Zeitfahrrad wurde ihm auf den Leib geschneidert

Van der Poel belohnt Nachtarbeit seines Teams mit mehr Gelb

Von Joachim Logisch aus Laval

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Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) verteidigte im ersten Tour-Zeitfahren überraschend das Gelbe Trikot. | Foto: Cor Vos

30.06.2021  |  (rsn) - Wahrscheinlich kann man Mathieu van der Poel auch ein Dreirad geben und er macht noch was Außergewöhnliches draus. Im Prinzip aus dem Stand heraus belegte der Niederländer den sensationellen fünften Platz im ersten Zeitfahren der Tour de France und verteidigte überraschend das Gelbe Trikot.

Damit fügte der zweifache Cross-Weltmeister, Mountainbike-Europameister und Gewinner der Flandern-Rundfahrt seiner noch jungen, aber einzigartigen Karriere ein weiteres Highlight hinzu. Eigenen Angaben nach war es erst das zweite Zeitfahren in diesem Jahr, dass er ernsthaft in Angriff nahm. Van der Poel: "Mein erstes Zeitfahren war in der Schweiz (10,9 km/25. Platz), zuvor hatte ich das Zeitfahrrad noch nicht angerührt." Bei Tirreno-Adriatico hatte er abgeschenkt und war nur 67. geworden.

Damit dem Gewinner der 2. Tour-Etappe zur Mur de Bretagne die Rennmaschine wie auf den Leib geschneidert passte, hatten er und später sein Team am Tag davor lange gebastelt. "Wir haben den Lenker etwas erhöht, dass ich etwas bequemer saß und der Helm und die Räder (vom Team Ineos, d. Red.) waren andere. Aber ich denke, die Strecke ist mir sehr entgegengekommen, mit Aufs und Abs, mit Stellen, wo man sich erholen konnte. Ich denke, ich kann stolz sein", verriet er Einzelheiten, um danach auch seine Unterstützer nicht zu vergessen:

"Ich muss dem Team danken, denn wir haben letzte Nacht noch lange an einer besseren Sitzposition gefeilt. Sie hat sich dann als noch besser als erwartet herausgestellt", lobte van der Poel seine Mannschaft in der Siegerpressekonferenz.

"Einer meiner besten Tage auf dem Rad überhaupt"

"Vor allem waren es Christoph Roodhooft und Kristof De Kegel, die gestern noch lange am Rad gearbeitet haben. Besonders Roodhooft hat daran geglaubt, dass ich das Trikot im Zeitfahren verteidigen könnte. Dafür danke ich ihm sehr", nannte er explizit einen seiner beiden Teammanager, der ihm die nötige Motivation für diese Glanztat gab. Roodhooft ist dafür bekannt, dass er auch als Teamchef noch selbst sehr oft Hand an die Rennmaschinen legt.

Auf den 27 Kilometern der 5. Etappe zwischen Changé und Laval in Nordfrankreich passte an diesem Tag einfach alles. Van der Poel: "Heute hatte ich einen meiner besten Tage auf dem Rad überhaupt. Ich habe mich richtig, richtig stark gefühlt. Auch das Gelbe Trikot hat mir Flügel verliehen. Es ist schon etwas Besonderes, in diesem Trikot vor den französischen Zuschauern zu fahren. Ich bin wirklich stolz auf diese Leistung. Daran werde ich noch lange zurückdenken."

Nach diesem unerwarteten Erfolg will sich der Gewinner das Amstel Gold Race von 2019 in Zukunft intensiver der Maschine mit dem Scheibenrad widmen. "Es war schon länger mein Wunsch, etwas mehr Zeit ins Zeitfahren zu investieren, denn das kann auch bei kleineren Rundfahrten entscheidend sein, wie etwa bei der BinckBank Tour", eklärte er. 

Van der Poel zieht Hut vor Pogacar

Im vergangenen Jahr hatte er dort im Zeitfahren ebenfalls als Etappenfünfter die Gesamtführung erobert, die er dann bis zum Rennende behauptete. Die BinckBank Tour ist allerdings nicht drei, sondern nur eine Woche lang und beinhaltet kein Hochgebirge.

Bei aller Überraschung weiß das Universalgenie auf Rädern, dass er Gelb nicht mehr lange verteidigen kann. "Vielleicht halte ich es noch für zwei Tage. Im Hochgebirge am Wochenende ist dann aber Schluss", meinte er. 

Vermutlich wird er das Trikot gerne an Tour-Titelverteidiger Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) weitergeben, der ihm als Zeitfahrsieger schon bis auf acht Sekunden nah gekommen ist. Denn die beiden können gut miteinander. Van der Poel: "Tadej und Ich haben einen guten Draht zueinander. Ich mag ihn, er ist superfreundlich, manchmal schicken wir uns Nachrichten auf Instagram. Es ist einfach unglaublich, was er heute wieder abgeliefert hat. Als GC-Fahrer dieses Zeitfahren zu gewinnen, das ist etwas Großes. Er hat sich das absolut verdient."

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