckt.
Die Flugbewegungen vom Airport Kigali sind übersichtlich. Die erste und wahrscheinlichste Möglichkeit wäre ein Flieger über Entebbe im nahen Uganda nach Brüssel kurz nach 20 Uhr gewesen. Noch in der gleichen Stunde ging einer nach Amsterdam, etwas später am Abend noch einer direkt nach London. Welcher es letztlich auch immer war - das Motto lautete: schnell weg.
Dabei war doch alles toll, er hat seine Zeit in Ruanda genossen. Das betonte er in der WM-Woche, wann immer er danach gefragt wurde, auch nochmal auf der Pressekonferenz nach seinem Rennen: die Menschen, das Land, die Strecken, natürlich auch das Team – alles “amazing“. Allerdings hat Pogacar schon im Sommer nach der Tour de France offenbart, dass ihn die Versuche, es jedem recht zu machen, mehr auslaugen als so manches schwere Rennen.
Was Pogacar will, sind ein paar ruhige Tage mit seiner Verlobten, fernab vom Trubel. Die werden dieses Mal aber kürzer ausfallen, denn schon am kommenden Sonntag steht das EM-Straßenrennen auf dem Plan. Vom Profil her wird das eine Light-Variante von Kigali. Die Konkurrenzsituation ist dagegen – auch wenn es anfangs überhaupt nicht danach aussah – noch eine Nummer größer. Denn neben Remco Evenepoel, der sicher schon an der Revanche-Revanche arbeitet, wird sich auch Jonas Vingegaard einmischen, denn der Däne zeigt sich erstmals seit U23-Zeiten wieder im Nationaltrikot. Pogacar wird also performen müssen.
Daran, dass er dazu in der Lage ist, besteht absolut kein Zweifel. Das bewies die überaus dominante Vorstellung im Straßenrennen von Kigali, falls denn wegen seines Zeitfahrens jemals Zweifel daran bestanden. Sattel-Probleme bei Evenepoel hin oder her. Dass der Belgier ohne das Schlagloch vor dem Mont Kigali mit Pogacar hätte ernsthaft konkurrieren können, ist zu bezweifeln. Natürlich sagte Pogacar hinterher: “Die Anstiege wurden immer schwerer, und selbst bei den Abfahrten musste ich mich sehr anstrengen, sodass meine Energie in den späteren Runden deutlich nachließ. Dann fängt man an, an sich selbst zu zweifeln, aber durchzuhalten ist die einzige Option.“ Selbstverständlich war das Rennen hart, es war ja auch “einer der schwersten Kurse der WM-Geschichte“.
Sagt er es nicht, kommen ganz andere Fragen auf den Tisch. Leidend, geschwächt, erschöpft oder gar nah dran, einzubrechen, wirkte der 27-Jährige jedenfalls nicht. Weder sein Gebaren auf dem Rad noch im Ziel deuteten in irgendeiner Form darauf hin. Im Gegenteil: Pogacar hätte noch den einen oder anderen Zahn zulegen können, wenn er denn gemusst hätte. Aber auch mit gemäßigtem Effort hielt er den Abstand zum knautschenden Evenepoel konstant, nachdem der sich von seinen letzten beiden Begleitern Ben Healy und Mattias Skjelmose in der vorletzten Runde gelöst hatte.
“Die Titelverteidigung auf dieser Strecke war eines der großen Ziele in meiner Saison“, sagte der alte und neue Weltmeister. Welcher von beiden Siegen denn nun schöner war, vermochte er nicht zu sagen. “Beide sind besonders. Letztes Jahr war es mein erster Titel, das war ein tolles Gefühl. Aber etwas zu verteidigen ist immer schwerer, als etwas zu gewinnen. Deswegen ist auch dieser jetzt sehr viel wert.“ Der jüngste Titel hat ihm allerdings auch noch einen neuen Rekord beschert. Denn auch Eddy Merckx hat es nicht geschafft, das Double aus Tour-de-France und Weltmeisterschaft zu verteidigen.