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02.07.2024 | (rsn) – Kurz nach der Zieldurchfahrt der 4. Etappe der Tour de France (2.UWT) war Nils Politts Stimme noch etwas verwaschen, die Anstrengungen des harten Tages in den Alpen waren dem Profi vom UAE Team Emirates anzumerken. Gleichzeitig spürte man aus seiner Reaktion große Zufriedenheit mit der gezeigten Leistung – der des Teams, aber auch seiner eigenen.
"Es wollte uns natürlich kein Team helfen und so musste ich die Gruppe heute alleine kontrollieren", sagte Politt am ARD-Mikrofon. Denn schon am Anstieg nach Sestrieres löste sich eine größere Gruppe aus dem Feld und zwang UAE zur Reaktion – und dafür war Politt zuständig. "Das ist mein Job, den muss ich machen und heute, denke ich, habe ich ihn mit Bravour gemeistert“, sagte er später.
Das war fast schon ein Understatement. Gerade einmal 140 Kilometer lang war die Etappe, daher das Tempo von Anfang an extrem hoch. Und an der Spitze des Feldes mit allen Favoriten sah man vor allem einen Fahrer: Politt. Seiner Arbeit hatte UAE Team Emirates zu verdanken, dass eine zwar große, aber kontrollierbare Gruppe ohne Gefahr für die Gesamtwertung davon fuhr.
Am ersten Berg des Tages hielt er die 18 Fahrer fast alleine in Schach, der Vorsprung stieg nie über die Marke von drei Minuten, was den Ausreißern als idealer Vorsprung prognostiziert wurde, um es vor den Favoriten über den Col du Galibier zu schaffen. ___STEADY_PAYWALL___
“Wir mussten die Etappe kontrollieren“, sagte Politt im Ziel und fügte an: “Das Tempo war von Anfang an sehr hoch, auch durch die frühe Sprintwertung. Auch den Anstieg nach Sestrieres sind wir sehr hart und schnell gefahren. Da ist das Feld gerissen und ich war in der zweiten Gruppe, das war nicht ideal, aber ich konnte zurückkommen.“
Nicht nur die vielen Bergaufkilometer sorgten für einen harten Tag des Hürthers, ein weiterer Faktor erschwerte seine Aufgabe. Einen Großteil der Etappe hatten die Fahrer mit starkem Gegenwind zu kämpfen. Politt fuhr 100 Kilometer und zwei Pässe lang gegen diesen Wind an. Alles mit dem Ziel, sein Team und vor allem seinen Kapitän Pogacar in der idealen Position zu halten – und damit die Chance für den Tagessieg aufrecht zu halten.
Nils Politt fuhr fast den ganzen Tag an der Spitze des Feldes | Foto: Cor Vos
Das funktionierte perfekt. Erst am Col du Lautaret, dem ersten Teil des langen letzten Anstiegs zum Col du Galibier hinauf, nahm Politt raus und überließ dem Belgier Tim Wellens die Arbeit an der Spitze des Feldes. Der Abstand zu den Ausreißern betrug zu diesem Zeitpunkt gerade mal noch 1:30 Minuten. Dann konnte der Deutsche locker ins Ziel fahren.
Valloire erreichte er mit einem Rückstand von 24 Minuten auf den Tagessieger Pogacar. Politts Timing hätte nicht perfekter sein können, überquerte er den Strich im selben Moment, als sein slowenischer Kapitän das Gelbe Trikot übergestreift bekam. Beide fanden sich und jubelten sich zu. Als ob sie sogar das abgestimmt hätten, einfach Teamwork in Perfektion.
Es entsprach auch genau dem Plan, den das Team aus den Emiraten mit dem Deutschen hatte. "Ich reise ohne eigene Ambitionen zur Tour", sagte der 30-Jährige in einer Medienrunde während der Deutschen Meisterschaft und fügte erklärend an: "Wenn wir den Sieg holen, dann haben wir alle gewonnen. Und ich bin vielleicht auch froh, wenn ich ein paar Tage statt in einer Spitzengruppe einfach im Feld verbringen kann."
Seine Equipe hatte sich den Tag offensichtlich rot im Kalender markiert. Nachdem Politt seinen Arbeitstag beendet hatte, übernahm der Rest des Teams und steigerte das Tempo im Anstieg weiter, bis schlussendlich Pogacar attackierte und als Solist das Ziel erreichte. "Er wollte die Etappe heute unbedingt gewinnen, das hat geklappt, dazu das Gelbe Trikot, alles perfekt. Jetzt hoffen wir natürlich, dass wir es so lange wie möglich tragen können.“
Nach Politts Leistung zeigte sich UAE Team Emirates weiter als stärkste Equipe im Feld.| Foto: Cor Vos
Damit das eintrifft, wird es auch in den nächsten Tagen auf den deutschen Allrounder ankommen. Die Aufgabenstellung wird sich kaum ändern: Tempo machen, Pogacar beschützen sowie Lücken zu gefährlichen Fahrern schließen. Das wird auch auf den kommenden Flachetappen der Fall sein und ganz besonders auf dem Gravel-Teilstück rund um Troyes.
Ein Sonderlob an das ganze Team gab es schon vom neuen alten Gelben Trikot im Etappenziel – auch wenn Politt dabei nicht namentlich erwähnt wurde: “Heute war vom Beginn des letzten Anstieges starker Gegenwind. Um da vorne zu fahren, brauchst du Eier. Ein Kompliment an das ganze Team. Wir haben heute gezeigt, dass wir mit Sicherheit eines der besten Teams im Feld haben. Wir müssen einfach so weiter machen“, sagte Pogacar.