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25.07.2018 | (rsn) – Das Leben der Sprinter bei der Tour de France war auch schon mal leichter. Der Kampf mit der Karenzzeit in den Bergen ist in diesem Jahr unerbittlich, mit Peter Sagan, John Degenkolb, Alexander Kristoff, Sonny Colbrelli und Arnaud Démare haben es gerade einmal fünf der Topsprinter durch die Alpen geschafft. Keine gute Quote für die Stars der Flachetappen. Zwar mögen nicht alle in Top-Form gewesen sein, aber nur an der Bergschwäche der Ausgeschiedenen lag es wohl nicht. Die Zeitlimits scheinen zu eng, um sportlich fair im Rennen drin zu bleiben.
Glaubt man dem empörten Geflüster im Peloton, so putzt vor allem der Franzose Démare (Groupama-FDJ) gerne die Türklinke seines Teamwagens auf den Bergetappen. Auf dem gestrigen Tagesabschnitt fabrizierte er ja fast ein eigenes Heldenstück. 140 Kilometer lang fuhr er Solo, allerdings vor dem Besenwagen und nicht an der Spitze, und schleppte sich mit großem Rückstand in das Etappenziel nach Bagnères-de-Luchon. Trotzdem gab sich der Sprinter ziemlich wortkarg zu seiner Aktion: "Freude macht mir das keine. Es war ein schlechter Tag, dazu gibt es nicht viel zu sagen. Ich hatte mehr Zeit um die Landschaft zu genießen, aber es war unglaublich heiß und ich war völlig allein. Wenn ich Euch in diesen Momenten sagen würde, was ich darüber denke, dann wäre das keine Werbung für den Radsport".
Möglicherweise auch deshalb wortkarg, weil er Nachfragen zu Einzelheiten seiner Fahrt aus dem Weg gehen wollte. Dabei wäre dies eine wundervolle Heldengeschichte gewesen, in der der Franzose mutterseelenallein gegen sich und die Zeit kämpfte, vor allem erfolgreich. Und im Land der Grande Nation wüsste man auch solche Geschichten zu erzählen, ob als Teamverantwortlicher oder als Journalist. Aber scheinbar gilt es vorsichtig zu sein, denn es gibt Gerüchte zu Démares wundersamen Aufholjagden, die er wohl schon in den Alpen ablieferte. Mehrmals soll er minutengroße Abstände locker wieder aufgeholt haben, wie glaubwürdige Quellen radsport-news.com übermittelten.
Schon in Alpe d’Huez erklärte André Greipel, dass er keiner wäre, der sich am Auto festhalten würde. Strafen für ähnliche Vergehen wurden 2018 ja schon ausgesprochen. Beispielsweise als ein Topfahrer sich im Windschatten seines Teamfahrzeuges nach einem Defekt zurückziehen ließ oder das Fahrrad eines anderen Teams angenommen wurde. So stellt sich die Frage, ob die Kommissäre bei Démare einfach nichts sehen oder vielleicht sogar wegblicken?
Außerdem ist es sonderbar, warum Groupama-FDJ seinem Kapitän Démare zumindest gestern keinen Helfer zur Verfügung stellte. Dabei befand sich mit Rudy Molard nur einer von sieben Teamkollegen in der Spitzengruppe. Das restliche Sextett verblieb im Hauptfeld, ehe es sich am letzten Berg auflöste.
Vielleicht ist Démare ja ein gebranntes Kind, nachdem er bei der vergangenen Tour mit gleich drei Kollegen die Karenzzeit auf der 9. Etappe verpasste. Doch im Hinblick auf die zwei verbleibenden Sprintchancen wäre es nur logisch, wenn man im französischen Team für ihn die Kräfte bündeln würde. Denn der schnelle Démare ist sicherlich die beste Karte auf einen Etappensieg.