RSNplusDrei vierte Plätze bei den Klassikern

Siegermentalität eingebüßt? Van Aerts neue Frühjahrsrealität

Von Jan Zesewitz

Foto zu dem Text "Siegermentalität eingebüßt? Van Aerts neue Frühjahrsrealität"
Wout Van Aert (Visma - Lease a Bike) wartet noch immer auf seinen ersten Saisonsieg. | Foto: Cor Vos

21.04.2025  |  (rsn) – 2, 4, 4, 2, 4. Das sind die Ergebnisse von Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) in diesem April. Es ist eine bittere Liste für den Siegfahrer, beide zweite Plätze belegte er in einem Sprint a deux, bei dem er auf dem Papier der endschnellere Fahrer sein sollte: bei Dwars door Vlaanderen (1.UWT) gegen Neilson Powless (EF Education – EasyPost), beim Pfeil von Brabant (1.Pro) gegen Remco Evenepoel. Und die vierten Plätze stammen von den Monumenten Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix sowie vom Amstel Gold Race am Sonntag.

Normalerweise gewinnt der Belgier im Frühjahr Rennen, in den vergangenen fünf Jahren musste man den Kalender nie bis April umblättern, um seinen ersten Saisonsieg anzusehen. Dieses Jahr ist etwas anders, die Klassiker-Saison ist für van Aert beendet – ohne Sieg. “Ein Sieg fehlt mir, ansonsten bin ich sehr zufrieden mit meiner Frühjahrskampagne. Ich war überall vorn dabei“, sagte er nach dem vierten Platz beim Amstel Gold Race (1.UWT). ___STEADY_PAYWALL___

Eine „Glas-halb-voll“-Sicht auf das Frühjahr, und sicherlich nicht falsch. Mit dieser Ergebnis-Folge wären 95 Prozent der WorldTour-Fahrer wohl extrem zufrieden, nach einem schwächeren Start war er rechtzeitig zu den Kopfsteinpflaster-Monumenten in Form und nahe an der Entscheidung dran. Das wünschen sich viele Profis – aber doch nicht Wout van Aert.

Zufrieden trotz Enttäuschungen

“Ich schließe die Klassiker mit einem guten Gefühl ab. Heute muss ich mit dem vierten Platz zufrieden sein, aber ich bin das für mich bestmögliche Rennen gefahren“, sagte van Aert gegenüber Eurosport nach dem Amstel Gold Race. Ein Eindruck, der verschiedene Dinge zeigt: Betrachtete man den 30-Jährigen in diesem Frühjahr, so hatte man nicht den Eindruck, er liefe seiner Form komplett hinterher. Er sah meistens sehr gut auf dem Rad aus – aber eben nicht wie van Aert.

Zudem sollte seine Aussage bei aller lobenswerten Positivität ein Alarmzeichen sein. Mit vierten Plätzen darf ein Fahrer von seinem Kaliber eigentlich nicht zufrieden sein, zumal er gerade in Flandern und Roubaix im jeweiligen Finale mit der Entscheidung nichts mehr zu tun hatte. Und auch beim Amstel Gold Race war das Podium vergeben und van Aert nicht bei dem Top-Trio dabei.

Glücklich mit Platz zwei: Wout van Aert nach dem Pfeil von Brabant (1.Pro). | Foto: Cor Vos

Dazu kommt die fehlende Explosivität im Sprint, die ihn zwei Saisonsiege kostete. “Ich würde gern eine Antwort geben, warum mein Sprint in diesem Frühjahr hapert“, sagte er nach dem Pfeil von Brabant. „Wir haben nichts anders gemacht – er zündet einfach in den Wettkämpfen nicht. Heute war ich auf den letzten Kilometern aber auch schon über meinem Limit.“

Voller Fokus auf die Grand Tours

Auch wenn sich van Aert in den Interviews zufriedengibt, weiß er um diese Baustellen und dass er um Siege fahren muss, nicht um Platzierungen. Ex-Profi Thomas Dekker sprach schon vor den Klassikern im „Live Slow, Ride Fast“-Podcast über die Gefahr, die schon eingetreten scheint: „Alles ist auf den Sieg bei einem Monument ausgerichtet, aber bald wird er froh sein, Zweiter oder Dritter zu werden. Wenn das die Logik wird, dann verändert sich etwas in seiner Karriere.“

Zunächst verändert sich der Fokus des Belgiers in Richtung Grand Tours. In wenigen Wochen wird er sein Debüt beim Giro d’Italia geben, auch bei der Tour de France wird er starten. Zuletzt waren die dreiwöchigen Rundfahrten ein besseres Pflaster für ihn als die Klassiker. Bei der Vuelta gewann er im vergangenen Jahr bis zu seinem Sturz drei Etappen, bei der Tour steht er schon bei neun Etappensiegen.

Vielleicht ist dies die neue Realität in der Karriere van Aerts, der auf der sieglosen Klassiker-Kampagne aufbauen möchte: „Für den Giro will ich diese Form bewahren, mich gut ausruhen und die Batterien wieder aufladen.“ Als Radsport-Fan darf man hoffen, dass ein Fahrer vom Kaliber eines Wout van Aert im nächsten Jahr wieder mit Siegermentalität ins Frühjahr geht.

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