Interview mit Organisator Johannes Hessenberger

Neusiedler See Radmarathon: “Faszination und Passion...“

Von Martin Roseneder

Foto zu dem Text "Neusiedler See Radmarathon: “Faszination und Passion...“"
Juray Sagan (r), Johannes Hessenberger (M) und Leo Hillinger | Foto: Neusiedler See Radmarathon

24.10.2023  |  Johannes Hessenberger, seit 2018 organisieren sie den "Neusiedler See Radmarathon powered by Burgenland Tourismus" (NRM). Wie kam es dazu?
Seit vielen Jahren bin ich mit dem Winzer und passionierten Rennradler Leo Hillinger befreundet, wir haben viel gemeinsam trainiert. Er hat den Kontakt zu Kurt Zeilinger, dem Gründer des Neusiedler See Radmarathons gemacht, der ihn beim NRM 2016 angesprochen, ob er jemanden kennt, der seinen Radmarathon übernimmt. Kurt ging in Pension, er war ein sehr reflektierter Mensch und wusste, dass dem Event eine Modernisierung gut tut.

Was hat sie damals am meisten gereizt, den NRM zu übernehmen?
Ich fuhr selbst viele Radmarathons, unter anderem zwei Mal die UCI Gran Fondo WM. Mich haben die vielen Teilnehmenden fasziniert und mit welcher Faszination und Passion die Starter/innen bei der Sache waren. Und dann hat es mich gereizt, selbst einen Bewerb auf die Beine zu stellen. Die Übernahme eines schon etablierten Radmarathons war natürlich einfacher als eine Neugründung. Ich habe die Gunst der Stunde genutzt, aber bis zur endgültigen Entscheidung dauerte es dann doch noch eineinhalb Jahre. Ich habe Kurt Zeilinger die Markenrechte abgekauft, mit dem Ziel, eine eigene Marke aufzubauen.

Was waren die Herausforderungen bei der Übernahme?
Die größte Herausforderung war die finanzielle Basis. Es gab einen einzigen Sponsor, einen Tourismusverband aus einer Region, die gar nicht im Burgenland war, und auch noch mit Ablaufdatum. Der lokale Tourismusverband hatte zuvor die Förderung gestrichen. Lediglich die Gemeinde Mörbisch unterstützte uns finanziell, reduzierte jedoch auch das Budget. Zum Glück hat sich nun die Tourismus-Strategie des Burgenlands geändert.

Sie hatten auch selbst einiges durchzumachen...
Ja, drei Wochen vor meinem ersten Radmarathon hatte ich einen schweren Unfall bei einem anderen Radrennen: 13 Rippenbrüche, dreifacher Unterkieferbruch, die Lungenfunktion war auf 50 Prozent reduziert. Dank der perfekten Betreuung im Krankenhaus und meines damaligen guten Fitness-Zustands ging die Rehabilitation sehr rasch, und ich konnte beim Radmarathon antreten - zwar mit sehr starken Schmerzmitteln, aber immerhin war ich dabei. Meine Frau hat in dieser Zeit die organisatorischen Aufgaben übernommen und Kurt Zeilinger stand mit Rat und Tat weiter zu Verfügung; er hat mit seinem Team im ersten Jahr noch mitgearbeitet.

Was motiviert Sie, so einen Event zu organisieren? Machen Sie das eigentlich hauptberuflich?
Nein, der NRM ist mein Hobby. Beruflich bin ich Maschinenbau-Ingenieur und arbeite für einen globalen Technologie-Konzern, verkaufe Maschinen und Anlagen für die Papier-Industrie. Meine Motivation ist es, ein Event zu organisieren, bei dem sportlich ambitionierte Teilnehmer/innen aller Altersgruppen und ihre Familien ein schönes Wochenende verbringen können und Freude haben.

Sie sind Wahl-Burgenländer und selbst begeisterter Rennradfahrer. Was ist für Sie der Reiz des Neusiedler Sees?
Meine eigenen Radausfahrten wurden leider weniger, daran will ich arbeiten, damit sich das wieder etwas ändert. Aber es freut mich, für die Region, in der ich nun mit meiner Familie lebe, etwas für das Gemeindeleben und den Tourismus beitragen zu können.

