Gilbert siegt in Verbania als Ausreißer

Contador wird am Monte Ologno bis auf Hesjedal alle Konkurrenten los

Foto zu dem Text "Contador wird am Monte Ologno bis auf Hesjedal alle Konkurrenten los"
Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) baute auf der 18. Giro-Etappe seine Führung aus. | Foto: Cor Vos

28.05.2015  |  (rsn) – Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) gibt sich beim 98. Giro d’Italia nicht damit zufrieden, die Konkurrenz in Schach zu halten. Der Spanier ging stattdessen auch auf der 18. Etappe, die über 170 Kilometer von Melide nach Verbania führte, in die Offensive und schüttelte mit einer Attacke im Monte Ologno, dem einzigen kategorisierten Berg des Tages, den Spanier Mikel Landa und den Italiener Fabio Aru ab und vergrößerte im Gesamtklassement seinen Abstand auf das Astana-Duo um jeweils 1:13 Minuten.

Nach seinem zwölften Tag im Rosa Trikot führt Contador das Gesamtklassement nun mit 5:15 Minuten auf Landa an, der drittplatzierte Aru, der am Berg erneut Schwächen zeigte, hat bereits 6:05 Minuten Rückstand auf den souveränen Spitzenreiter, den jetzt nur noch drei Etappen oder 613 Kilometer von seinem zweiten Giro-Triumph nach 2008 trennen.

Seinen zweiten Tageserfolg bei dieser Italien-Rundfahrt konnte am Donnerstag bei strahlendem Sonnenschein Philippe Gilbert (BMC) verbuchen. Der Belgier hatte in der Abfahrt vom Ologno, einem gut zehn Kilometer langen und im Schnitt neun Prozent steilen Anstieg der 1. Kategorie, den Anschluss an seine vierköpfige Spitzengruppe geschafft und diese sofort attackiert. Auf den letzten 19 Kilometern bis ins Ziel konnte der 32-Jährige seinen Vorsprung auf seine uneinigen Verfolger halten können.

„Auf den letzten drei, vier Kilometern konnte ich es genießen, weil ich von (Sportdirektor) Valerio Piva über Funk hörte, dass ich eine Minute auf die Verfolger hatte und da wusste ich, das ich gewonnen hatte“, kommentierte Gilbert seinen insgesamt dritten tagessieg bei einer Italien-Rundfahrt und bestätigte, dass seine Mannschaft heute mit Bedacht die Ausreißerkarte gespielt hatte. „Wir wussten, dass heute eine Gruppe würde durchkommen können. Jeder hat’s probiert, und Moinard und ich haben es geschafft.“

Sein französischer Teamkollege leistete Gilbert im Finale noch wertvolle Dienste und neutralisierte diverse Angriffe etwa von Francesco Bongiorno (Bardiani-CSF). Der junge Italiener konnte sich erst auf den letzten flachen Kilometern aus der Gruppe lösen schließlich Rang zwei einfahren, 47 Sekunden hinter Gilbert. Dritter wurde der Franzose Sylvain Chavanel (IAM), der sich im Sprint der ersten Gruppe Rang drei vor Bongiornos Landsmann Matteo Busato (Southeast), Moinard, dem Spanier David De La Cruz (Etixx - Quick-Step) Rinaldo Nocentini (Ag2R), einem weiteren Italiener und dem Weißrussen Kanstantin Siutsou (Sky) sicherte.

Contador, der sein Team in der Anfahrt zum Monte Ologno viel arbeiten ließ, um noch im unteren Teil des Anstiegs davonzuziehen, kam 6:05 Minuten hinter dem Etappensieger zeitgleich hinter dem Kanadier Ryder Hesjedal (Cannondale-Garmin) als Zwölfter ins Ziel. Für Diskussionen sorgte die Attacke des Madrilenen deshalb, weil ein Sturz am Fuß des Berges unter anderem Landa aufgehalten hatte.

Zwar bolzte Tinkoff-Saxo zu diesem Zeitpunkt bereits an der Spitze des schnell schrumpfenden Feldes Tempo, doch das Rosa Trikot trat erst so richtig an, als sich Landa bereits in der Verfolgung befand. Allerdings bestritt Contador, dass sein Angriff eine Revanche für die Mortirolo-Etappe gewesen sei, als Astana einen Defekt des Spitzenreiters nutzte, um zu attackieren und Contador damit in Schwierigkeiten zu bringen.

