Die Aufgebote der 22 Tour-Teams

Movistar Team: All-In mit Chancen und Risiken

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Movistar Team: All-In mit Chancen und Risiken"
Movistar bei der Team-Präsentation | Foto: Cor Vos

06.07.2018  |  (rsn) - Ein geradezu furchterregend starkes Aufgebot schickt das spanische Movistar-Team ins Rennen. Gleich drei Fahrer kommen für das Gelbe Trikot in Frage und dahinter lauert ein Rundfahrttalent, das sich Hoffnungen auf den Sieg in der Nachwuchswertung machen darf.

Rückblick 2017: Die spanische Equipe durchlebte eine Tour zum Vergessen. Gleich am ersten Tag in Düsseldorf verlor das Team in Alejandro Valverde eine Schlüsselfigur für die Gesamtwertung – der spanische Routinier erlitt bei einem Sturz auf nasser Straße einen Bruch der Kniescheibe. Der andere Leistungsträger, Nairo Quintana, litt indes unter den Anstrengungen seines vorherigen Starts beim Giro und beendete die Tour auf Position zwölf. Nicht das Anspruchsniveau für einen Fahrer, der dreimal die Frankreich-Rundfahrt auf dem Podium abschloss. Da auch die restliche Mannschaft keine Akzente setzen konnte, blieb es letztendlich die schlechteste Tour-Bilanz seit Langem für das Team von Eusebio Unzue.

Ausblick 2018: Wie weit das enttäuschende Abschneiden aus dem Vorjahr mit in die Pläne für diese Tour hineinspielte, ist nicht überliefert. Aber eins ist gewiss: Movistar geht All-In. Nicht ein, nicht zwei, sondern gleich drei aussichtsreiche Kandidaten im Kampf um den Gesamtsieg steckte Unzue in sein achtköpfiges Aufgebot – neben Quintana und Valverde noch Mikel Landa, der Ende 2017 von Sky zu Movistar wechselte. Kaum ein Aufgebot ist im Vorfeld mehr diskutiert worden. Denn auf einen eindeutigen Kapitän aus dem Trio legt sich das Team öffentlich nicht fest, Movistar wagt den Großangriff auf das Gelbe Trikot. Kann das gut gehen? Vom Papier her ist das Aufgebot sicherlich eine Wucht, ein erfolgreicher Tour-Auftritt fußt jedoch meistens auf eine geschlossene Mannschaftsleistung – bei drei Leadern sind gekränkte Eitelkeiten und Disharmonie jedoch nicht ausgeschlossen.

Mit Dreier-Strategie zum Gelben Trikot?

Hinzu kommen die heiklen ersten neun Etappen und jede Menge strategischer Fragen: Wie viele Helfer wird Movistar opfern, sollte einer aus dem Trio auf einer Windkante, durch Sturz oder bei den turbulenten Etappen nach Quimper oder Roubaix aus diversen Gründen den Anschluss verlieren? In dieser Konstellation wahrscheinlich nur wenige, möglicherweise sogar gar keinen, da sonst die anderen beiden Leader isoliert wären. Überstehen alle drei jedoch die erste Tour-Hälfte schadlos, hält Movistar alle Zügel in der Hand und kann die Konkurrenz taktisch in den Bergen zermürben.

Die Dreier-Strategie birgt Chancen und Risiken und jede Menge Arbeit für die restlichen fünf Fahrer im Aufgebot. Dennoch dürfte es teamintern eine gewisse Hierarchie geben. Die ersten Akzente aus dem Trio könnte Valverde setzen, dem die 5. und 6. Etappe nach Quimper und zur Mur de Bretagne auf den Leib geschneidert sind. Da Movistar auch im Mannschaftszeitfahren nicht chancenlos ist, winkt dem 38-jährigen Routinier sogar das Gelbe Trikot.

Landa zuletzt mit Schwächen

Zuletzt zeigte Valverde seine Form beim Gesamtsieg der La Route d'Occitanie. Quintana sicherte sich fast parallel eine Bergetappe der Tour de Suisse und Gesamtrang drei, wogegen Landa in der Schweiz deutliche Defizite zeigte und nur auf Rang 16 die Rundfahrt beendete. Zwar muss eine mäßige Form im Juni nicht zwingend Rückschlüsse für die Tour geben, seinen Stellenwert im Trio stärkte Landa aber nicht. Für den Kletterspezialisten wird ohnehin die Roubaix-Etappe ein möglicher Knackpunkt. Quintana gilt zwar ebenfalls als Sorgenkind mit Blick auf das Kopfsteinpflaster, dürfte gleichzeitig in Top-Form jedoch der beste Kletterer sein, Valverde zeichnet sich durch Allrounderqualitäten aus. Jeder für sich genommen bringt das Potenzial für einen Tour-Sieg mit, ob das auch gemeinsam gelingt, bleibt indes abzuwarten.

