Bora-Profi stürzt in letzter Abfahrt

Nur Costa verhindert Kämnas zweiten Vuelta-Etappensieg

Von Kevin Kempf

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Rui Costa (Intermarché – Circus – Wanty) sprintet zum Etappensieg. | Foto: Cor Vos

10.09.2023  |  (rsn) – Angriffe, Stehversuche und ein Sturz: das Finale der 15. Etappe der 78. Vuelta a Espana war an Spannung kaum zu überbieten – und am Ende schlug Rui Costa (Intermarché – Circus – Wanty) Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) und Santiago Buitrago (Bahrain Victorious) im Dreiersprint um den Tagessieg. Nach 158 Kilometern zwischen Pamplona und Lekunberri wurde Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) mit zwei Sekunden Rückstand Vierter vor Andreas Kron (Lotto – Dstny). Die Favoriten blieben zusammen, Sepp Kuss (Jumbo – Visma) verteidigte das Rote Trikot.

Zehn Jahre nach seinen beiden Etappensiegen bei der Tour de France feierte Costa seinen dritten Tageserfolg bei einer Grand Tour. “Das Team hat immer an mich geglaubt. Dieser Sieg bei der Vuelta ist für die Mannschaft und mich sehr wichtig. Ich bin einfach glücklich!“, freute sich der 36-Jährige im Ziel-Interview.

Der Routinier pokerte im Finale und wollte lange Zeit nicht mit Buitrago und später auch mit Kämna mitfahren. Den Deutschen lockte er auf der Zielgeraden durch ein schlaues Manöver in die erste Position, aus der es für Kämna nur noch zum zweiten Rang reichte.

Zuvor war der 27-Jährige seinem zweiten Etappensieg bei dieser Spanien -Rundfahrt sehr nah. Im letzten Anstieg fuhr er aus der Verfolgergruppe allein die Lücke zu Costa und Buitrago zu. In der Abfahrt raste er dem taktierenden Duo sogar davon, bis er in einer Kurve stürzte. Weil die beiden Spitzenreiter sich danach nur anguckten, bekam der Bora-Profi auf den letzten 1100 Metern eine zweite Chance.

Neben Kämna war auch Denz in der Gruppe des Tages. Das Bora-Duo war mit seinem Teamkollegen Emanuel Buchmann zuvor bereits bei einem anderen Fluchtversuch vertreten, der allerdings gejagt und gestellt wurde, als Bora-Kapitän Aleksandr Vlasov mit drei weiteren Klassementfahrern vorfuhr. Cian Uijtdebroeks, der zweite Kapitän der Raublinger, hatte in dieser Phase Probleme, kam letztendlich aber mit den anderen Favoriten ins Ziel.

Der bestimmende Fahrer des Rennens war erneut Evenepoel, der mehrere Gruppen initiierte, den Löwenteil der Führungsarbeit leistete und letztendlich Tagesvierter wurde. Unterwegs sammelte er acht Bergpunkte, wodurch er seine Führung in dieser Wertung ausbaute. Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck) kam mit den Favoriten als Zwölfter ins Ziel und behauptete die Spitzenposition im Punkteklassement, in dem Evenepoel mit 73 Zählern Rückstand Zweiter ist. Der Gesamtvierte Juann Ayuso (UAE Team Emirates) bleibt der beste Nachwuchsfahrer.

So lief die 15. Etappe der Vuelta a Espana:

Keinen Kilometer konnte Evenepoel am Tag nach seinem Etappensieg die Beine stillhalten. Mit Andreas Kron (Lotto – Dstny) und Matevz Govekar (Bahrain Victorious) setzte er sich vom Feld ab. Der Vorstoß wurde nach fünf Kilometern vereitelt.

Danach dauerte es circa 60 Kilometer bis sich am ersten Anstieg des Tages wieder Fahrer nennenswert absetzen konnten. Wieder war Evenepoel dabei, am Puerto de Lizzaraga (3.Kat.) begleiteten ihn Buitrago und Juan Pedro (Lidl – Trek). Zwanzig Athleten mit unter anderem Lennard Kämna, Emanuel Buchmann, Nico Denz (alle Bora – hansgrohe) und Jason Osborne (Alpecin – Deceuninck) verstärken das Trio schnell. Im Feld sprangen nun die Favoriten hinterher. Zunächst Marc Soler (UAE Team Emirates) und Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), kurz danach auch Enric Mas (Movistar) und Vlasov.

Das Streckenprofil der 15. Etappe der Vuelta a Espana | Foto: Veranstalter

Mit noch 90 zu fahrenden Kilometern gelang dieses Quartett der Anschluss an die Ausreißer. Das Feld teilte sich, wobei Uijtdebroeks sich im zweiten Teil wiederfand. Jumbo – Visma vereitelte den Putschversuch 85 Kilometer vor dem Ziel.

