“Investieren Sie in die Entwicklung dieses Sports“

ASO serviert den Frauen bei La Course wieder das Paris-“Kriterium“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "ASO serviert den Frauen bei La Course wieder das Paris-“Kriterium“"
Jean-Etienne Amaury, Präsident der ASO. | Foto: Cor Vos

16.10.2019  |  (rsn) - Jean-Etienne Amaury tat sein Bestes bei der Streckenpräsentation der Tour de France im Pariser Palais des Congres. Gleich nachdem er erklärt hatte, dass man sich in Zukunft bemühen wolle, nur noch Elektrofahrzeuge in der Werbekarawane einzusetzen, wies der ASO-Präsident daraufhin, wie viel der Tour-Veranstalter für den Frauen-Radsport mache. Und wie wichtig das sei.

"Wir haben 1998 den Fleche Wallonne für Frauen eingeführt und 2014 La Course als Eintagesrennen bei der Tour de France", erklärte Amaury. Dann nahm er Bezug auf die Frauenrennen bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, der Tour de Yorkshire und der Kalifornien-Rundfahrt sowie die Madrid Challenge im Rahmen der Vuelta a Espana und die U17-Rennen für Juniorinnen bei Deutschland Tour und Arctic Race of Norway - alles unter Mitwirkung der ASO.

"Die ASO ist heute an sechs Großveranstaltungen im Frauen-Kalender beteiligt", betonte Amaury und forderte die Zuschauer - und wohl vor allem potentielle Sponsoren - auf: "Investieren auch Sie in die Entwicklung dieses Sports!"

Doch zeitgleich machte die Pressemitteilung zur Tour-Strecke für 2020 die Runde, inklusive der Bekanntmachung, dass das Frauenrennen der Frankreich-Rundfahrt im kommenden Jahr nach Paris zurückkehren und wieder als Rundstreckenrennen - Kritiker sagen 'Kriterium' - auf den Champs-Élysées ausgetragen wird. 13 Runden, insgesamt 90 Kilometer, werden dann zu absolvieren sein. Fast identisch zu 2014, 2015 und 2016 bei den ersten drei Auflagen des Rennens, das dann 2017 und 2018 in die Alpen zog, bevor es 2019 in Pau abgehalten wurde - mit packenden, bergigen Rennen.

Resignation und Hohn statt echtem 'Shitstorm'

Nun kehrt La Course by Le Tour de France also zu seinem Ursprung zurück und ist so das ganz und gar greifbare Eingeständnis, dass es nach sechs Jahren Tour-Frauenrennen keinen Fortschritt gibt. Das für die Außenwirkung Schlimmste: Der zu erwartende 'Social Media-Shitstorm' der Frauen-Radsport-Fans klang im Gegensatz zu den vergangenen Jahren mehr nach Resignation und Hohn, als noch nach echter Enttäuschung.

Der Tweet eines Fans, es kümmere ihn noch nicht einmal mehr, wurde von mehreren Fahrerinnen geliked. Weltmeisterin Annemiek van Vleuten, die La Course 2017 und 2018 gewann, sagte gegenüber dem niederländischen Sender NOS: "Das ist ein Schritt zurück. Es ist jetzt wieder nichts anderes als ein Kriterium. Auch wenn es noch immer ein WorldTour-Rennen ist. Nur: Bei den Männern werden Kriterien nicht in die WorldTour aufgenommen."

Außerdem setzte sie auf Twitter ihr 'Like' unter die Idee einer "Massenabwesenheit, weil alle einfach schon nach Japan fliegen und sich auf Olympia vorbereiten sollten", anstatt in Paris anzutreten.

Höhnisch äußerte sich Karl Lima, der Teamchef des norwegischen Rennstalls Hitec Products. "Ich liebe das! Werde versuchen, nächstes Jahr selbst daran teilzunehmen", schrieb er auf Twitter und bekam dafür ein Like des ehemaligen Cylance-Teamchefs Manel Lacambra.

Vom Vorreiter zum Abgehängten

Das niederländische Team Biehler Pro Cycling merkte an, dass "dieses Kriterium ein WorldTour-Rennen" sei "und keiner sagt was!". Dazu muss man wissen, dass das ähnlich angelegte Eintagesrennen des PrudentialRide London 2020 kein Women's WorldTour-Rennen mehr ist.