„Das war eine ganz andere Situation als vor zwei Tagen“, sagte er auf der Pressekonferenz und bestritt, dass die Attacke eine Reaktion auf den Sturz gewesen sei. „Wir wollten das Tempo hochhalten und uns vorn aufhalten, weil die Straße sehr schmal war. Da hatten ja teilweise nur zwei Mann Platz nebeneinander. Dann sind hinter uns die Stürze geschehen, worauf wir aber nicht geachtet haben. Als wir im Berg waren, habe ich gesehen, dass Fabio heute nicht so gute Beine hatte. Da habe ich attackiert“, so Contador, der sich trotz seines komfortablen Vorsprung noch immer nicht auf der sicheren Seite wähnt: „Ich habe einen guten Vorsprung herausgefahren. Morgen wird wieder ein schwerer Tag. Ich nutze jede Gelegenheit, das Trikot zu verteidigen. Ich habe jetzt einen guten Vorsprung, der Vorteil ist jetzt auf meiner Seite. Aber es kann noch viel passieren bis Mailand.“

Auch Contadors Sportlicher Leiter Stephen de Jong dementierte indirekt, dass es Tinkoff-Saxo darum gegangen sei, es Astana quasi heimzuzahlen. „Wir wussten, dass Alberto im Regen gewöhnlich keine Probleme hat. Aber es war heute ein heißer Tag angekündigt. Also waren wir besonders aufmerksam. Das ist alles“, sagte der Niederländer zu radsport-news.com.

Dagegen sah Landas und Arus Teamkollege Tanel Kangert Contadors Aktion sehr wohl als Revanche für die 16. Etappe. „Heute haben sie es so dreckig gespielt wie alle anderen, mit dem Unterschied, dass sie die anderen anklagen. Sie sollten mal in den Spiegel gucken“, sagte der Este, dem es mit den weiteren Helfern nicht gelang, seine Kapitäne wieder an Contador heranzuführen, im Ziel zu radsport-news.com. „Aber ich mache ihnen keinen Vorwurf, was sie gemacht haben, ist Teil des Radsports, es gehört zum Radsport von heute.“

Dabei hatte der Madrilene noch eine Schrecksekunde zu überstehen, als ihm die im Anstieg Kette herunterfiel. „Als er das Problem mit der Kette hatte, ist uns allen noch einmal besonders heiß geworden“, gab de Jongh gegenüber radsport-news.com zu. „Sie ist, glaube ich, erst nach innen gefallen, dann hat Alberto sie mit der Hand versucht wieder aufzulegen, dann ist sie nach außen gerutscht. Danach hat ihm der Mechaniker geholfen. An so einer steilen Stelle anzuhalten wäre gar nicht gut gewesen.“ Letztlich aber kam Contador wieder in Tritt, ohne entscheidend Zeit einzubüßen.

Ohne fremde Hilfe hätte Contador seinen Vorsprung auf den letzten immerhin 35 Kilometern, die dem Gipfel des 1.168 hohen Ologno folgten - inklusive zweier nicht kategorisierter Gegensteigungen – trotzdem wohl nicht behaupten können. Als sein Glück erwies sich, dass kurz vor der Bergwertung Hesjedal zu ihm aufschloss und in der Folge – gemeinsam mit seinem Helfer Davide Villela, der aus der ursprünglich zwölfköpfigen Spitzengruppe zurückgefallen war – den Löwenanteil der Führungsarbeit übernahm.

So gelang es dem Trio, seinen Vorsprung bis ins Ziel gegenüber der Landa-Gruppe, in der alle Klassementfahrer der Top Ten dabei waren, auf schließlich 1:13 Minuten auszubauen, was Hesjedal die Verbesserung auf Platz neun der Gesamtwertung einbrachte. „Ich musste auf Ryder warten und mich deshalb zurückfallen lassen. Für ihn war das eine gute Situation, um im Klassement etwas gutzumachen“, sagte Villela nach der Etappe zu radsport-news.com. „Wir haben dann gut zusammengearbeitet, auch mit Alberto. Klar, wir haben mehr gemacht, wir waren ja auch zu zweit. Aber auch Contador hat bei der Führungsarbeit mitgemacht."

