Benz und Hofer im Pech

Agostinacchio stürmt mit gebrochenem Schuh zum WM-Titel

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Agostinacchio stürmt mit gebrochenem Schuh zum WM-Titel"
Mattia Agostinacchio feierte seinen WM-Titel mit einem Wheelie über den Zielstrich. | Foto: Cor Vos

02.02.2025  |  (rsn) – Ein Jahr, nachdem Stefano Viezzi in Tabor das Regenbogentrikot bei der Cross-WM der Junioren nach Italien geholt hatte, ist in Liévin mit Mattia Agostinacchio erneut ein Mann in einem azurblauen Trikot zu Gold geeilt. Der Europameister schloss in der Schlussrunde zum französischen Gesamt-Weltcup-Sieger Sören Bruyere Joumard auf und ließ diesem anschließend keine Chance. Auch Bronze ging nach Italien: Filippo Grigolini war im Sprint schneller als der Spanier Benjamin Noval Suarez und der Belgier Mats Vanden Eynde.

Agostinacchio war als einer der Favoriten in den Wettkampf gegangen. Neben der EM hatte er unter anderem auch zwei Weltcups für sich entschieden, nur zuletzt in Hoogerheide lief es als mit Rang 19 nicht nach Wunsch. Ebenfalls nicht gewünscht hatte sich der 17-Jährige zweifellos das Materialpech, das ihn fast das Rennen gekostet hätte. “Es gibt keine Wörter, die diese Emotionen beschreiben können“, schluchzte er völlig aufgelöst im Ziel-Interview. “Als wir losgefahren waren, war alles vereist. Dann wurde es langsam matschig. Ich bin gecrasht und habe meinen Schuh beschädigt. Ich konnte das nicht beheben“, erklärte er.

Fast die Hälfte des Rennens war er mit beschädigtem Material unterwegs, wobei es kein kleiner Schaden war. “Der Schuh ist total kaputt, das kann nicht einfach gewesen sein“, stellte der Ziel-Reporter der UCI erstaunt fest. “Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe. Ich weiß es nicht…“, brachte Agostinacchio noch heraus, bevor er das Gespräch vor Glück weinend beendete.

Die deutschsprachigen Fahrer hatten einen Tag zum Vergessen. Der Österreicher Valentin Hofer hatte sich nach dem Start als Solist abgesetzt, rutschte anschließend aber in einer Kurve weg. Er hatte anschließend offensichtlich Schaltungsprobleme und musste dann auch unter Schmerzen aufgeben.

Die deutsche Hoffnung Benedikt Benz hatte einen passablen Start und schickte sich nach der Auftaktrunde als Sechster an, den Anschluss an die fünfköpfige Spitzengruppe zu schaffen. Dann aber verlor er, von den Kameras unbeobachtet, viel Zeit und Positionen. Das passierte im späteren Verlauf des Rennens ein weiteres Mal, wodurch der 17-Jährige nicht über Platz 31 hinauskam. Der ein Jahr jüngere Luan Elsässer überquerte die Ziellinie sechs Positionen dahinter als zweitbester Deutscher. Der Schweizer Levin Näf beendete das Rennen auf Rang 53, der Luxemburger Jonah Flammang-Lies wurde 57. von 65 Teilnehmern.

So lief die Cross-WM der Junioren:

Ohne Mitfavorit Arthur van den Boer aus Belgien begann das Rennen auf am Morgen noch gefrorenem Boden. Van den Boer musste krankheitsbedingt absagen. In seiner Abwesenheit hatte Hofer den besten Start und auf dem stellenweise langsam auftauenden Boden gab es im hinteren Teil des Feldes einen schweren Massensturz, der viele aufhielt.

Benz ging als 16. ins Gelände. Hofer setzte sich vom Rest ab, rutschte auf dem eisigen Boden aber nach etwa zwei Dritteln der Auftaktrunde weg und wurde so von Agostinacchio, dem Briten Oscar Amey und dem Belgier Giel Lejeune eingeholt. Die musste er kurz danach wegen Materialproblemen ziehen lassen und dann sogar am Rundenende verletzt aufgeben. Agostinacchio, Amey und Lejeune erreichten die erste Zielpassage vier Sekunden vor Bruyere Joumard, Benz hatte sich auf Platz sechs vorgekämpft und lag sechs Sekunden hinten.

