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06.05.2023 | (rsn) – Im Frühjahr war die Taktik bei UAE Team Emirates äußerst simpel – und äußerst effektiv: "Alle Bälle auf Pogacar", hieß es meistens. Zwölfmal führte sie zum Erfolg. Doch am Giro d’Italia nimmt der Slowene nicht teil, deswegen muss man bei der Mannschaft aus dem Mittleren Osten etwas tiefer in die Trickkiste greifen, um ähnlich erfolgreich zu sein. So bringt man mit Joao Almeida und Jay Vine eine Doppelspitze an den Start, die die beiden Topfavoriten Primoz Roglic (Jumbo – Visma) und Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) ärgern soll.
Almeida kann auf ein durchaus erfolgreiches Vorjahr zurückblicken. "Bei den letzten Rennen war ich immer ganz vorn dabei. Ich habe mich immer gut gefühlt – und das ist das Wichtigste. Die Vorbereitung auf dem Giro - inklusive Trainingslager - war auch gut", fasste der Portugiese auf einer Online-Pressekonferenz, bei der radsport-news.com anwesend war, am Freitag zusammen.
Drei Rundfahrten hat er in diesem Jahr absolviert, die Volta ao Algarve (2.Pro) beendete er als Sechster, Tirreno-Adriatico (2.UWT) als Zweiter hinter Roglic und die Katalonien-Rundfahrt (2.UWT) als Dritter hinter Roglic und Evenepoel. Gegen die Beiden, über die vor dem Giro alle sprechen, hat Almeida diese Saison also schon den Kürzeren gezogen. "Primoz und Remco sind natürlich die Favoriten. Aber drei Wochen sind lang und es kann viel passieren. Ich ziele aufs Podium und hoffe, kein Pech zu haben", relativierte er.
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Der 24-Jährige, der 2020 und 2021 Teamkollege von Evenepoel war und der beim Giro-Debüt des Belgiers als dessen Helfer fungierte, rechnet sich zumindest für Platz drei gute Chancen aus. "In der dritten Woche habe ich immer gute Beine. Ich bin auch ziemlich beständig. Im Vergleich mit Remco und Roglic ist mein Zeitfahren vielleicht nicht das Beste, aber insgesamt gehöre ich zu den besseren Zeitfahrern unter den Klassementfahrern", zählte er seine Stärken auf.
Und dann ist da auch noch sein Teamkollege Vine - vielleicht die große Unbekannte unter den Kletter-Assen in Italien, weil er im Januar zwar überragend die Tour Down Under gewann, seit seinem mit Knieproblemen begründeten Aus bei der UAE Tour im Februar aber kein Rennen mehr bestritten hat.
"Wir können zwei Trümpfe ausspielen, haben zwei Optionen, um die Rivalen zum Arbeiten zu zwingen. Das ist ein großer Vorteil", freute sich der UAE-Profi, nun zurück zu sein und ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er auch bereit sei für die zweite Grand Tour seiner Karriere.
"Ich habe wirklich gute Trainings absolviert. Nachdem meine Verletzung ausgeheilt war, haben wir auch viel am Zeitfahren gearbeitet. Wir haben meine Position im Windtunnel verbessert und ich habe gerade ein dreiwöchiges Trainingslager in der Sierra Nevada hinter mir", gab er Entwarnung und erklärte die Herangehensweise der UAE-Doppelspitze:
"Wir zwei versuchen so lange wie möglich so wenig wie möglich Zeit zu verlieren. Dann werden wir auf den Etappen, die uns liegen, etwas versuchen. Wir unterscheiden uns als Fahrertypen etwas und können so unsere eigenen Stärken ausspielen. Wir müssen schlau fahren und das Team weiß, wie man das anstellt", erklärte Vine, der im vergangenen Jahr zwei Vuelta-Etappen gewann, später aber als Träger des Bergtrikots aufgeben musste.
Der Esports-Weltmeister von 2022 hat also noch nie eine dreiwöchige Rundfahrt zu Ende gefahren und ist dementsprechend unerfahren. "Es wird das erste Mal, dass ich bei einer Grand Tour aufs Klassement fahre. Abgesehen von der Tour Down Under bin ich bei WorldTour-Rennen überhaupt noch nie auf die Gesamtwertung gegangen", so Vine. "Es wird eine schwere Rundfahrt und mein erster Giro. Die Stärksten werden überleben. Mein Ziel ist es zu sehen, was ich im Klassement erreichen kann. Ich denke, es werden drei gute Wochen", blickte er voraus.
Neben Almeida und Vine trägt bei UAE Team Emirates auch ein Deutscher noch eine Kapitänsbinde. Denn auch wenn die Mannschaft insgesamt auf den Kampf um die Gesamtwertung mit der portugiesisch-australischen Doppelspitze ausgerichtet ist, so will Pascal Ackermann bei seinem zweiten Giro d'Italia an 2019 anknüpfen. Damals gewann er das Maglia Ciclamino und auch diesmal will er in den Sprints Spitzenergebnisse holen und die beiden wohl zu favorisierenden Mads Pedersen (Trek - Segafredo) und Fernando Gaviria (Movistar) zu ärgern versuchen.
Mit Ryan Gibbons hat Ackermann noch einen sehr schnellen Mann an seiner Seite. Ansonsten aber ist die Mannschaft mit Alessandro Covi, Davide Formolo, Brandon McNulty und Diego Ulissi voll aufs Bergauffahren ausgerichtet.
Vor vier Jahren gewann Pascal Ackermann das Maglia Ciclamino - damals noch für Bora - hansgrohe. | Foto: Cor Vos