Taktischer Fehler löst emotionale Lawine aus

Lopez verliert Podium und verlässt frustriert die Vuelta

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Lopez verliert Podium und verlässt frustriert die Vuelta"
Miguel Angel Lopez (Movistar) | Foto: Cor Vos

04.09.2021  |  (rsn) – Noch am Donnerstag auf dem Altu d'El Gamoniteiru war Miguel Angel Lopez (Movistar) obenauf: Der Kolumbianer gewann die 18. Vuelta-Etappe und sicherte damit seinen dritten Gesamtrang ab. Das Podium in Santiago de Compostela schien ihm kaum mehr zu nehmen zu sein. 48 Stunden später aber steht Lopez überhaupt nicht mehr in den Ergebnislisten dieser 76. Spanien-Rundfahrt. Doch der Kolumbianer ist nicht schwer gestürzt, sondern hat die Vuelta am Samstagnachmittag völlig frustriert aus freien Stücken aufgegeben.

Während die Spitze des Rennens die Schlusssteigung zum Castro de Herville in der Provinz Mos hinaufkletterte, machte die Meldung die Runde: Lopez habe angehalten, stehe am Straßenrand und diskutiere mit seinem Sportlichen Leiter Patxi Vila. Kurz darauf hieß es, er habe aufgegeben. Dann gab es zwar noch Meldungen, er sei doch nochmal aufs Rad gestiegen. Doch als Etappensieger Clement Champoussin (Ag2r – Citroen) im Ziel seinen Erfolg feierte, wurde klar: Lopez ist raus. TV-Kameras hielten fest, wie er mit dem Smartphone telefonierend in den Movistar-Teamwagen einstieg. Irgendwo am Rande einer kurvigen Landstraße in Galizien.

Doch was war passiert? Bis 60 Kilometer vor dem Ziel der letzten Vuelta-Mittelgebirgsetappe lief alles nach Plan. Lopez und sein Teamkollege Enric Mas, Gesamtzweiter, saßen in der von Ineos Grenadiers mit Höllentempo angeführten Favoritenfeld und sah souverän aus. Ineos machte zwar deutlich, dass man mit Egan Bernal oder Adam Yates noch angreifen wolle. Und auch eines Vorstoßes von Jack Haig (Bahrain Victorious), Lopez' ärgstem Verfolger, durfte man sich sicher sein. Doch es gab kein Anzeichen, dass das ein Problem sein könnte.

Als dann rund drei Kilometer vor dem Gipfel des Alto de Mougás (1. Kategorie), der 56 Kilometer vor dem Ziel überquert werden sollte, der Gesamtsechste Adam Yates und der Fünftplatzierte Bernal nacheinander attackierten, änderte sich daran zunächst auch nichts. Die Favoriten konnten alle folgen. Dann aber beschleunigte Yates rund zwei Kilometer vor der Bergwertung nochmal – und es kam zum Taktik-Blackout bei Movistar.

Roglic sprang mit, Mas sprang mit, Haig und sein Helfer Gino Mäder sprang mit – aber Lopez blieb sitzen, und an seinem Hinterrad auch Landsmann Bernal. Doch in der Gruppe um die beiden Kolumbianer war niemand mehr, der Interesse hatte, die gerade entflohenen Kontrahenten zu jagen, und so war es plötzlich an Lopez allein, die Nachführarbeit zu leisten. Während vorne Mäder Vollgas gab und die anderen davonzog, haderte Lopez hinten und verlor Sekunde um Sekunde.

Der Abstand wurde in der Abfahrt immer größer, und unten im Tal angekommen wackelte Lopez' Podestplatz gehörig. Haig zog virtuell an ihm vorbei und weil die Situation in dieselbe Richtung weiterlief, brach nun Lopez' Moral, da ihm noch immer niemand helfen wollte. Seine Gruppe nahm raus und das Podium war endgültig weg. Rasch wuchs die Lücke auf über drei, bald sogar vier Minuten an.

Was danach geschah, zeigten die TV-Bilder nicht mehr. Doch der emotionale Lopez muss ob seiner hoffnungslosen Situation am Boden zerstört gewesen sein. So hielt er an und ließ sich schließlich auch von Movistar-Sportdirektor Vila nicht mehr davon überzeugen, dass auch eine Top-Ten-Platzierung bei der Vuelta noch etwas wert sei. Lopez gab frustriert auf – frustriert, wegen einem Moment der taktischen Unachtsamkeit rund 58 Kilometer vor dem Ziel am Alto de Mougás, die ihn sein Vuelta-Podium kostete.

Blieb am Abend nur eine Frage: Hatte Lopez allein den Moment verpennt, oder hatte auch die Teamleitung im entscheidenden Moment eine schlechte Anweisung durchgegeben?