Bruyere Joumard und Noval Suarez kamen vorn heran, Benz verlor plötzlich 15 Sekunden und fünf Positionen – wohl durch einen Sturz außerhalb der TV-Bilder. Vorn setzte der italienische Europameister seine Konkurrenten unter Druck, dem niemand bis auf Amey standhalten konnte. Da beide Spitzenreiter an einer der beiden Treppen ausrutschten und stürzten, schloss der Franzose wieder auf. Das Trio lag eingangs der dritten von sechs Runden zehn Sekunden vor Noval Suarez und derer 14 vor Lejeune.

Benz wohl gleich mehrmals im Pech

Agostinacchio machte weiter das Tempo und an einer technischen Passage kollidierten seine beiden Kontrahenten, wodurch sie stürzten. Noval Suarez fuhr an beiden vorbei und lag nun auf dem Silberrang. Er schaffte sogar – wie wenig später auch Amey – den Anschluss an den Italiener. Der stürzte ausgangs einer Kurve über die Absperrung und erwischte als er zurück auf die Strecke kam den Briten. Noval war nun weg und wurde vom Italiener, Bruyere Joumard und Amey verfolgt. Bei der nächsten Zielpassage lag der Spanier sechs Sekunden vorn. Benz, der zwischenzeitlich auf Platz elf gelegen hatte, verlor plötzlich ein weiteres Mal viele Sekunden und Plätze.

Nach einem technischen Fehler des Spaniers in einer Abfahrt kam der Franzose an sein Hinterrad. Agostinacchio hatte ebenfalls Probleme und schloss die Lücke etwas später, Amey hatte nun den Anschluss verloren. Noval Suarez stürzte dann in einer unscheinbaren Kurve weg, kurz danach erwischte es den Italiener an einer Traverse zum wiederholten Mal. Weltcup-Gesamtsieger Bruyere Joumard dagegen kam gut durch und war nun solo vorn. Er nahm die fünfte von sechs Umläufen sieben Sekunden vor seinen beiden Kontrahenten in Angriff. Auf Platz vier hatte sich überraschend der Italiener Grigolini vorgeschoben.

Agostinacchio mit fulminantem Sprint in die Schlussrunde hinein

Der kam dann sogar zu seinem Landsmann und dem Spanier vor - und auch dahinter waren mit Lejeune, dessen Teamkollegen Vanden Eynde und Amey drei weitere Fahrer noch nicht ausgeschaltet. Der Spitzenreiter behauptete trotz der Jagd auf ihn seinen Vorsprung. In kürzester Zeit überbrückte Lejeune dann die acht Sekunden Rückstand zur Gruppe, die um Silber kämpfte. Die lag eingangs der Schlussrunde zwölf Sekunden hinter dem führenden Franzosen.

Diesen Rückstand sprintete Agostinacchio dann in einem Ruck zu. Er überholte Bruyere Joumard, setzte ihn unter Druck und hängte ihn nach rund einer gemeinsamen Minute auch direkt ab. Durch einen technischen Fehler des Spitzenreiters, kamen die beiden aber wieder zusammen. Hinter ihnen setzte sich Grigolini ab. Lejeune verlor plötzlich zehn Positionen, Noval Suarez sechs Sekunden auf den Italiener.

