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20.08.2021 | (rsn) - Als sich Ide Schelling (Bora - hansgrohe) im Finale der anspruchsvollen Auftaktetappe der Tour of Norway (2.Pro) gemeinsam mit dem Briten Ethan Hayter (Ineos Grenadiers) vom Feld abgesetzt hatte, war für den niederländischen Bora-Profi schnell klar, dass es mit dem Tagessieg und der Übernahme der Gesamtführung nichts werden würde.
Denn Hayter, zuletzt bei den Olympischen Spielen von Tokio noch Silbermedaillengewinner auf der Bahn, galt als der deutlich endschnellere Fahrer. Dennoch übernahm Schelling das Gros der Führungsarbeit, nachdem sich das Duo im 4,7 Kilometer langen und im Schnitt 5,7 Kilometer langen Schlussanstieg hinauf nach Sokndal formiert hatte. Der Grund war nicht Naivität, sondern taktisches Kalkül.
Denn für Schelling ging es darum, gegenüber der Konkurrenz möglichst viel Zeit herauszufahren. Und da Hayter und er am Ende mit 13 Sekunden Vorsprung auf die ersten Verfolger ins Ziel kamen, konnte es Schelling auch verkraften, dass ihn Hayter wie erwartet locker niedersprinten und sich den Tagesssieg sichern konnte.
"Als ich Hayter an meinem Hinterrad sah, war klar, dass ich mich nicht auf einen Sprint konzentrieren sollte und einfach jede mögliche Sekunde für die Gesamtwertung herausholen muss. Im Moment eine gute Position, von hier aus haben wir alle Möglichkeiten offen", erklärte der Gesamtzweite Schelling.
Ähnlich sah es auch sein Sportlicher Leiter Jean-Pierre Heynderickx. "Ide hat einen tollen Job gemacht und mit seiner Attacke alle überrascht. Gegen seinen Begleiter Ethan Hayter wussten wir, dass er im Sprint wenig Chancen haben würde, daher hat er bis zum Zielstrich alles gegeben und ist von vorne gefahren, um möglichst viel Zeit für die Gesamtwertung herauszufahren."
Nicht nur bei Bora wusste man um Hayters Überlegenheit, auch im Lager des Briten war man sich der guten Ausgangslage bewusst und ließ so Schelling für die Gesamtwertung schuften.
"Als Schelling attackierte, zögerte ich erst einen Moment, bin dann aber doch noch als einziger nachgegangen. Ich fuhr ziemlich schnell, und um ehrlich zu sein, konnte ich ihm keine Ablösung geben. Er fuhr für die Gesamtwertung und das war natürlich perfekt", spielte es Hayter in die Karten.
Eine vergleichbare Konstellation bei einem Eintagesrennen, wo es nur darum gegangen wäre, wer als erstes über den Zielstrich fährt und sich den Sieg schnappt, wäre die Herangehensweise eine ganz andere gewesen. Dann hätte der endschnellere Hayter das Tempo machen müssen, während Schelling sich ans Hinterrad gesetzt hätte. So aber konnten beide Protagonisten zufrieden sein mit der Etappe. Hayter fuhr seinen fünften Profisieg ein und Schelling ist in der Pole Position für den Gesamtsieg der viertägigen Rundfahrt.