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21.12.2025 | (rsn) – Würde die Schweiz nach einer Aufsteigerin des Jahres im Radsport suchen, sie würde bei Jasmin Liechti (Nexetis) fündig werden. Die 23-jährige Studentin aus Bern feierte drei Rennsiege und holte gemeinsam mit der Mixed-Staffel Bronze bei den Weltmeisterschaften in Ruanda und bei den Europameisterschaften in Frankreich. Hinzu kamen zahlreiche gute Resultate, nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Bahn.
“Ich hatte einen megaguten Start in Tschechien bei der Gracia-Rundfahrt, wo mir mein erster Etappensieg gelungen ist. Auch die Tour de Suisse und die Tour de Romandie, die wir mit unserem Team auf WorldTour-Niveau bestritten, habe ich gut hinbekommen. In Portugal gelang mit dann der erste Gesamtsieg bei einem Etappenrennen und in Ruanda hatte ich noch einen sehr guten Abschluss mit der Mixed-Staffel, aber auch im Straßenrennen“, fasste Liechti ihre Saisonhighlights gegenüber radsport-news.com zusammen. ___STEADY_PAYWALL___
Im September 2024 fuhr sie als Silbermedaillengewinnerin im U23-Zeitfahren der Weltmeisterschaften in Zürich erstmals so richtig ins Rampenlicht. Wenig später unterschrieb sie beim neu gegründeten Nexetis-Team, welches dem Schweizer Verband sehr nahesteht, einen Vertrag. Denn die Geschicke leitet dort Edi Telser, der Straßentrainer der Eidgenossinnen, der viele talentierte junge Fahrerinnen in Richtung WorldTour führen will.
Jasmin Liechti (Nexetis) hat immer wieder aufgezeigt in diesem Jahr. | Foto: Arne Mill
“Das Team wurde rund um die Schweizerinnen aufgebaut. Wir kennen uns von den Nationalteam-Einsätzen, aber auch von den kleineren Rennen, sprechen die gleiche Sprache und das ist schon ne mega Vorlage, um coole Rennen zu fahren“, erklärte die 23-Jährige und fügte an: “Es gibt aber auch ganz klare Zielsetzungen für alle Fahrerinnen.“ Die klare Struktur erlaubt ihr Ausflüge auf die Bahn, weshalb sie 2026 beim Team bleiben wird.
“Es ist das Umfeld, das ich kenne und ich weiß, dass ich auch Fehler machen kann“, meinte Liechti und nannte als eines ihrer zukünftigen Ziele die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2028 auf der Bahn mit dem Schweizer Vierer: “Die Ziele sind groß und wir wollen in Los Angeles dabei sein. Seit wir mit diesem Projekt gestartet sind, hat sich viel verändert, wir haben laufend den Schweizer Rekord verbessert und haben noch immer Potenzial. Ich denke, wir sind auf einem megaguten Weg.“
Erst vor wenigen Jahren wagten sich die Schweizerinnen im Vierer auf die Bahn, 2023 übrigens sogar noch bei den Heim-Europameisterschaften in Grenchen mit Marlen Reusser. Die Zeit von damals haben sie inzwischen bereits um fünf Sekunden unterboten. Für Liechti begann die Saison 2025 mit den Europameisterschaften in Limburg, im Velodrom von Heusden-Zolder in Belgien. In der Teamverfolgung landete die Schweiz auf Rang fünf, im Omnium gab es für Liechti den neunten und in der Einzelverfolgung den siebten Platz.
Wenige Wochen später eröffnete sie ihre Straßensaison in Kroatien bei den Eintagesrennen in Umag (1.2) und Porec (1.2), wo sie auf Rang elf landete. Zehn Ausreißerinnen, darunter ihre Teamkollegin Yurina Kinoshita aus Japan, hatten sich dort abgesetzt. Für Liechti folgte dann ein zweiter Platz beim GP Berra Immobilier, einem nationalen Rennen in der Schweiz, ehe sie bei der tschechischen Rundfahrt Gracia (2.2) aufzeigen konnte.
In der Mixed-Staffel gab es Bronze bei den Welt- und Europameisterschaften | Foto: Arne Mill
“Dort habe ich echt eine super Woche erwischt und konnte mich vor allem auf das Gesamtklassement fokussieren“, erinnerte sie sich. Ihren ersten Straßensieg fuhr sie am dritten Tag ein. Die Schweizerin gewann das Einzelzeitfahren und setzte sich hinter Alison Jackson (EF Education – Oatly) auf den zweiten Platz der Gesamtwertung. Auf den letzten zwei Etappen waren es die Bonussekunden, die den Ausschlag für die kanadische Paris-Roubaix-Siegerin gaben.