Dessen Landsmann fuhr an der Spitze weiter Vollgas und sein Begleiter konnte nicht mehr mithalten. Der Kampf um Gold war entschieden, der um Bronze aber noch spannend. Denn der Spanier und Vanden Eynde näherten sich dem zweiten Italiener. In der letzten Rennminute kamen die drei zusammen. Grigolini war auf der Zielgeraden stärker als der Spanier und der Belgier.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

03.02.2025Brandau & Lechner: Knapp vor der 40 ist dann doch Schluss

(rsn) – Für zahlreiche Athletinnen und Athleten waren die Cyclocross-Weltmeisterschaften in Liévin in Frankreich der letzte große Auftritt ihrer Karriere. Zu nennen wären dabei die mehrfache Wel

03.02.2025Benz zum WM-Juniorenrennen: “Ein Tag zum Vergessen“

(rsn) – Enttäuschend endete für die mit großen Hoffnungen angetretenen deutschsprachigen Teilnehmer das Juniorenrennen der Cross-WM im französischen Liévin. Der als einer der Medaillenkandidate

02.02.2025Regenbogenrekord! Van der Poel macht überlegen den 7. Titel klar

(rsn) – Mit sieben WM-Titeln im Cyclocross war Erik de Vlaeminck 52 Jahre lang Rekordhalter, nun muss er diese Bestmarke mit Mathieu van der Poel teilen. Der Niederländer brauchte in Liévin wenige

02.02.2025Bäckstedt verteidigt souverän ihr Regenbogentrikot

(rsn) – Topfavoritin Zoe Bäckstedt hat ihren U23-Titel bei der Cross-WM in Liévin verteidigt. Nach einer Auftaktrunde, in der sie sich viele technische Fehler leistete, fuhr die Britin ihrer Konku

01.02.2025Kuschla verpasst nach “mittlerem Tag“ die Top 20

(rsn) – Der alte und neue U23-Weltmeister Tibor Del Grosso war schon beim Umziehen, als die beiden Deutschen Silas Kuschla (+ 5:42) und Hannes Degenkolb (+ 6:56) bei den Cross-Weltmeisterschaften i

01.02.2025Grossmann tief enttäuscht: “Mein Traum war der Titel“

(rsn) - Noch beim Interview flossen die Tränen über Anja Grossmanns Gesicht. Die Schweizerin war bei der Cross-WM im Rennen der Juniorinnen auf dem vierten Platz gelandet und darüber tief enttäusc

01.02.2025Dauerbrenner Meisen gibt in Liévin seine Abschiedsvorstellung

(rsn) - In den vergangenen knapp 20 Jahren war Marcel Meisen aus dem deutschen Cyclocross-Sport nicht wegzudenken. Neun nationale Titel hat der Stolberger in der Elite errungen, dazu kommt noch einer

31.01.2025Die Mixed Staffel liefert zu wenig Ertrag für den Aufwand

(rsn) – Zum vierten Mal in Folge begannen die Cyclocross-Weltmeisterschaften mit einer Mixed Staffel. Nach dem Testlauf 2022 in Fayetteville / USA, wo damals noch jeweils zwei Athletinnen und zwei A

31.01.2025Bäckstedt will Titel verteidigen

(rsn) – Sieben Titel werden bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft im nordfranzösiaschen Liévin vom 31. Januar bis zum 2. Februar 2025 vergeben. Neben dem Regenbogentrikot bei den Frauen am Samstag

31.01.2025Hofer könnte für Österreich Cyclocross-Geschichte schreiben

(rsn) - Ein Österreicher als Mitfavorit beim Cyclocross, das klingt fast so als würde ein Belgier zu den heißesten Kandidaten beim Abfahrtsrennen in Kitzbühel zählen. Doch mit Valentin Hofer kann

31.01.2025Meisen bittet zum letzten Tanz, Benz mit Medaillenchance

(rsn) – Sieben Rennen werden bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft (31. Januar - zum 2. Februar) im nordfranzösischen Liévin ausgetragen. An sechs davon werden auch deutsche Athletinnen und Athlete

30.01.2025Van der Poel peilt in Liévin de Vlaemincks Rekord an

(rsn) – Am Freitag beginnt in Liévin die Cyclocross-Weltmeisterschaft (31. Januar – 2. Februar). In sieben Rennen werden Regenbogentrikots ausgefahren und German Cycling könnte erstmals seit der