Für den Zuschauer ist diese Konstellation aber in jedem Fall spannend. Als Unterstützung schickt Movistar eine Helfergarde par excellence nach Frankreich: Andrey Amador gilt als wertvoller Helfer für das Mannschaftszeitfahren und starker Kletterer, Daniele Bennati und José Joaquin Rojas sind an Erfahrung für die Tour-Hektik der ersten Tage kaum zu übertreffen und Imanol Erviti gehört zur seltenen Spezies eines spanischen Pavé-Spezialisten.

Nicht wenige erweitern das Kapitäns-Trio sogar um einen vierten Fahrer mit Marc Soler. Der Spanier gilt als großes Rundfahrttalent und gibt mit 24 Jahren seine Tour-Premiere. Im Frühjahr gewann Soler bereits Paris-Nizza. Offiziell soll er loyale Helferdienste leisten und Erfahrungen sammeln. Eine gute Endplatzierung in der Gesamtwertung schließt das aber nicht aus. Mit der Fülle an herausragenden Klassementfahrern ist Movistar zudem erster Kandidat für den Sieg in der Mannschaftswertung.

Das Aufgebot: Nairo Quintana (COL), Mikel Landa (ESP), Alejandro Valverde (ESP), Andrey Amador (CRC), Daniele Bennati (ITA), Imanol Erviti (ESP), José Joaquin Rojas (ESP), Marc Soler (ESP)

Land: Spanien
Hauptsponsor: Movistar
Branche: Mobilfunkanbieter
Teamchef: Eusebio Unzue
Radausrüster: Canyon

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.07.2018Team Sky: Viele Hürden für Top-Favorit Froome

(rsn) - Das wie immer herausragend stark besetzte Team Sky hat auch diesmal wieder den Top-Favoriten im Kampf um das Gelbe Trikot in seinen Reihen, tritt allerdings auch mit einem „Plan B“ an. RÃ

05.07.2018BMC: Erneut alle Mann für Porte

(rsn) - Das BMC-Aufgebot zählt auch in diesem Jahr wieder zu den stärksten und aussichtsreichsten Tour-Teams. Auf fast jedem Terrain sind die acht Starter zu beachten, alle verfolgen jedoch ein übe

05.07.2018Bora-hansgrohe: Holt Sagan sein sechstes Grünes Trikot?

(rsn) - Die Kapitäne sind dieselben und auch die Ziele sind unverändert: Das deutsche Team Bora-hansgrohe tritt mit großen Ambitionen bei dieser Tour an: Etappensiege, Grünes Trikot und die Top Fi

05.07.2018Quick-Step Floors: Reihenweise für Etappensiege gut

(rsn) - Die belgische Quick-Step-Floors-Equipe hat gleich eine ganze Reihe von Etappenjägern im Aufgebot, die eine beeindruckende GrandTours-Serie fortsetzen sollen. Im Gesamtklassement will es ein j

05.07.2018Eine maßgeschneiderte Route für Nibali

(rsn) - Für den ersten GrandTour-Gesamtsieg in der noch jungen Geschichte des Bahrain-Merida-Teams soll ein erfahrener Italiener sorgen, dem die diesjährige Strecke wie auf den Leib geschneidert ist

05.07.2018Mitchelton-Scott: Alles fokussiert sich auf Adam Yates

(rsn) - Bei der 105. Tour de France will das australische Team Mitchelton-Scott wieder mit einem Yates für Furore sorgen - diesmal aber bis zum letzten Tag in Paris. Rückblick 2017: Das Team gewan

04.07.2018Fortuneo-Samsic Die Hoffnungen ruhen auf dem Bergkönig

(rsn) - Der französische Zweitdivisionär Fortuneo-Samsic hofft auf einen Rückkehrer in die Bretagne, der im vergangenen Jahr das Bergtrikot und zweit Etappen der Tour de France gewann. Rückbli

04.07.2018Direct Energie: Mit einem Rekordmann und einem Voeckler 2.0

(rsn) - Der französische Zweitdivisionär setzt auf eine Mischung aus Erfahrung und Jugend und hat aussichtsreiche Etappenjäger sowie einen Rekordmann in seinem Aufgebot. Rückblick 2017: Mit dem

04.07.2018LottoNL-Jumbo: Riesenpotenzial sorgt für Luxusprobleme

(rsn) - Mit so großen Ambitionen wie schon lange nicht mehr startet LottoNL-Jumbo bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt. Das niederländische Team hat mehrere Etappenjäger und auch Kandidaten f

04.07.2018Katusha-Alpecin: Fragezeichen hinter dem Sieg-Garanten

(rsn) - Mit einem deutschen Sprintzug um den erfolgreichsten Etappenjäger der vergangenen Tour und einem Russen, der die Gesamtwertung anpeilt, tritt Katusha-Alpecin zur 105. Frankreich-Rundfahrt an.

