Engelhardts Neo-Profi-Blog

Nach dem ersten Profisieg von einem Auto im Training umgefahren

Von Felix Engelhardt

Foto zu dem Text "Nach dem ersten Profisieg von einem Auto im Training umgefahren"
Felix Engelhardt (Jayco - AlUla) beim Flèche Wallonne | Foto: Cor Vos

20.04.2023  |  (rsn) - Seit meinem letzten Eintrag nach Strade Bianche ist einiges an Zeit vergangen und es ist wirklich viel passiert – vom ersten Profisieg hin bis zu einem schweren Trainingssturz. Aber ich erzähle euch der Reihe nach, wie die letzten Wochen verliefen.

Im Trainingslager in Spanien habe ich versucht, die nachfolgenden Rennen so gut wie möglich vorzubereiten. Bei Il Sempre Alfredo habe ich schon gemerkt, dass ich gute Beine habe. Das Team hatte auch die Erwartungshaltung, dass ich auf Ergebnis fahren soll, da das Rennen nicht so stark besetzt war. Klar, es waren auch noch andere WorldTeams am Start, aber eben nicht die absoluten Top-Stars.

Ich habe mich den ganzen Tag gut gefühlt, auf den Abfahrten gab es aber auch ziemlich viele Stürze, da muss man dann aber auch ein bisschen Glück haben – und vielleicht auch ein bisschen vernünftig sein und nicht in der Abfahrt attackieren. Das haben nämlich einige versucht und es mit einem Sturz bezahlt.

Am Ende habe ich mich in den Leadout vom Team Bardiani reingehängt, sie haben mich mehr oder weniger perfekt abgeliefert. Ich hatte noch super Beine im Sprint, und dass es dann mit dem Sieg klappte, war natürlich mega. Das hatte ich so nicht erwartet, gleich in meinem ersten Profijahr etwas zu gewinnen. Einfach Wahnsinn.

Zum Feiern blieb aber gar nicht so viel Zeit, da ich direkt danach Coppi e Bartali gefahren bin. Das lief auch richtig gut, es haben nur die letzten paar Prozent an den Anstiegen gefehlt. Dazu kommt, dass ich die letzten vier Jahre kein Zeitfahren gefahren bin, außer Mannschaftszeitfahren, das merkt man dann doch. Das war ein bisschen schade, aber die Form war echt super.

Das Auto hatte sicherlich 80 oder 90km/h drauf

Zwei Tage nach Coppi e Bartali folgte dann aber der Tiefschlag. Ich wurde im Training von einem Auto angefahren, und zwar in einem der Tunnel rund um den Gardasee. Trotz Licht und aller Vorsicht wurde ich von hinten mit recht hoher Geschwindigkeit angefahren. Ich habe mir dabei das Wadenbein gebrochen und war auch so ganz gut mitgenommen, da das Auto sicherlich 80 oder 90 km/h drauf hatte. Mir ist aber zum Glück sonst nicht viel passiert. Der Autofahrer hatte aber nicht mal angehalten, dafür haben mir andere Radfahrer aus Südtirol geholfen, das alles zu managen.

Ich habe eine Zeit in Italien im Krankenhaus verbracht, wo kein Bruch diagnostiziert wurde. Als es danach immer noch nicht besser ging, wurde in Deutschland noch mal nachgecheckt, wobei rauskam, dass das Wadenbein zumindest angebrochen ist. Es tut zwar weh, aber ich konnte recht schnell wieder trainieren. Bereits vier Tage später saß ich wieder auf dem Rad.

Der Unfall war jetzt für die weitere Vorbereitung nicht ideal, aber wenigstens konnte ich fahren und auf dem Rad ging es mir deutlich besser als beim Laufen, wo ich immer noch eingeschränkt bin. Auf dem Rad ist es aber relativ gut.

Mega zufrieden, schnell wieder Rennen fahren zu können

Entsprechend zufrieden war ich, wie die anschließenden Sizilien-Rundfahrt verlief, auch für mich kein weltbewegendes Ergebnis dabei herauskam. Auf der langen Bergetappe habe ich mich aber schon wieder ganz gut gefühlt und so ging ich optimistisch zu Reggio Calabria, wo wir das einzige WorldTeam am Start waren.

