Mayers Kolumbien-Tagebuch / 5. Etappe

„I really, really don’t like this race“

Von Yannick Mayer

Foto zu dem Text "„I really, really don’t like this race“"
Yannick Mayer (Bike Aid) | Foto: Bike Aid

11.08.2014  |  (rsn) - Das heutige Resümee fällt etwas knapper aus als das doch sehr emotionale von gestern. Viel gibt es auch nicht zu berichten, obwohl auch diese Etappe wieder anders verlief als erwartet. Der Start zum heutigen Teilstück über 202 Kilometer fand im kolumbianischen Madrid statt, einem Dörfchen, dass so gar nichts mit der namensgleichen spanischen Hauptstadt zu tun hat.

Nach 11 Kilometern stand auch bereits die erste Bergwertung auf dem Programm. Ich konnte mich in der Wagenkolonne in die fast 40 Kilometer lange Abfahrt retten, aber durch die Kolonne wieder ins Feld zu kommen gestaltete sich schwieriger als gedacht. Extrem viele Kurven, kleine Gegenanstiege und sportliche Leiter, die mit ihren Autos auf keinen Fall Platz machen wollten, machten diese Abfahrt zur Geduldsprobe. Kurz vor Ende der Abfahrt waren Daniel, Meron und ich wieder im Feld und hatten das erste Mal innerhalb der ersten 80 Kilometer Zeit und Luft zum Verpflegen.

Beim Thema Verpflegung ist mir hier aufgefallen, dass nichts weggeworfen wird. In Europa werden überschüssige Trinkflaschen oder Riegel unbenutzt weggeworfen, hier in Kolumbien ist das anders. Sollte ein Fahrer etwas nicht gebrauchen können, bietet er es so lange im Feld an, bis es jemand nimmt. Und es findet sich immer jemand. Z

udem gibt es ein neutrales Verpflegungsmotorrad, das uns Fahrer mit eisgekühlten Softdrinks und Wasser versorgt. An einem solch heißen Tag wie heute tut das ungemein gut, sich direkt im Feld versorgen zu können, ohne das Teamfahrzeug rufen zu müssen.

Der Rest der Etappe verlief weitgehend ruhig. Die Colombia-Mannschaft kontrollierte den Abstand zur Spitzengruppe souverän und im Feld wurde zum ersten Mal in den letzten fünf Tagen geredet und auch gelacht. Gegen Ende stand noch ein Berg der dritten Kategorie im Weg, ehe es die letzten 30 Kilometer bis zum Ziel permanent leicht bergauf ging. Daniel, Meron und ich mussten den Anstrengungen der vorherigen Tage Tribut zollen und fuhren schließlich mit einer Gruppe jener Kolumbianer ins Ziel, die vorher die Tempoarbeit leisten mussten.

Meron Mengstab, einer der beiden Fahrer aus Eritrea im Team Bike Aid, brachte mich heute zwei Mal zum Schmunzeln. Ihr müsst wissen, dass Meron ein sehr akribischer und korrekter Mensch ist. Er hat sich in den Monaten, seit er im Team ist, nie über etwas beschwert oder sein Missfallen geäußert. Umso mehr musste ich grinsen, als er heute meinte: „I really, really don’t like this race“. So etwas hat er bisher nicht mal nach 180 Kilometern Regenrennen gesagt, es muss also auch für ihn schlimm sein.

Die zweite Situation war bei 5 Kilometer vor dem Ziel, als jeder nur noch nach Hause wollte und Meron noch den Nerv hatte, einer kolumbianischen Schönheit hinterher zu rufen, dass sie eine „Good one!“ sei.

Richard hat sein Trikot für den besten Fahrer einer ausländischen Mannschaft übrigens verteidigt, wenngleich sein italienischer Konkurrent heute zwei Sekunden eher im Ziel war. Bei 2:20 Minuten Vorsprung ist das noch hinnehmbar.

Richard hatte während der Etappe auch kurzen Bodenkontakt. Nicht durch Sturz in der Abfahrt, sondern erst 1,3 Kilometer vor dem Ziel. In einer 20-Prozent Rampe hat er den leichtesten Gang nicht reinbekommen und ist umgefallen. Die kolumbianischen Zuschauer setzten ihn jedoch schnell wieder aufs Rad und der Schaden hielt sich in Grenzen.

Morgen steht ein Berg der Ehren-Kategorie an, angeblich mit 35 Kilometer Anstieg am Stück. Ich mag noch gar nicht dran denken…

Bei mir geht’s jetzt ab ins Bett, gute Nacht,

Euer Yannick

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.08.2014Wir kommen wieder - aber nicht als Radfahrer

(rsn) - Letzter Tag und nur 100 Kilometer auf einem schönen Rundkurs in der Stadt, was will man mehr? Gut, vielleicht einen fast sicheren Gesamtsieger, dessen Mannschaft das Geschehen unter Kontrolle

17.08.2014Bergzeitfahren bei Nacht - ein surreales Erlebnis

(rsn) - Als vorletzte Etappe der Kolumbien-Rundfahrt hatte sich der Veranstalter ein besonderes Schmankerl ausgedacht: ein Bergzeitfahren über 17 Kilometer bei Nacht. Es ging von Medellin zum Alto de

16.08.2014Vanilleduft oder Sinnestäuschung?