Der Moment, als Lopez ins Auto stieg:

Mehr Informationen zu diesem Thema

22.10.2021Lopez: “Movistar schafft bestimmte Dinge nicht gut“

(rsn) - Erstmals seit seinem vorzeitigen Weggang von Movistar hat sich Miguel Angel Lopez öffentlich gegenüber spanischsprachigen Medien zu den Umständen der Trennung geäußert. Movistar und Lopez

18.09.2021Bestätigt: Lopez verlässt Movistar nach Vuelta-Eklat

(rsn) – Nun ist offiziell, was sich in den vergangenen zwei Wochen seit dem Ende der Vuelta a Espana immer mehr andeutete: Miguel Angel Lopez wird das spanische Team Movistar verlassen. Wie sein Arb

07.09.2021Roglic ist der erste, der Romingers Serie einstellen konnte

(rsn - Bis zu Primoz Roglic‘ drittem Vuelta-Gesamtsieg in Folge war der Schweizer Tony Rominger alleiniger Rekordsieger der Spanienrundfahrt. Zwar hatte Roberto Heras das Rennen in den Jahren 2000,

06.09.2021Lopez war rücksichtslos gegenüber seinen Teamkollegen

(rsn) - Der Fall Miguel Angel Lopez (Movistar) hat für heftige Diskussion in der Szene gesorgt. Wie ist es zu bewerten, dass der 27-jährige Kolumbianer aus Trotz während der vorletzten Etappe der V

06.09.2021Mäder: “Das Ergebnis ist vielleicht etwas zu gut ausgefallen“

(rsn) - Für die Vuelta a Espana hatte sich das Team Bahrain Victorious große Ziele gesteckt. Mikel Landa sollte nach seinem sturzbedingten Ausscheiden beim Giro d`Italia nun in seiner spanischen He

06.09.2021Lopez-Aus: Unzue kritisiert scharf, zeigt aber auch Verständnis

(rsn) – Movistar-Teamchef Eusebio Unzué hat sich im spanischen Radio am Sonntag erstmals öffentlich zum Ausstieg seines Schützlings Miguel Angel Lopez bei der Spanien-Rundfahrt am Samstag geäuß

06.09.2021Roglic: körperlich, mental und taktisch in neuen Dimensionen

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo – Visma) war bei dieser Vuelta ein viel beschäftigter Mann. Im Rennen, aber auch noch nach dem Rennen. Während auf dem Platz vor der Kathedrale von Santiago de Compost

06.09.2021Großschartner: “Man gewinnt oder man lernt daraus“

Nach drei Wochen bei der Vuelta a Espana wollte Felix Großschartner im Bus zufrieden mit seiner Leistung sein. Das gab der Österreicher im Trikot von Bora – hansgrohe vor dem Auftakt der Rundfahrt

06.09.2021Video-Highlights zur 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) – Mit dem erwarteten Zeitfahr-Triumph von Gesamtsieger Primoz Roglic (Jumbo – Visma) ist die 76. Vuelta a Espana am Sonntag in Santiago de Compostela zu Ende gegangen. Beeindrucken konnte ab

05.09.2021Roglic kannte bei seinem 3. Vuelta-Triumph keine Gnade mit Mas

(rsn) – Sein Sieg kam nur wenig überraschend; Primoz Roglic (Jumbo – Visma), der Goldmedaillengewinner von Tokio im Zeitfahren, hat mit seinem Triumph im Kampf gegen die Uhr in Santiago de Compos

05.09.2021Roglic gewinnt Zeitfahren und feiert 3. Gesamtsieg in Folge

(rsn) - Primoz Roglic (Jumbo – Visma) hat auch im abschließenden Zeitfahren der Vuelta a Espana seine Überlegenheit mit einem deutlichen Sieg demonstriert. Der Slowene überholte kurz vor dem Ziel

05.09.2021Palzer: “Ich habe noch nie so viel leiden müssen“

(rsn) - Es war ein völlig neues Kapitel seiner Karriere, dass Anton Palzer vor drei Wochen in Burgos aufschlug und nun in Santiago de Compostela erfolgreich abschloss. Der 28-Jährige, der im April a

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Kehrt der Intergiro bei der Italien-Rundfahrt zurück?

(rsn) - Auf einigen der von der RCS veröffentlichen Profilen der Italien-Rundfahrt taucht der Intergiro zum ersten Mal seit 2005 wieder auf. Der Intergiro ist eine Sonderwertung, bei dem die Zeit all

19.04.2024Skjelmose erklärt seine Unterkühlung beim Flèche Wallonne

(rsn) - "Skjelmose wird hier gerade vom Rad getragen und ist vollkommen am Zittern. Komplett kalt. Komplett im Arsch", hieß es nach einem Augenzeugenbericht unseres Mannes vor Ort am Mittwoch in unse

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder R

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

18.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

18.04.2024Belgrade Banjaluka: Ausreißer Albrecht zum Auftakt Zweiter

(rsn) – Zum Auftakt von Belgrade Banjaluka (2.2) hat das Team P&S Metalltechnik – Benotti einen starken Auftritt hingelegt. Auf der 140 Kilometer langen 1. Etappe zwischen Belgrad und Bijeljina b

18.04.2024Auf der Königsetappe macht Carr die schwachen Tage vergessen

(rsn) – Mit einem Soloritt über rund 30 Kilometer hat sich Simon Carr (EF Education – EasyPost) die Königsetappe der 47. Tour of the Alps (2.Pro) gesichert. Der 25-jährige Brite setzte sich üb

18.04.2024Hartmann: Aus “nur durchkommen“ wurden 74 km an der Spitze

(rsn) – Elena Hartmann bekam ihre völlig durchnässten Handschuhe kaum mehr von ihren frierenden Fingern. Als die 33-Jährige vom Team Roland oben auf der Mur de Huy 5:41 Minuten nach Siegerin Kata

18.04.2024Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll

(rsn) – Zwei Rennen unter Extrembedingungen hart an der Grenze des Schlechtwetterprotokolls der UCI bot der Flèche Wallonne am Mittwoch: Nachdem beim Start der Männer um 11:15 Uhr in Chareleroi no

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)
  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)