04.07.2018Trek-Segafredo: Sticht das deutsch-niederländische Spitzenduo?

(rsn) - Das US-Team Trek-Segafredo übergibt im Jahr eins nach Alberto Contador die Verantwortung an einen niederländischen Routinier, der zumindest den Sprung in die Top Ten schaffen soll. Seinen er

04.07.2018Ein dänisches Quartett soll’s richten

(rsn) - Das kasachische Astana-Team tritt zur 105. Auflage der Tour mit einer starken dänischen Fraktion an. Im Gesamtklassement soll es der Siebte von 2013 richten, der ebenfalls aus Dänemark stamm

Weitere Radsportnachrichten

19.04.2024Cofidis verlängert bis einschließlich 2028 als Sponsor

Seit 1997 ist Cofidis ununterbrochen Hauptsponsor des gleichnamigen Rennstalls. Keine andere Mannschaft im aktuellen Profizirkus firmiert auch nur annähern so lang unter dem gleichen Namen. Obwohl di

19.04.2024Querfeldeinstar Kuypers steigt auf und gibt Debüt in Lüttich

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

18.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

18.04.2024TotA-Sturz: Harper kommt mit leichter Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Entwarnung für Chris Harper: Der Australier von Jayco – AlUla ist bei seinem Sturz rund 25 Kilometer vor dem Ziel der Königsetappe der Tour of the Alps ohne schlimmeren Verletzungen dav

18.04.2024Die Aufgebote für das 8. Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen

(rsn) – Mit der 8. Ausgabe des Lüttich-Bastogne-Lüttich der Frauen endet die Ardennenwoche. Während das Männerrennen von Lüttich aus nach Süden zum Wendepunkt in Bastogne und von dort wieder z

18.04.2024Die Aufgebote für das 110. Lüttich-Bastogne-Lüttich

(rsn) – Zum krönenden Abschluss der sogenannten steht am 21. April die 110. Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich an. La Doyenne, wie das 1892 erstmals ausgetragene und damit älteste Eintagesrenn

18.04.2024Steinhauser: Giro-Test mit Prädikat sehr gut

(rsn) – Den Feinschliff für sein Grand-Tour-Debüt holt sich Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) derzeit bei der 47. Tour of the Alps (2.Pro). In wenigen Wochen geht es für den Allgäue

18.04.2024Belgrade Banjaluka: Ausreißer Albrecht zum Auftakt Zweiter

(rsn) – Zum Auftakt von Belgrade Banjaluka (2.2) hat das Team P&S Metalltechnik – Benotti einen starken Auftritt hingelegt. Auf der 140 Kilometer langen 1. Etappe zwischen Belgrad und Bijeljina b

18.04.2024Auf der Königsetappe macht Carr die schwachen Tage vergessen

(rsn) – Mit einem Soloritt über rund 30 Kilometer hat sich Simon Carr (EF Education – EasyPost) die Königsetappe der 47. Tour of the Alps (2.Pro) gesichert. Der 25-jährige Brite setzte sich üb

18.04.2024Hartmann: Aus “nur durchkommen“ wurden 74 km an der Spitze

(rsn) – Elena Hartmann bekam ihre völlig durchnässten Handschuhe kaum mehr von ihren frierenden Fingern. Als die 33-Jährige vom Team Roland oben auf der Mur de Huy 5:41 Minuten nach Siegerin Kata

18.04.2024Extrembedingungen beim Flèche, aber kein Schlechtwetterprotokoll

(rsn) – Zwei Rennen unter Extrembedingungen hart an der Grenze des Schlechtwetterprotokolls der UCI bot der Flèche Wallonne am Mittwoch: Nachdem beim Start der Männer um 11:15 Uhr in Chareleroi no

18.04.2024Trotz wenig Schlaf: Benoot holt ein “exzellentes Ergebnis“

(rsn) – Vor dem Start des 88. Flèche Wallonne in Charleroi hatte Tiesj Benoot (Visma – Lease a Bike) noch mehr über die Geburt von Töchterchen Loes gesprochen, die am Abend zuvor zur Welt gekom

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)
  • Belgrade Banjaluka (2.2, BIH)