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25.05.2021 | (rsn) – Der verkürzte Schechtwetter-Tag in den Dolomiten stellte für Remco Evenepoel (Deceuninck – Quick-Step) den endgültigen Abschied von all seinen Ambitionen in der Gesamtwertung des Giro d'Italia dar. Nachdem er schon in der Toskana am vergangenen Mittwoch Zeit einbüßte, dann Samstag am Monte Zoncolan ernsthaftere Probleme bekam und auf Rang acht abrutschte, explodierte Evenepoel am Montag am Passo Giau so richtig. 24:05 Minuten nach Etappensieger Egan Bernal (Ineos Grenadiers), dessen ärgster Verfolger er vor einer Woche noch war, überquerte der Belgier in Cortina d'Ampezzo das Ziel.
"Wir wussten, dass das passieren konnte. Ich hatte einen kompletten 'Off-Day'. Das ist nichts, wofür ich mich schämen müsste", erklärte der Youngster nach dem Duschen am Teambus von Deceuninck – Quick-Step. "Jemand der nur zwei Monate richtig trainiert hat, kann nicht erwarten, in Top-Form für ein dreiwöchiges Etappenrennen zu sein." Erst im Februar hatte sich der Belgier endgültig richtig von seinem Beckenbruch erholt, den er bei Il Lombardia im letzten August erlitten hatte.
Das Vorhaben, an seinem Grand Tour-Debüt festzuhalten und dort sogar auf ein Ergebnis im Gesamtklassement zu zielen, schien daher von vorne herein aberwitzig zu sein. Doch weil sich Evenepoel in der ersten Woche sehr gut schlug und als Gesamtzweiter mit nur zwölf Sekunden Rückstand aufs Rosa Trikot von Bernal in den ersten Ruhetag ging, wuchsen die Erwartungen.
Schon dort, vor einer Woche in der Toskana, hatte Evenepoel aber gewarnt: Am zweiten Ruhetag könne alles schon anders aussehen und er auf Rang zehn liegen. Er wisse schließlich nicht, wie sein Körper auf die Belastung einer so langen Rundfahrt reagiere. Nun hat sich das nicht nur bestätigt, es kam sogar noch heftiger: Evenepoel ist auf Rang 19 abgestürzt und kann die Gesamtwertung fortan ignorieren. Selbst zum zehnten Platz seines Teamkollegen Joao Almeida fehlen bereits 18 Minuten.
Reicht die Kraft für die Jagd auf einen Tagessieg?
"Ich habe das Gefühl, dass die Kraft weniger und weniger wird. Die Auswirkungen dessen, was ich jeden Tag leisten muss, summieren sich. Das ist alles Teil des Lernprozesses, den ich mit ins nächste Jahr nehme", so Evenepoel, der genau deshalb auch nicht daran denkt, den Giro nun aufzugeben. Er will bis Mailand durchfahren.
Man darf wohl erwarten, dass sich der Belgier am Ruhetag und auch am Mittwoch bei der nächsten Bergankunft etwas zurücknimmt und zu schonen versucht. Doch es ist auch nicht ausgeschlossen, dass er noch einmal auf Etappensieg fährt. Die 18. Etappe am Donnerstag mit kürzeren Anstiegen im Finale könnte etwas für ihn sein – und natürlich auch das Abschlusszeitfahren in Mailand, wenn er sich vorher gut erholen kann. Davon wird nun alles abhängen.
"Ich liege jetzt eine halbe Stunde zurück und bekomme somit bestimmt etwas Luft", meinte er mit Blick auf Ausreißversuche. "Aber ich muss erstmal abwarten, wie ich mich in den nächsten Tagen fühle. Wenn ich schon am Etappenstart müde bin, ist es sinnlos."