Weitere Radsportnachrichten

13.02.2025Dörnbach und die Verfolgerinnen fahren zu EM-Silber

(rsn) – Nach Gold und Bronze zum Auftakt am Mittwoch gingen die Bahn-Europameisterschaften in Heusden-Zolder in Belgien auch am zweiten Tag mit zwei deutschen Medaillen weiter: Sowohl Maximilian Dö

13.02.2025Vollering führt sich mit Paukenschlag bei FDJ – Suez ein

(rsn) - Demi Vollering ist in Spanien ein perfektes Debüt im Trikot von FDJ – Suez gelungen. Die 28-jährige Niederländerin entschied an ihrem ersten Renntag der Saison in souveräner Manier den A

13.02.2025Nach Bessèges-Aus: Pedersen kann in der Provence starten

(rsn) – Nach seinem vorzeitigen Ausstieg beim Etoile de Bessèges, wo er als Titelverteidiger wegen Magen-Darmproblemen nicht mehr zur 3. Etappe antreten konnte, wird Mads Pedersen die am 14. Februa

13.02.2025Soudal-Neuzugang Paret-Peintre: “Muss noch viel lernen“

(rsn) – Mit seinem Etappensieg am Green Mountain und dem daraus resultierenden zweiten Gesamtrang bei der Tour of Oman hat Valentin Paret-Peintre gleich bei seinem Debüt für Soudal – Quick-Step

13.02.2025Nationaltrainer Schädlich: “Müssen Straße und Bahn verknüpfen“

(rsn) - Gerade einmal zwei Wochen ist es her, seitdem das deutsche Bahnnationalteam der Männer im Trainingslager in Mallorca in einen schweren Unfall verwickelt wurde. Ein Auto raste in die Trainings

13.02.2025Van der Breggen: “Ein ideales Rennen für den Wiedereinstieg“

(rsn) – Nach mehr als dreijähriger Rennpause wird Anna van der Breggen (SD Worx – Protime) zur Valencia-Rundfahrt der Frauen (2.Pro) ihr Comeback geben. Die 34-jährige Niederländerin hatte sich

13.02.2025Die UAE Tour im Rückblick: Die letzten sechs Jahre

(rsn) - Zur Saison 2019 als Zusammenschluss aus Abu Dhabi Tour und Dubai Tour ins Leben gerufen, etablierte sich die siebentägige UAE Tour auf Anhieb im WorldTour-Kalender und entwickelte sich schne

13.02.2025Fidanza mit kleinerem Gang und klarem Kopf zu EM-Gold

(rsn) – In diesem Jahr noch ungeschlagen, startete Lorena Wiebes in das Scratch-Rennen der Bahn-Europameisterschaften in Heusden-Zolder. Die Niederländerin hatte in der noch jungen Saison alle drei

13.02.2025Fehlende Polizeipräsenz: Auch ZLM Tour muss abgesagt werden

(rsn) – Die ZLM Tour wird in diesem Jahr nicht stattfinden können. Wie die Organisatoren der für den 11. bis 15. Juni geplanten niederländischen Rundfahrt mitteilten, ließe sich aufgrund der feh

12.02.2025Teutenberg: “Dachte, das wird heute wohl nichts“

(rsn) - So wie er im letzten Jahr seine Bahnsaison abschloss, so begann Tim Torn Teutenberg am Mittwochabend im Velodrom von Heusden-Zolder das Bahnjahr 2025: mit einer Goldmedaille und einem neuen Tr

12.02.2025Teutenberg holt sich den Elimination-Titel zurück

(rsn) – Tim Torn Teutenberg hat sich zum Auftakt der Bahnrad-Europameisterschaften in Heusden-Zolder seinen bereits vor zwei Jahren erstmals errungenen EM-Titel im Ausscheidungsfahren zurückgeholt.

12.02.2025Niermann: “Es geht um Chancen und Geld“

(rsn) – Mit seinen gerade mal 23 Jahren gehört Olav Kooij (Visma - Lease a Bike) bereits zu den schnellsten Sprintern der Welt. Das unterstrich der Niederländer auch zu Saisonbeginn 2025, als ihm

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour d`Algérie (2.2, DZA)
  • Vuelta Ciclista Interncional (2.2, CHL)