Müllers Uruguay-Tagebuch

Auf der letzten Rille noch den Zug nach vorn erwischt

Von Robert Müller

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Robert Müller | Foto: privat

09.04.2023  |  (rsn) - Hola de Rocha, Uruguay. Der Wecker klingelte kurz vor sechs Uhr und es gab sogar ein bescheidenes Frühstück. Der wieder über 200 Kilometer lange Transfer zum Start sollte 6:30 Uhr starten und es wurde Stress gemacht, doch ich ließ mir noch Zeit, da ich aus Erfahrung weiß, dass man dann sowieso wieder eine halbe Stunde rumwartet. So war es auch diesmal und ich fand eine Mitfahrgelegenheit in einem Auto der Kommissäre. Endlich am Startort angekommen, warteten wir dann wieder eine halbe Stunde auf den LKW mit unseren Rädern.

Die Etappe über 161 Kilometer begann dann so, wie die gestrige aufgehört hatte, nämlich mit ekligen Hügelsprints. Diese Hügel können schon mal 150 Höhenmeter aufweisen und die letzten drei Tage hatten wir immer über 1500 Gesamthöhenmeter. Meine Beine waren anfangs noch sehr schwer von gestern, was nach einer Woche Rundfahrt auch nicht verwunderlich ist. Ich konnte nur hoffen, dass sie bald aufgehen würden und das taten sie zum Glück gerade noch rechtzeitig. Das Feld riss wieder in mehrere Gruppen auseinander und ich erwischte auf der letzten Rille noch den Zug nach vorne.

Das Feld war nun nur noch 55 Fahrer groß und die ersten 90 Kilometer beruhigte sich das Rennen nicht, es war immer Zug drauf und die Hügel wurden ordentlich hochgeknallt. Als es endlich flacher wurde, machten sich zwei Fahrer auf und davon und es wurde ruhiger. Jetzt konnte man endlich mal durchatmen und sich in Ruhe verpflegen. Ein Fahrer direkt vor mir hatte einen Platten und spritzte mich mit seiner Dichtmilch aus dem Hinterreifen voll. Als die beiden vorne mehr als zwei Minuten Vorsprung hatten, wurde das Tempo wieder aufgenommen und man musste auf der Windkante höllisch auf die Fahrzeuge am linken Straßenrand aufpassen.

Im Finale wurde die Straße auf einmal nass und ich hatte zu viel Schiss, um im Sprint mit reinzuhalten, denn es gab drei Kurven in der Zielanfahrt. Unser Sprinter Nicolas hatte leider am Anfang der Etappe nicht den Sprung in die erste Gruppe geschafft und somit war keiner von uns ganz vorne dabei. Die beiden Ausreißer kamen mit ein paar Sekunden Vorsprung durch. Im Zielbereich haben viele Teams stets Pavillons mit Stühlen und Verpflegung sowie Rollen zum Ausfahren aufgebaut und werden von Zuschauern umringt. Wir versuchen immer so schnell wie möglich zum Hotel zu fahren, was aber nur mäßig klappt.

Die Unterkunft ist dieses Mal ein einfaches Schullandheim mit Hochbetten und ohne Wifi, dafür gibt es das Essen gleich hier. Allerdings gibt es keine Decken, sondern nur dünne Laken zum Zudecken. Morgen folgt statt eines 200 Kilometer Transfers eine 200 Kilometer lange Etappe ans Meer, worauf ich mich schon freue. Also aufs Meer und weniger auf wieder so ein langes Windkantenrennen. Denn wir haben inklusive Prolog schon den zehnten Tag dieser Rundfahrt und es machen sich langsam bei allen Ermüdungserscheinungen breit.

Morgen gleiche Stelle gleiche Welle
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