Ehe sich am Monte Ologno die Ereignisse überschlugen, war die Etappe in durchaus geordneten Bahnen verlaufen. Mehr als 40 Kilometer blieb das Feld beisammen, ehe sich nach langem Kampf gleich 14 Fahrer lösen konnten: Neben Gilbert, Moinard, Bongiorno, Siutsou Villella, Nocentini, Busato Chavanel, De La Cruz und Weening noch Chad Haga (Giant-Alpecin), Damiano Cunego (Nippo- Vini Fantini), Roberto Ferrari (Lampre- Merida), und Maxim Belkov (Katusha).

Doch ein Sturz reduzierte die Gruppe auf zwölf Fahrer in der Spitzengruppe, Der 34-jährige Cunego, Giro-Gesamtsieger von 2004, dessen bestes Ergebnis bei der diesjährigen Austragung ein neunter Platz auf der 9. Etappe mit Ziel an der Bergankunft in Campitello Matese gewesen war, musste aufgeben, Ferrari schaffte nicht mehr den Anschluss.

Danach brauchten die Ausreißer nur gut zehn Kilometer, um ihren Vorsprung auf mehr als 6:30 Minuten auszubauen. Maximal wurden es schließlich fast 13 Minuten, ehe nach gut 120 Kilometern der Monte Ologno erreicht wurde. Contador musste trotz des zwischenzeitlich großen Rückstands nicht beunruhigt sein, denn Moinard, als Fünfzehnter des Gesamtklassements der bestplatzierte der Ausreißer, hatte mehr als 26 Minuten Rückstand in die Etappe genommen. Deshalb ließ es Tinkoff-Saxo in der Verfolgung der Spitzengruppe zunächst auch eher gemächlich angehen.

Doch je näher der Monte Ologono rückte, umso schärferes Tempo schlug Tinkoff-Saxo ein, um seinen Kapitän in Position zu fahren und den Kontrahenten die Lust auf Attacken zu nehmen. Beides gelang nach Wunsch.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.06.2015Sky will an Idee mit Motorhomes festhalten

(rsn) – Glück brachte das sogenannte Motorhome, eine Art Campingwagen, das die britische Sky-Mannschaft mit zur diesjährigen Auflage der Italien-Rundfahrt brachte, Richie Porte nicht. Der Tasman

04.06.2015Van Den Broeck: „Wir sind doch keine Maschinen"

(rsn) - Nachdem Teamchef Marc Sergeant seine Enttäuschung über das Giro-Abschneiden seines Kapitäns Jurgen Van Den Broeck kundgetan und dessen Trainer sich im Gegenzug über fehlendes Vertrauen von

02.06.2015Unfairer Coledan und die Ausreißer durchkreuzten Kluges Ziele

(rsn) - Den Sieg auf der prestigeträchtigen Schlussetappe mit Ziel in Mailand sowie die Rote Laterne als Vorletzter knapp verpasst, dennoch war Roger Kluge (IAM) mit seiner Giro-Premiere zufrieden.

01.06.2015Bei Katusha saß der zweite Anzug, bei Sky griff Plan B

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück

01.06.2015Vegni: „Sestriere-Etappe war herausragend"

(rsn) – Giro-Chef Mauro Vegni hat eine positive Bilanz der am Sonntag in Mailand zu Ende gegangenen 98. Italien-Rundfahrt gezogen. „Ich bin sehr zufrieden, wie dieser Giro abgelaufen ist“, sagte

01.06.2015Orica mit Gala-Auftakt, Movistar auch ohne Nairo Quintana Spitze

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück

01.06.2015Lampre kann vier Mal jubeln, CCC Sprandi bleibt nur die Tristesse

rsn - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück g

01.06.2015Debütant Dayer Quintana: „Der Giro war richtig schön"

(rsn) – Nairo Quintana (Movistar) gewann gleich bei seinem Debüt im vergangenen Jahr den Giro d’Italia. Für seinen jüngeren Bruder Dayer ging es bei dessen erster Teilnahme an einer dreiwöchig

01.06.2015Astana fuhr in einer eigenen Liga, BMC erreichte seine Ziele

(rsn) - Drei harte Wochen Giro d`Italia liegen hinter den Fahrern. radsport-news.com zieht in einer vierteiligen Reihe Bilanz: Welche Teams haben überzeugt, welche sind hinter den Erwartungen zurück

