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29.05.2025 | (rsn) - Italien ist ein gutes Pflaster für Nico Denz. Mit zwei Etappensiegen in den Palmares reiste er bereits zu diesem Giro. Jetzt, in Cesano Maderno in der Nähe von Mailand, landete er seinen dritten Streich. Es war ein Sieg gegen die Niedergeschlagenheit, die beim Team Red Bull – Bora – hansgrohe nach dem Ausfall ihres Kapitäns Primoz Roglic herrschte. Es war auch ein Sieg des Trotzes, mitten ins Gesicht derer, die den Abwärtstrend des Teams eher hämisch begleiteten. “Ein Traum hatte sich ins Nichts aufgelöst“, beschrieb er die Situation nach dem Abschied von Roglic. “Monatelang haben wir uns auf den Giro vorbereitet. Ich war drei Monate nicht zu Hause. Und dann musste man verkraften, dass all diese Entbehrungen umsonst waren.“ ___STEADY_PAYWALL___
Für Denz, und auch für die Mannschaft, spricht, dass die Köpfe nicht lange unten blieben. “Unser Team ist so vielseitig. Das haben wir heute gezeigt. Wir haben einfach den Schalter umgelegt. Denn man kann weiter traurig sein, den Kopf hängen lassen und nichts tun. Wir aber haben uns entschieden zu kämpfen. Das haben wir schon die letzten Tage getan, und wir werden es auch in den kommenden Tagen tun.“
Er weiß noch, wie's geht: Vor zwei Jahren konnte Nico Denz schon mal zwei Champagnerflaschen köpfen. | Foto: Cor Vos
Beim Rennstall waren alle natürlich außer sich vor Freude. “Euch mag der Sieg überrascht haben. Uns hat das aber gar nicht überrascht, was Nico heute gemacht hat. Die Etappe war für ihn wie geschaffen. Er wollte in die Gruppe gehen, und er hat das durchgezogen“, sprudelte es aus Cesare Benedetti am Mikrofon der RAI nur so heraus. Das Bora-Urgestein saß bei den ersten beiden Giro-Siegen von Denz noch selbst im Sattel, hatte die Erfolge von der Rennstrecke aus verfolgt. Jetzt, als sportlicher Leiter, fieberte er vom Auto aus mit.
Super lange währte die Vorbereitung von Denz auf diese Etappe allerdings auch nicht. “Nein, ich habe mir die Etappe nicht schon zu Beginn des Giro angestrichen“, sagte er RSN im Rahmen der Pressekonferenz. “Wir sind mit einem klaren Ziel zum Giro gekommen, und das war das Klassement. Damit war ich auch komplett einverstanden. Ich habe nicht nach Etappen geschaut, die mir liegen könnten. Erst nach dem Ausstieg von Primoz kam der sportliche Leiter zu mir und sagte: ‘Nico, Etappe 18 ist doch was für dich. Was denkst du darüber?‘ Und ich sagte: ‘Klar, am Mortirolo und auch am Colle delle Finestre werde ich nicht viel ausrichten können.‘ Und deshalb passte dann auch die 18. Etappe.“
Denz ging also in die Gruppe. Er war einer der Stärksten dort, und unter den Starken der, der den richtigen Moment erwischte. In einer Kurve etwa 18 Kilometer vor dem Ziel sah er, dass er eine kleine Lücke hatte und schoss davon. “Ich habe alles auf diesen einen Schuss gesetzt“, sagte er später. Aber das vermeintliche denz’sche Himmelfahrtskommando am Vatertag war genau der richtige Zug im Fluchtgruppenpoker. Er stellte sich zudem als Kurvenspezialist heraus, distanzierte gerade dort seine Begleiter entscheidend.
Auf dem technischen Teil des finalen Rundkurs holte Nico Denz die entscheidenden Sekunden heraus. | Foto: Cor Vos
Für seinen Rennstall bedeutet Denz’ Sieg die späte Rettung einer bisher arg verunglückten Italienrundfahrt. Denz glaubt auch, dass noch mehr drin ist. “Wir können jetzt Spaß haben und das Rennen genießen“, sagte er lachend. Und vor allem Jungstar Giulio Pellizzari kann nun richtig befreit auffahren. Ihm ist die Last von den Schultern genommen, den Giro für Red Bull mit einem Etappensieg zu retten. Aus dem Leistungsmuss für ihn ist ein Kann geworden, die Möglichkeit, mit einer Bravourtat gerade am Colle delle Finestre, der nicht ganz das Terrain des frisch gebackenen Etappensiegers Denz ist, für die Kirsche auf der Verlegenheitstorte zu sorgen.