Evenepoel, immer wieder Evenpoel

Den Moment des Zusammenschlusses nutzte Evenepoel zum nächsten Angriff. Mit Costa und Cristian Rodriguez (Arkéa – Samsic) fuhr er erneut weg. Kämna und Buitrago kamen drei Kilometer später ran, während der junge Teamkollege des Fischerhuders wieder zu den anderen Favoriten vorfuhr. Zehn weitere Verfolger mit unter anderem Denz, Einer Rubio (Movistar) und Andreas Kron (Lotto – Dstny) verstärkten das Spitzenquintett 66 Kilometer vor dem Ziel. Jumbo – Visma war zufrieden mit dieser Situation und ließ die Ausreißer ziehen, während Evenepoel sich die drei Bergpunkte sicherte.

Viel Vorsprung wurde den Fünfzehn nicht gegönnt. Den Puerto de Zuarrarrate (2.Kat.) 44 Kilometer vor dem Ziel erreichten sie mit 2:30 Minuten vor dem Peloton. Dort zog Evenepoel an und teilte damit die Gruppe. Unter anderem Denz konnte nicht mitgehen. Im Gegensatz zu fünf anderen Profis kehrte der zweifache Etappensieger bei der Italien-Rundfahrt aber wieder zurück zur noch zehnköpfigen Spitzengruppe, die ihren Vorsprung im Berg um eine Minute ausbauen konnte. Evenepoel sicherte sich 38 Kilometer vor dem Ziel erneut die Bergpunkte.

Kurz vor dem letzten Anstieg war das Peloton geschlagen. Vorn begannen nun die taktischen Spielchen. Jimmy Janssens (Alpecin – Deceuninck) löste sich 17 Kilometer vor dem Ziel. Er wurde von Denz und Costa verfolgt. Als die zweite Passage am Puerto de Zuarrarrate (2.Kat.) angegangen wurde, konnte der Deutsche dem Portugiesen, der zum Belgier aufschloss, nicht mehr folgen. Während Janssens ebenfalls zurückfiel, fuhr Buitrago vor.

Evenepoel kann nicht mehr mitgehen

Bei den Verfolgern blieb die meiste Arbeit an Evenepoel hängen. Vorn sah die Situation ähnlich aus, denn Costa hing nur am Hinterrad von Buitrago. Der aber schlug ein so hohes Tempo an, dass die Verfolgergruppe zunächst auf 30 Sekunden zurückfiel. Zehn Kilometer vor dem Ziel erkannte Kämna die Situation. Er griff an und sowohl Evenepoel als auch dessen Begleiter konnten dem Bora-Profi nicht folgen.

Der Angriff des Deutschen motivierte daraufhin Costa zur Mitarbeit an der Spitze des Rennens. 9,1 Kilometer vor dem Ziel hatte Kämna die Lücke mit noch 700 ansteigenden Metern geschlossen. Er zog direkt weiter, doch er konnte nicht auf Unterstützung seiner Kontrahenten zählen. Es folgten einige Attacken und kurz vor der Bergwertung setzte Buitrago sich etwas ab.

25 Sekunden hinter dem Trio kamen die Verfolger. Costa führte Kämna in der Abfahrt wieder an den Spitzenreiter heran. Nun wurde erneut gepokert, während Evenepoel - mit den anderen Verfolgern meist weiterhin an seinem Hinterrad - voll durchzog.

Mit noch 4,5 zu fahrenden Kilometern griff Kämna an. Costa verschanzte sich hinter Buitrago, der die Lücke bergab aber nicht schließen konnte. Der Deutsche behauptete einen kleinen Vorsprung, bis er drei Kilometer in einer Kurve von der Straße abkam und stürzte. Er sprang schnell auf und machte sich auf die Verfolgung der beiden Führenden, die sich nicht einig wurden und die Beine stillhielten.

So kam Kämna 1100 Meter vor dem Ziel wieder heran. Nun machten sie zu dritt fast Stehversuche. Costa schien zuerst die Nerven zu verlieren, doch er nahm wieder raus, wodurch der Deutsche in erster Position landete. 150 Meter vor dem Ziel begannen Buitrago von hinten und Kämna von vorn zu sprinten. Costa ließ sich vom Bora-Profi ziehen, ging im letzten Moment aus dessen Windschatten und überholte ihn noch. Evenepoel gewann zwei Sekunden später den Spurt um Platz vier. Die Favoriten fuhren gemeinsam ins Ziel.

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