31.05.2015Keisse düpiert in Mailand die Sprinter, Kluge Dritter

(rsn) – Am letzten Tag des 98. Giro d’Italia waren alle Blicke auf Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) und die Sprinter gerichtet. Doch auf der 21. Etappe, die über 178 flache Kilometer von Turin nac

31.05.2015Jetzt wartet die Tour auf Contador

Mailand (dpa/rsn) - Zum Feiern bleibt nicht viel Zeit. Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) wird seinen am Sonntag errungen zweiten Gesamtsieg beim Giro d`Italia schnell abhaken müssen, um sich auf

31.05.2015Contador triumphiert in Mailand, Keisse gewinnt Schlussetappe

(rsn) – Alberto Contador (Tinkoff-Saxo-Tinkoff) hat den 98. Giro d’Italia gewonnen und damit seinen zweiten Gesamtsieg nach 2008 gefeiert. Auf der abschließenden 21. Etappe kam der Spanier mit de

Weitere Radsportnachrichten

16.04.2024Gnadenwald-Attacke beschert De Marchi Solo-Sieg in Stans

(rsn) – Alessandro De Marchi (Jayco – AlUla) hat als Solist die 2. Etappe der Tour of the Alps gewonnen. Der 37-jährige Italiener setzte sich auf der längsten Etappe der Woche nach 190,7 Kilomet

16.04.2024Vingegaard verlässt das Krankenhaus in Vitoria-Gasteiz

(rsn) – Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) hat zwölf Tage nach seinem schweren Sturz auf der 4. Etappe der Baskenland-Rundfahrt das Krankenhaus von Txagorritxu in der baskischen Hauptstadt V

16.04.2024Shackley muss ihre Karriere mit nur 22 Jahren beenden

(rsn) – Anna Shackley (SD Worx – Protime) muss ihre Profikarriere im Alter von nur 22 Jahren beenden. Die Britin, die im vergangenen Jahr in der U23 EM-Zweite und WM-Dritte sowie Zweite der Tour d

16.04.2024Eschborn-Frankfurt verspricht erneut Angriffs-Spektakel

(rsn) – Nicht nur wie ursprünglich angekündigt 13, sondern sogar 14 WorldTour-Mannschaften werden am 1. Mai bei Eschborn-Frankfurt am Start stehen und das Rennen durch den Taunus in Angriff nehmen

16.04.2024Blackmore steigt bei Israel - Premier Tech zu den Profis auf

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

16.04.2024Stork: Aus der Höhe über die Alpen zum Giro d´Italia

(rsn) – Auf der 1. Etappe der Tour of the Alps (2.Pro) lief es noch nicht ganz rund bei Florian Stork (Tudor). Der 26-Jährige verpasste bei der zweiten und letzten Überfahrt von Penone das erste F

16.04.2024Uno-X Mobility streicht ab 2025 sein Development-Team

(rsn) – Der norwegische Rennstall Uno-X Mobility wird ab 2025 nur noch zwei und nicht mehr drei Teams umfassen: Während man mit dem Elite-Team der Männer für 2026 den Aufstieg in die WorldTour an

16.04.2024Pickering kommt bei Horror-Crash mit Gehirnerschütterung davon

(rsn) – Wer in der finalen Abfahrt der 1. Etappe bei der Tour of the Alps (2.Pro) hinunter nach Kurtinig genau hinschaute, der sah 15 Kilometer vor dem Ziel an etwa 20. Stelle des Feldes einen Fahre

16.04.2024US-Rennserie NCL stellt für 2024 den Betrieb ein

(rsn) – Die erst im vergangenen Jahr ins Leben gerufene nordamerikanische Radsport-Liga NCL steht offensichtlich vor dem Aus. Das Unternehmen, das in Anlehnung an die anderen großen US-Sportligen N

16.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wie geht´s zum Liveticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

15.04.2024Eine Mur mehr als bisher: Strecken des Fleche Wallonne im Detail

(rsn) – Wenn am Mittwoch zum 30. Mal in Charleroi der Fleche Wallonne der Männer beginnt, gibt es ein Novum: Bei der 88. Austragung des ´Wallonichen Pfeils´ wird die Mur de Huy erstmals vier Mal

15.04.2024Foss auf dem Weg zurück zum alten Glanz

(rsn) – Seitdem die Tour of the Alps 2017 den Giro del Trentino ablöste, ist das Team Ineos Grenadiers die bestimmende Mannschaft des Rennens. Drei der letzten sechs Ausgaben konnte das britische W

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)