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15.07.2006 | Mann, war das heut ein be.....scheidener Tag. Die ersten zehn Kilometer ging es ein wenig bergab. Wir fuhren trotz Gegenwind schon richtig schnell. Gleich von Beginn an liefen die Attacken. 13 Mann konnten sich lösen. Etwa bei Kilometer 15 kam dann ein Kreisverkehr. Ich fuhr rechts entlang, die meisten anderen links. An der Stelle, wo die Fahrbahnen hinter dem Kreisel wieder zusammen laufen, waren auf der Mittellinie weiße Poller aufgestellt.
Da passiert es: Der Franzose Cédric Vasseur fährt voll auf so ein Ding drauf und legt sich hin. Ich denke noch, da kommst Du dran vorbei, aber dann stürzen vor mir ein paar andere Fahrer. Zum Glück bin ich noch ganz langsam unterwegs. Aber den Sturz verhindern kann das nicht. Ich bin ich auf Hintern und Rücken gefallen und muss mich dabei ungünstig mit der rechten Hand aufgestützt haben. Ergebnis: weder Schürfwunden noch Prellungen - aber meine Hand habe ich mir ordentlich gestaucht.
Ich stehe sofort wieder auf, will weiterfahren, da sehe ich, dass mein Lenker total verbogen ist und sich von mir auch nicht gerade biegen lässt. Das Team-Fahrzeug ist noch einige Meter hinter mir ist, also fahre ich mit krummem Lenker los. Ich richte meine Schaltung, so gut es geht und gebe über die Funk Bescheid, dass ich das Rad tauschen muss. Das Team reagiert schnell und schon ein paar Meter weiter sitze ich auf meinem Ersatzrad. Jetzt heißt es reintreten – und das an einem Berg der 2. Kategorie. Ich muss ihn ziemlich am Anschlag hochfahren. Zum Glück ist mein Ersatzrad gut eingestellt. Ich merke kaum einen Unterschied. Trotzdem brauche ich 30 Kilometer, bis ich das Feld wieder eingeholt habe.
Das war richtig schwer und hat ganz schön Körner gekostet. Das Feld fuhr nämlich ein verdammt hohes Tempo, weil man die große Gruppe vorne wieder einholen wollten. Kurz vor der Hälfte der Etappe hatten wir alle wieder gestellt. Ich fuhr die ganze Zeit ziemlich mitten im Feld, um mich zu erholen. Richtig zugreifen konnte ich aber nicht, zu sehr schmerzte meine Hand.
Kurz nachdem die Ausreißer gestellt wurden, ging die nächste und entscheidende Attacke. Diesmal ließ das Feld die vier Mann wurden ziehen. Das Tempo wurde zum ersten Mal an diesem Tag etwas ruhiger. Die erste Rennhälfte hatten wir in einem Höllentempo bestritten - echt der Wahnsinn. Und das nach der schweren Bergetappe.
Mein Ersatzrad habe ich bis zum Ende behalten. Es lief gut, da hatte ich kein Interesse daran, noch mal anzuhalten und zu wechseln. Nach dem Rennen hat unser Teamarzt meine Hand gleich verbunden, damit sie ruhig gestellt ist. Ich hoffe, dass die Verstauchung schnell abklingt und ich morgen wieder richtig zupacken kann. Ich werde mich auf jeden Fall durchbeißen - so schnell gebe ich meinen Traum von Paris nicht auf!
Christian Knees ist im Team Milram der Aufsteiger des Jahres. Der 25 Jahre alte Profi aus Bornheim bei Bonn etablierte sich im neuen ProTour-Team schnell als unentbehrlicher Helfer von Alessandro Petacchi und konnte im Frühjahr bei „Rund um Köln“ seinen ersten Profisieg feiern. Danach gab Knees sein erfolgreiches Debüt beim Giro d’Italia. Jetzt tritt „der Mann mit dem starken Motor“, wie ihn sein Teamchef Gianluigi Stanga nennt, auch bei der Tour de France erstmals an. Im Tagebuch für Radsport aktiv berichtet Christian Knees täglich über seine Erlebnisse beim größten Radrennen der Welt.