Ursprünglich dachten wir, dass es ein Sprinterrennen wird. Aber das Team Eolo - Kometa hat dem ganzen recht schnell einen Strich durch die Rechnung gemacht, die sind Vollgas die Anstiege hochgefahren, um es für Vincenzo Albanese selektiv zu machen. Sie konnten es aber nicht bis zum Ziel durchhalten und so wurde es nach dem letzten Anstieg recht chaotisch. Im Finale hat jeder auf uns geschaut, von daher war es extrem schwierig. Ich musste auch noch ein, zwei Lücken schließen und obwohl Kevin Colleoni und ich einen super Job gemacht haben, hat es am Ende nicht ganz gereicht.

Es war eine Kombination aus noch nicht wieder bei 100 Prozent sein, viel für den Sprint investieren müssen und dann zu früh losfahren, was am Ende gefehlt hat. Vierter ist nicht enttäuschend, aber Podium wäre schön gewesen. Zum Sieg gehört auch immer etwas Glück und die nötige Tagesform dazu. Ich bin aber vor allem mega zufrieden, dass ich so schnell nach dem Unfall wieder Rennen fahren kann.

Mur de Huy: die ekelhaftesten 500 Meter im Radsport

Beim Fleche Wallonne am Mittwoch bin ich eingesprungen. Das Rennen lief für uns leider nicht ideal, da wir uns als Team etwas verloren hatten. Ich hätte sonst vielleicht auch auf Ergebnis fahren können. Im Endeffekt sind wir dann aber für Matteo Sobrero gefahren, da die letzten Kilometer wirklich chaotisch waren. Er hat eine super Form und seine Chance absolut verdient.

Den Flèche Wallonne würde ich als klassisches Ardennenrennen beschreiben. Nur Waschmaschine mit schmalen und steilen Straßen, brutal hart. Aber ich finde die Rennen in Belgien immer cool. Es sind viele Zuschauer am Straßenrand und im Rennen ist immer Action. Die Mur de Huy hochzufahren ist ein Wahnsinnsgefühl. Das sind die ekelhaftesten 500 Meter im Radsport, die ziehen sich eine halbe Ewigkeit. Wenn man unten reinfährt, denkt man sich: so schlimm ist es gar nicht. Und dann sieht man 300 Meter to go, 200 Meter to go und denkt sich: Oje, das ist schon noch ein ganz schön langer Weg da hoch. Es war aber auf jeden Fall eine coole Erfahrung und ich habe mich im Rennen auch ganz gut gefühlt. Ich würde es in den nächsten Jahren gerne öfter fahren.

Als nächstes fahre ich am 1. Mai Eschborn Frankfurt, dann habe ich erstmal einen knappen Monat rennfrei bis zu den Brüssels Cycling Classics Anfang Juni und danach folgen Gippingen und Tour de Suisse. Es ist also schon ein behutsamer Aufbau und es wird sich zeigen, was im letzten Teil der Saison kommt. Im Juli werde ich wohl noch mal etwas Pause haben. Das Team plant mit mir langfristig und will auch nichts überstürzen und bei mir geht es auch erst einmal darum, bei kleineren Rennen vorne reinfahren zu können. Das auch bei den großen Rennen umsetzen zu können, ist schon noch ein langer Weg.

Durch meinen ersten Profisieg hat sich indes nicht viel geändert. Das Team hatte schon von Anfang an das Vertrauen in mich und mir Leaderrollen gegeben. Aber sich selbst zu beweisen, dass man das auch umsetzen kann, ist ein sehr gutes Gefühl. Das festigt die ganze Zusammenarbeit nochmal. Ich bin zu Jayco gegangen, um auch die Chancen und Freiheiten zu bekommen, auf der anderen Seite bringt das auch eine gewisse Erwartungshaltung mit. Wenn man die erfüllen kann, ist es umso schöner.

Viele Grüße
Euer Felix

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