Die ASO, die für die Einführung von La Course 2014 großen Applaus erntete, ist vom Vorreiter zum Abgehängten unter den Rennveranstaltern im Frauen-Radsport geworden. Zu dem, der am meisten kritisiert wird. Ausgerechnet die ASO-Rennen unter den Frühjahrsklassikern - die von Amaury angesprochenen Fléche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich - waren im Frühjahr die einzigen Women's WorldTour-Rennen, die nicht live im Fernsehen oder wenigstens via Online-Stream zu verfolgen waren. Und nun wird La Course auch im siebten Jahr nicht mehr als ein Eintagesrennen sein, auf einem Innenstadt-Rundkurs, der kein besonders spannendes Rennen versprechen kann.

Neue ASO-Frauen-Rundfahrt in Planung?

Doch es gibt auch Hoffnung, dass die ASO mit einem Schlag den Spieß wieder umdrehen könnte. Gegenüber AFP-Journalist Julien Pretot erklärte man im Juli, es gäbe Pläne, ein neues, großes Etappenrennen für Frauen aufzubauen. Zwar nicht zusammen mit der Tour de France, weil das logistisch nicht möglich sei, aber immerhin. Sollte das realisiert werden, dürfte sich die ASO dem Applaus von 2014 wieder sicher sein und plötzlich wieder in die Vorreiter-Stellung rücken. Denn eines scheint klar: Wenn die ASO so ein Rennen veranstaltet, würde es groß und wichtig und eine tolle Bühne für den Frauen-Radsport.

War Amaurys Aufruf an die Welt, in die Zukunft des Frauen-Radsports zu investieren, also auch ein Flehen an mögliche Sponsoren oder Etappenorte für diese neue Rundfahrt? Immerhin: La Course-Titelsponsor FDJ präsentierte man im Palais des Congres insofern prominent, als dass man drei Fahrerinnen des FDJ-Frauenteams gemeinsam mit den männlichen Tour-Stars über die Bühne laufen ließ, mit dem FDJ-Logo auf der Bluse. Nach dem Motto: Nehmt Geld in die Hand und wir stellen Euch auf unsere größte Bühne.

Zusammenarbeit mit Saudi Arabien statt oder für den Ausbau der Frauenrennen?

Andererseits war von den jeweils zweifachen La Course-Siegerinnen Marianne Vos und van Vleuten oder Olympiasiegerin Anna van der Breggen in Paris nichts zu sehen. Sie wohnten der Präsentation nicht bei. Der Stellenwert des Tour-Frauenrennens leidet unter der Behandlung, die ihm durch die ASO zuteil wird.

Wenn der Sportveranstaltungsriese es mit dem Frauen-Radsport wirklich ernst meint, könnte er auch selbst investieren, statt andere zum Investieren aufzufordern. Immerhin dürfte viel Geld in die ASO-Kassen fließen, wenn die Franzosen im Jahr 2020 erstmals in Saudi-Arabien die Rally Dakar und die neue Männer-Rundfahrt Tour of Saudi Arabia ausrichten wird. Vielleicht lässt sich die Finanz-Spritze des Staates, der Frauenrechte noch immer nicht ernst nimmt, nutzen, um etwas für Frauen zu tun?

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

04.05.2024Rund 260.000 Euro fehlen: Tour of Scandinavia abgesagt

(rsn) – Die Women´s WorldTour-Rundfahrt Tour of Scandinavia wird in diesem Jahr nicht stattfinden. Das gaben die Veranstalter des für 27. August bis 1. September geplanten Rennens am Freitag via P

04.05.2024Alfonsina Strada: Die erste Frau beim Giro

(rsn) – Wenn am Samstag in Venaria Reale der 107. Giro d´Italia der Männer beginnt, ist das auch für den Frauen-Radsport ein wichtiger Termin. Denn noch bevor im Juli der nächste Giro der Frauen

01.05.2024Faulkner landet als Ausreißerin Coup in Zaragoza

(rsn) – Kristen Faulkner hat bei der 10. Vuelta Femenina für den zweiten Sieg einer Fahrerin von EF Education – Cannondale gesorgt. Nachdem ihre Teamkollegin Alison Jackson die 2. Etappe für si

30.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat die 3. Etappe der Vuelta Espana Feminina (2.UWT) für sich entschieden. Die 36-jährige Niederländerin verwies nach 1302 Kilometern zwischen Lucen