Wie groß ist Ihr Team beim NRM eigentlich?
Zu Beginn der Anmeldefrist ab 1. Oktober sind wir zu dritt: ein PR-Manager, ein Social-Media-Manager und ich. Die Anmelde-Plattform haben wir outgesourced, das wäre neben meinem Hauptberuf nicht machbar. Im Lauf der Monate und Wochen bis zum Radmarathon sind es zu Spitzenzeiten 110 bis 130 Personen - inklusive Fernseh-Team für die Live-Übertragung, Streckenposten, Leute für die Startnummernausgabe, Küchen-Personal fürs Festzelt, Leute die das Zelt aufbauen, Moderatoren, PR, Social Media, Fotografen, Motorradfahrer für die Kameras, Renn-Kommissare, Deejays, Tontechniker, Gemeindearbeiter, Leute fürs Auf- und Abbauen von Start- und Ziel-Bereich, Ordner der Freiwilligen Feuerwehren und Rettungs-Sanitäter vom Samariter-Bund. Dazu kommen noch am Renntag ca 170 Polizist/innen aus Österreich und 40 bis 50 Polizisten und Helfer/innen aus Ungarn.

Wenn Sie zurückblicken, was würden Sie heute anders machen?
Anfangs dachte ich, neben meinem Job, dem Radtraining und meiner Familie kann ich noch locker noch den Radmarathon organisieren. Heute weiß ich, dass das etwas zu viel war. Ich hatte zu Beginn teilwiese nur zwei Stunden oder auch keinen Schlaf. Ich war das zwar von den Trainings für Ultra-Distanzen gewohnt - aber Körper und Geist haben Sollbruchstellen - und eine brach. Ich hätte damals mein Radtraining zurücknehmen, und mit weniger Leistung zufrieden sein sollen. Das würde ich aus jetziger Sicht anders machen, die Prioritäten verschieben.

Wie kam der NRM eigentlich in die UCI Gran Fondo World Series?
Ich startete ja selbst zwei Mal bei der UCI Gran Fondo WM und hatte mich zuvor bei UCIGFWS Bewerben dafür qualifiziert. Das waren für mich Vorbild-Events für die Organisation des NRM. Ich hätte aber nicht gedacht, dass wir ein Quali-Bewerb werden - erst als ich 2019 von der UCI eine E-Mail bekam, ob ich Interesse hätte. Das hat mich irrsinnig motiviert, ein Zeichen, dass wir mit unserer Arbeit auffallen.

Wie ging's weiter?
Es dauerte dann bis zum April 2022, als wir zum ersten Mal ein Qualifikatios-Rennen waren. Die Lizenzgebühr der UCIGFWS - ein ordentlicher Betrag - musste ich auf die Beine stellen, das habe ich dem 'Sportland Burgenland' und Tourismus Burgenland zu verdanken. Nun haben wir seit meiner Übernahme 2018 die Teilnehmerzahlen verdoppelt - und was erfreulich für den Tourismus ist: Der Anteil der internationalen Teilnehmer/innen hat sich mehr als verdreifacht.

Wo liegen die größten organisatorischen Herausforderungen bei der Durchführung eines UCI Gran Fondo Rennens?
Organisatorisch mussten wir hauptsächlich optisch an unserem Auftritt etwas ändern, die anderen Voraussetzungen, um Teil der UCIGFWS zu sein, hatten wir bereits erfüllt.

Der Neusiedler See Radmarathon liegt auf Platz vier der UCIGFWS-Bewerbe. Das macht stolz, oder?
Ja...  Mit unserem Zeitfahren waren wir von der Anzahl der Teilnehmer/innen im ersten Jahr von den 28 UCIGFWS Bewerben sogar der zweitgrößte. Es freut mich auch sehr, dass bei der WM in Glasgow von uns die viert-meisten Qualifizierten teilnahmen.

Wohin soll es noch gehen mit dem NRM, welche weiteren Ziele verfolgen Sie?
Aktuell sind wir dabei, unser Zeitfahren in den Junioren-Cup des Österreichischen Radsportverbands zu integrieren. Das wäre sehr erfreulich, denn dann hätten wir angefangen von den Zweijährigen mit dem Bobby Car bis zu den Grand Masters für alle Altersklassen Bewerbe. Speziell die Jugendförderung liegt mir sehr am Herzen. Eine absolute Krönung wäre es, wenn wir die UCIGFWS-Weltmeisterschaft ins Burgenland bekommen. Bis zum Jahr 2027 sind die WM-Orte vergeben, die nächste Möglichkeit wäre 2028. Wir schauen mal, die ersten Keime sind gepflanzt...

Martin Roseneder ist Pressesprecher des Neusiedler See Radmarathon.

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