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15.06.2016 | (rsn) – Nachdem er beim Giro d’Italia mehrmals dicht dran war an einem Etappensieg, hat Darwin Atapuma (BMC) auf der ersten Bergetappe der 80. Tour de Suisse alle Konkurrenten hinter sich gelassen. Der 28-jährige Kolumbianer entschied das nur 126,4 Kilometer lange Teilstück von Brig zur Bergankunft in Cari als Ausreißer mit vier Sekunden Vorsprung auf den Franzosen Warren Barguil (Giant-Alpecin) für sich und feierte den größten Erfolg seiner Profikarriere. Zuvor waren dem Kletterspezialisten Etappensiege beim Giro del Trentino 2012 und der Polen-Rundfahrt 2013 gelungen.
“Es war eine sehr schwere Etappe, aber ich habe es im Finale versucht und bin über meinen Sieg sehr glücklich“, kommentierte Atapuma seinen Solo-Sieg, den er seiner im vergangenen Jahr verstorbenen Mutter widmete. Der BMC-Profi hatte sich nach gut der Hälfte des elf Kilometer langen und acht Prozent steilen Schlussanstiegs aus der zu diesem Zeitpunkt noch vierköpfigen Spitzengruppe gelöst und ließ sich auch nicht mehr von Barguil einholen, der auf dem Schlusskilometer aus der Favoritengruppe heraus eine zu später Aufholjagd gestartet hatte.
Dritter in Cali wurde mit sieben Sekunden Rückstand sein Landsmann Pierre Latour (Ag2R), der dank der Zeitbonifikation von vier Sekunden neuer Gesamtführender ist. "Auch ich war überrascht, dass ich das Leadertrikot übernehmen konnte. Für mich stellt dies eine große Ehre dar. Wir sind mit einer starken Equipe hier, aber ich bin mir gar nicht sicher, ob ich an den kommenden Tagen die Führungsposition verteidigen kann“, meinte der erst 22-jährige Latour, der vergangenes Jahr die 4. Etappe der Tour de l’Ain für sich entscheiden konnte und der in diesem Frühjahr das Critérium International als Gesamtzweiter beendete.
Zeitgleich mit dem Klettertalent belegt Wilco Kelderman (LottoNl-Jumbo) Platz zwei des Gesamtklassements. Der Niederländer kam als Fünfter neun Sekunden hinter Atapuma ins Ziel. Rang vier sicherte sich BMC-Kapitän Tejay van Garderen (+0:09), der mit einer späten Attacke auf den letzten beiden Kilometern seinen Teamkollegen noch in Bedrängnis brachte.
Mit zwölf Sekunden Rückstand kam der Vorjahreszweite Geraint Thomas (Sky) auf Rang sechs vor dem zeitgleichen US-Amerikaner Andrew Talansky (Cannondale) ins Ziel. Weitere vier Sekunden dahinter wurde der dreimalige Gesamtsieger Rui Costa (+0:16/Lampre–Merida) Achter vor dem Astana-Duo Michele und Miguel Angel Lopez ( beide +0:16/Astana). Titelverteidiger Simon Spilak (Katusha) konnte im Finale des bis zu elf Prozent steilen Anstiegs nach Cari dem Tempo nicht mehr folgen und wurde mit 32 Sekunden Rückstand Elfter.
Schlechter als dem Slowenen erging es dem Vorjahreszweiten Mathias Frank (IAM). Die Hoffnung der Schweizer handelte sich sogar 1:21 Minuten Rückstand ein und liegt als Sechzehnter des Gesamtklassements bereits 1:38 Minuten hinter dem gelben Trikot. Simon Geschke (Giant-Alpecin) fiel schon früher in der Schlusssteigung zurück und kam mit mehr als sechs Minuten Rückstand auf Position 38 ins Ziel.
In der Gesamtwertung bleibt es nach der ersten schweren Kletterprüfung, bei der auch der Furkapass (2.436m) und der Gotthard (2.102m) bewältigt werden musste, nicht nur auf den ersten beiden Positionen spannend. Thomas machte sieben Plätze gut und hat als neuer Dritter nur fünf Sekunden Rückstand auf die Spitze, gefolgt von Barguil (+0:16), van Garderen (+0:18) und Talansky (+0:19).
Antwan Tolhoek (Roompot) verteidigte durchaus überraschend einen weiteren Tag sein Bergtrikot. Der Niederländer war wie der spätere Etappengewinner in der zunächst 24-köpfigen Spitzengruppe dabei, die sich schon auf den ersten Kilometern bildete, vom Feld aber an der kurzen Leine gehalten wurde und einen Maximalvorsprung von rund 2:30 Minuten zugerstanden bekam. Tolhoek sicherte sich als Erster am Gipfel des Furkapasses (HC) 20 Punkte vor Atapuma, der sich dafür am Gotthard (1. Kat.) revanchierte, wo er mit einer Attacke kurz vor der Bergwertung nicht nur die Maximalpunktzahl abgriff, sondern auch die bereits kleiner gewordene Fluchtgruppe endgültig sprengte.
Letztlich erreichten mit Atapuma noch sein Landsmann Winner Anacona (Movistar), der Eritreer Natnael Berhane, der Weißrusse Konstantin Siutsou (beide Dimension Data), der Franzose Hubert Dupont (Ag2R), der Slowene Jan Polanc (Lampre-Merida) und der Belgier Tim Wellens (Lotto Soudal), der beide Zwischensprints des Tages gewann, den Fuß des letzten Berges.
Allerdings betrug der Vorsprung dieser Gruppe nur noch rund eine Minute. Verantwortlich dafür war vor allem die Tempoarbeit von Team Sky, das sich auf den letzten gut 20 Kilometern in fast voller Mannschaftsstärke vor das Feld gespannt hatte. Bereits in den ersten der insgesamt 22 Kehren des Schlussanstiegs attackierten nacheinander Wellens, Berhane und Anacona abwechselnd, wodurch die Gruppe schnell zerfiel. Doch es war dann die Attacke des Giro-Neunten Atapuma, der 6,5 Kilometer vor dem Ziel keiner der Konkurrenten mehr folgen konnte.
Aus der Favoritengruppe drohte zwar nochmals durch Barguil Gefahr, doch Atapuma kämpfte sich mit letzter Kraft und einigen Metern Vorsprung ins Ziel und konnte nach einem zweiten, einem dritten und einem vierten Etappenplatz bei der Italien-Rundfahrt endlich seinen ersten Sieg seit knapp drei Jahren feiern.