(rsn) - Heute darf ich leider nur noch von vier aktiven Bike Aid Fahrern berichten. Wie es sich bereits gestern Abend angedeutet hat, konnte Richard nicht mehr zur 9. Etappe antreten. Nach einer schla

15.08.2014So langsam geht es an die Substanz

(rsn)  So langsam sehne ich mir das Ende der Rundfahrt herbei und auch mein Körper schreit regelrecht danach. Ich bin heute Morgen im selben Zustand aufgewacht, in dem ich gestern Abend ins Bett geg

14.08.2014Aus dem lockeren Tag wurde doch noch ein harter

(rsn) - Vor der heutigen 7. Etappe der Kolumbien-Rundfahrt durften wir einen Ruhetag genießen. Dieser ist übrigens Pflicht bei Rennen von mehr als zehn Tagen. Wir blieben also einen weiteren Tag in

12.08.2014Mit fürchterlichem Ohrwurm den Scharfrichter hochgefahren

(rsn) - Die Anspannung vor der heutigen Etappe war bei uns im Team förmlich greifbar. Beim Frühstück wurde wenig gesprochen und jeder achtete nochmals besonders darauf, hochwertige Nahrungsmittel z

10.08.2014Im Ziel brachen bei mir alle Dämme

(rsn) - Vor der heutigen Etappe war bei mir die Angst riesengroß, am Abend nicht mehr im Rennen zu sein. Eine deutlich längere Etappe mit sehr geringer Karenzzeit war nicht gerade das, wonach mir de

09.08.2014Man fühlt sich wie im Circus Maximus

Den Tagesverlauf der dritten Etappe muss ich zumindest teilweise chronologisch schildern, um ein authentisches Gefühl dafür vermitteln zu können, wie es uns momentan geht. Der Sinn für die Schö

08.08.2014Doch nicht Letzter!

(rsn) - Es gibt Rundfahrten, die super organisiert sind und uns Fahrern große Freude bereiten, sofern man von den vier Stunden Radrennen jeden Tag absieht. Die Vuelta a Colombia gehört zu dieser Kat

07.08.2014Die beste Regelung seit Erfindung des Zeitfahrens spielte uns in die Karten

(rsn) - Vor der Ankunft am Startort stand für unsere Truppe noch ein kleiner Inlandsflug von Bogota nach Bucaramanga auf dem Programm. Wollte man eine Rangliste der spektakulärsten Landebahnen diese

Weitere Radsportnachrichten

06.07.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

05.07.2025Ackermann sprintet in Lille extrem früh los und geht leer aus

(rsn) – Platz 19 zum Auftakt. Das klingt auf dem Papier nicht nach einem besonderen Auftritt von Pascal Ackermann (Israel – Premier Tech) auf der 1. Etappe der Tour de France in Lille. Doch der 31

05.07.2025Ein Tag für die Klassikerspezialisten

(rsn) - Auch am zweiten Tag bleibt die Tour de France im Norden Frankreichs. Für die Fahrer bedeutet das eine angenehme Konstante. Die 209 Kilometer lange Etappe führt von Lauwin-Planque zur Küste

05.07.2025Roglic an der Windkante abgehängt! Na und?

(rsn) - Ist das wirklich eine Blamage? Schon am ersten Tag der 112. Tour de France verlor Red Bulls Kapitän Primoz Roglic an der Windkante 39 Sekunden auf die beiden Top-Favoriten Tadej Pogacar (UAR

05.07.2025Ganna fuhr zum Tour-Auftakt 60 Kilometer mit Gehirnerschütterung

(rsn) – Ein Baum verhinderte die freie Sicht auf das, was bei der ersten wirklich wichtigen Szene dieser Tour de France geschehen war. Aus der Helikopterperspektive ließ sich nur beobachten, dass F

05.07.2025Red Bull büßt am ersten Tour-Tag Zeit und Selbstbewusstsein ein

(rsn) - Nein, diesen ersten Tag der Tour de France hatte man sich bei Red Bull – Bora – hansgrohe sicher ganz anders vorgestellt. Mick van Dijke, Laurence Pithie und Gianni Moscon sollten gerade b

05.07.2025Evenepoel verliert beim Tour-Auftakt “dumme Sekunden“

(rsn) – Für Soudal – Quick-Step lief der Auftakt zur 112. Tour de France in Lille nicht nach Maß. Sowohl Remco Evenepoel als auch Tim Merlier hatten den Abgang im Finale der 1. Etappe verpasst.

05.07.2025Benjamin Thomas stürzt ins erste Bergtrikot der Tour

(rsn) - Benjamin Thomas (Cofidis) wird das erste Bergtrikot der 112. Tour de France mit einigen Schmerzen bezahlen. Der Franzose lieferte sich am Mont Cassel, der zweiten von drei Bergwertungen, ein p

05.07.2025Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de France

(rsn) – Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) hat den Auftakt der 112. Tour de France (2.UWT) gewonnen und mit seinem insgesamt zehnten Tagessieg das erste Gelbe Trikot übernommen. Der 27-jähr

05.07.2025Zimmermann: “Das war kein idealer Start für uns“

(rsn) – Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) hat die 1. Etappe der 112. Tour de France über 184,9 Kilometer rund um Lille gewonnen und das Gelbe Trikot übernommen. Der Belgier ließ im Sprint

05.07.2025“Fantastische Team-Performance“: Philippsen sprintet ins Gelbe

(rsn) – Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) hat den Auftakt zur 112. Tour de France gewonnen und sich das erste Gelbe Trikot gesichert. Im Sprint einer rund 30-köpfigen Spitzengruppe war der

05.07.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 1. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 5. Juli im nordfranzzösischen Lille zur 112. Tour de France (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, drei Österreicher und fünf Schweizer. Hier listen

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de France (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Sibiu Tour (2.1, ROU)
  • BW Classic (1.2, BEL)
  • Giro del Medio Brenta (1.2, ITA)
  • Grand Prix Edebiyat Yolu (1.2, TUR)
  • Grand Prix de la Ville de (1.2, FRA)
  • Midden-Brabant Poort Omloop (1.2, NED)
  • Tour of Magnificent Qinghai (2.Pro, CHN)