“Es war auch der erste Sieg für unser Team, von dem her war es ein megaschönes Event“, strahlte Liechti, auf die dann drei Eintagesrennen in Frankreich warteten, wo sie bei allen dreien in den Top 20 landete. Einen Monat später ging es zur Tour de Suisse, wo das Kontinentalteam eine Wildcard für den Start erhielt: “Das ist natürlich eine riesige Bühne für uns gewesen und eine große Chance für uns Fahrerinnen, aber auch das Team. Es stehen alle großen Namen dort am Start und du selbst fährst vor deiner Familie und deinen Freunden.“
Bei der Heimrundfahrt war es allerdings nicht Liechti, die das Team anführte, sondern Ginia Caluori, die schlussendlich auf Platz 21 der Gesamtwertung landete. “Wir wussten, dass sie vorne mitfahren kann und haben das auch im Rennen gesehen. Außerdem haben wir gezeigt, dass wir zusammen fahren und auch eine Taktik im WorldTour-Rennen ausfahren können“, erklärte die 23-Jährige, die dann bei den Nationalen Titelkämpfen sich von ihrer besten Seite präsentieren wollte und letztendlich Zweite im Zeitfahren wurde und Rang zehn im Straßenrennen holte.
Zuvor hatte sie sich erstmals in ihrer Karriere in die Höhe gewagt und das Trainingslager schlug vor allem richtig bei der folgenden Rundfahrt in Portugal an, wo Liechti die vorletzte Etappe gewinnen konnte, damit in das Führungstrikot schlüpfte und es bis zum letzten Tag nicht mehr abgab. Es folgte noch eine gute Tour de Romandie (2.WWT), wo ihre Teamkollegin Caluori Neunte wurde und Liechti selbst auf Platz 23 landete, ehe sie erneut in die Höhenvorbereitung ging, dieses Mal mit dem Nationalteam.
“Das erste Höhentrainingslager hat gezeigt, dass es gut funktioniert. Ich war aber nur eine Woche am Bernina-Pass, weil meine Selektion eher spontan erfolgte, nach Ausfällen“, erinnerte sie sich. Liechti hatte zuvor den Giro Toscana (2.2) als Vierte beendet, während sowohl ihre Landsfrauen Steffi Häberlin und Elena Hartmann für die WM in Ruanda absagen mussten. So rückte die 23-Jährige auf und komplettierte die Teamstaffel wie auch das Aufgebot für das Straßenrennen.
Die Bernerin ist auch eine gute Bahnfahrerin | Foto: Arne Mill
Im Mixed-Bewerb gab es Bronze zu bejubeln. Allerdings; je mehr Tage vergingen, desto mehr ärgerte der Defekt von Teamkollegin Marlen Reusser, der die Schweizer Equipe wohl die Goldmedaille gekostet hatte. “Es war ärgerlich und enttäuschend, denn wir waren super vorbereitet auf das Event, hatten gute Trainings am Bernina gehabt und einen coolen Race-Plan, der optimal gelaufen ist bis zum Defekt“, so Liechti, die mit Noemi Rüegg dann weiterfuhr, während die frischgebackene Zeitfahrweltmeisterin ihr Ersatzrad gereicht bekam. Reusser schaffte noch einmal den Anschluss aus eigener Kraft und führte die Schweiz zur Medaille.
Richtig stark präsentierte sich das Schweizer Frauenteam dann auch im Straßenrennen, wo vor allem die jungen Fahrerinnen wie Liechti, Rüegg oder Caluori immer wieder an der Spitze zu finden waren und fast jede gefährliche Gruppe für ihre Kapitäninnen Reusser und Elise Chabbey (FDJ – Suez) abdeckten. Letztendlich schafften die beiden es aber nicht mehr in die Medaillenränge. “Wir waren alle in starker Form und wussten, dass was Großes möglich ist. Es ist wirklich cool, wie wir als Team auftraten, aber auch wie jede Fahrerin das Rennen beenden konnte. Wir haben ein gutes Team und taktisch viel richtig gemacht. In den nächsten Jahren wird das sicher aufgehen“, meinte Liechti.
Wenig später zeigte sie dann bei den Europameisterschaften ihre Zeitfahrfähigkeiten, wurde Elfte bei den Frauen und holte mit der Staffel nochmals Bronze, ehe sie noch zu den Bahn-Weltmeisterschaften nach Santiago de Chile abhob. “Ich glaube, in der Verfolgung können wir mit Rang sechs zufrieden sein, auch wenn mit einem besseren Lauf vielleicht sogar das Kleine Finale möglich gewesen wäre. In der Einzelverfolgung konnte ich dann noch einmal alles rauslassen aus der Saison, verbesserte meine Bestzeit und wurde Zehnte“, berichtete sie über ihren Saisonabschluss.