30.04.2024Vos feiert Sprintsieg in Teruel

(rsn) – Die Gewinnerin der 3. Etappe der Vuelta Espana Feminina by Carrefour.es ist Marianne Vos (Visma – Lease a Bike). Die Niederländerin sicherte sich den Tageserfolg nach 130,2 Kilometern in

30.04.2024Vollering unterschreibt Sponsoren-Deal mit Nike

(rsn) – Anna Henderson (Visma – Lease a Bike) wird nicht mehr zur 3. Etappe der Vuelta Espana Femenina antreten. Die Britin war im Finale des zweiten Teilstücks an der 3-Kilometer-Marke an den er

29.04.2024Jackson siegt nach Sturz-Chaos um Vollering, Vos und Lippert

(rsn) – Alison Jackson (EF Education – Cannondale) hat in einem chaotischen Finale in Moncófar die 2. Etappe der Vuelta Espana Femenina gewonnen. Die Kanadische Meisterin setzte sich im Sprint au

28.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Mit einer beeindruckenden Vorstellung hat Lidl – Trek das Teamzeitfahren zum Auftakt der 10. Vuelta Femenina (2.WWT) für sich entscheiden können. Das von der Italienerin Elisa Longo Borg

28.04.2024Lechner lässt in Tschechien nichts mehr anbrennen

(rsn) – Am letzten Tag der Gracia-Rundfahrt (2.2) hat Corinna Lechner (Wheel Divas) nichts mehr anbrennen lassen und sich den Gesamtsieg der tschechischen Rundfahrt gesichert. Auf der 5. Etappe, di

27.04.2024Reusser zurück im Feld und auf dem Weg zu Olympia

(rsn) - Knapp ein Monat ist seit dem schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt vergangen, der für die 32-jährige Marlen Reusser (SD Worx - Protime) schwere Folgen hatte. Ober- und Unterkiefer, die

27.04.2024Huys saust im Zeitfahren allen davon

(rsn) – So schnell wie Tabea Huys (Maxx Solar Rose Women Racing) war noch nie eine Athletin auf dem 13,5 Kilometer langen Zeitfahrparcours der Gracia-Rundfahrt in der Tschechischen Republik. Seit 20

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Eine erste Chance für die Sprinter

(rsn / ProCycling) – Nachdem sie sich zwei Tage lang "aufwärmen" konnten, ist es nun für die schnellen Männer des Pelotons Zeit, ihren Job zu verrichten. Bevor sie jedoch ihren ultimativen Zielsp

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

05.05.2024Pogacar auf den Spuren Pantanis

(rsn) - 1999 hatte Marco Pantani am Fuße des Anstiegs zur Kapelle nach Oropa einen Defekt. Die Kette fiel ihm herunter. Es dauerte, bis ein Materialwagen bei ihm war. Fahrer um Fahrer zog derweil an

05.05.2024Nur ein Defekt bremste Martinez hinauf nach Oropa

(rsn) – Gut fünf Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe am Santuario di Oropa gab es Grund zur Beunruhigung beim Team Bora – hansgrohe. Am Ende des Tages aber sah man nichts als strahlende Gesichte

05.05.2024Martinez: “Das Resultat ist großartig für unsere Moral“

(rsn) – Mit einem Tag “Verspätung“ hat Tadej Pogacar am Sonntag bei der ersten Bergankunft den erwarteten Etappensieg am Auftaktwochenende des 107. Giro d’Italia eingefahren. Am Santuario di

05.05.2024Highlight-Video der 2. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Zum Auftakt des 107. Giro d’Italia (2.UWT) musste sich Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) noch mit Rang drei begnügen. An der ersten Bergankunft jedoch gab es für den Top-Favoriten kein H

05.05.2024Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot

(rsn) – Marco Pantani triumphierte 1999 an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa dank einer historischen Aufholjagd, nachdem er am Fuße des Anstiegs durch einen Defekt gestoppt worden war. 25 Jah

05.05.2024De Lie in der Bretagne auch durch zwei Plattfüße nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Platz zwei im Vorjahr hat sich Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) die 41. Ausgabe von Tro Bro Léon (1.Pro) gesichert. Der 22-jährige Belgier entschied in der Bretagne das über 203,6 Kil

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Pogacar: ”Die Post wird abgehen”

(rsn) – Der Auftakt zum 107. Giro d’Italia ist atypisch. Einen Tag nach der schweren 1. Etappe, auf der bereits einige Favoriten Federn gelassen haben, steht bereits die erste Bergankunft auf dem

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)