--> -->
22.07.2008 | Heute haben wir die große Offensive von CSC erwartet, aber es lief ganz nach unserem Geschmack und unser Koxi ist wieder ein Wahnsinnsrennen gefahren. Sogar für mich als Sprinter war es echt ein schöner Tag. Ich weiß nicht, ob ich das jemals schon mal gesagt habe nach einer Bergetappe. Vorhin haben Kraussi und ich nach dem Rennen noch ein herrliches Bad in einem Bergsee am Hotel genossen. Eigentlich gar kein schlechtes Leben...
Vom Start weg war es sehr, sehr schnell. Wind, viele Attacken. Die ersten 40km voll Krieg bis sich dann die fünf Mann um Schumi abgesetzt haben und danach nochmal 21 Mann. CSC hatte zunächst Mühe das zu kontrollieren, dann aber auch kein Interesse mehr an Tempo, weil Voigt und Arvesen mit vorne waren. Auch die anderen Teams waren gut vertreten, sodass nun hinten erst einmal Stillstand herrschte.
In den ersten Berg fuhr das Feld einen Tick zu schnell für mich, aber ich habe versucht, so lange es geht gegenzuhalten. Ich orientiere mich an meinen Leuten wie McEwen. Irgendwann musste ich reißen lassen. Das Feld kam mir schon ziemlich klein vor. "Da hast Du Dich ja ganz gut gehalten", denke ich mir. Ich höre, wie Kraussi, der vor mir reißen ließ, über Funk fragt, wieviele noch hinter ihm sind. "Fünf Mann!", antwortet Henn. Dann gucke ich mich um und bin überrascht, dass ich Kraussi sehe. Also auch nur noch fünf Mann hinter mir. Das Feld sah nur so klein aus, weil soviele vorne waren.
Wir fuhren in einem 12-Mann-Grupetto den 2300m hohen Lombarde hoch. McEwen dabei, De Jongh, Kraussi, der große Grabsch. McEwen fuhr so ein ekliges Tempo, unangenehm, aber im Nachhinein betrachtet war es genau richtig. Oben an der Bergwertung lagen wir 4 Minuten hinterm Feld. Voll die Abfahrt genommen, im Tal Vollgas. Dann steht plötzlich ein Schild am Wegesrand: "la Bonette 26,7 km". Boah , das ist ein Tiefschlag. 5km kann man sich mal quälen, 10km auch. Aber 26km sind schon heftig. Man weiß es ja vorher, aber wenn Du das Schild vor den Augen hast...
Unsere Gruppe fand ein gutes Tempo. Die Karenzzeit-Rechnerei beginnt. Vor uns sehen wir bald das große Grupetto. Klar, dass wir dahin wollen. Nach 10km im Berg sind wir dran an dem großen Feld. 50, 60 Mann. Nun wirds etwas ruhiger. Ich leide die nächsten 10km still vor mich hin, die Luft wird dünner. Das Wetter war allerdings herrlich, nicht zu kalt, kaum Wind, die Straße rollte. Es hätte schlimmer sein können. Ich konnte zeitweise sogar ein bisschen die fantastische Landschaft und die Tour-Atmosphäre genießen. Es waren viele Zuschauer an der Strecke.
Nun noch die Abfahrt. Gute Straßen, da rollte es. Ich kann ganz gut abfahren, daher setze ich mich am liebsten an die Spitze. Gibt nichts Schlimmeres, als hinter einem ein bisschen ängstlichen Kollegen zu fahren, der völlig andere Bremspunkte hat. Gut eine halbe Stunde nach dem Sieger waren wir im Ziel.
Unser Koxi war wieder fantastisch. Wir haben die große CSC-Keule erwartet, aber die ist ausgeblieben. Vande Velde hat Zeit kassiert, Mentschow auch. Gut für uns. Das ganze Team hat heute eine Superleistung gezeigt, Schumi natürlich mit seinem langen Solo, auch Fothen hat stark gearbeitet für Koxi. Kraussi und ich haben ihn vor den Bergen aus dem Wind gehalten. Alle arbeiten wir für unseren Kapitän, jeder nach seinen Möglichkeiten. Und wir machen das gerne. Koxi ist ein ganz netter, der immer auf dem Boden bleibt. Wenn man so ’ne arrogante Type als Kapitän hat, muss man auch seine Arbeit machen, für unseren Koxi zu ackern macht aber sogar Spaß! Bei uns herrscht ein super Teamgeist.
Wir hoffen jetzt, dass es morgen ähnlich läuft wie heute. Ich persönlich bin noch nie Alpe d'Huez im Rennen gefahren, ich bin mal gespannt. Es wäre schön, wenn ich die Stimmung da ein bisschen genießen könnte und die letzten Kilometer nicht im Delirium fahre. Bis morgen.
Traditionell führt Robert Förster auf Radsport News zur Tour de France sein Tagebuch. Der Gerolsteiner-Sprinter, der in diesem Jahr auf seinen ersten Tour-Etappensieg hofft, wird in den nächsten drei Wochen von seinen Erlebnissen auf und neben der Strecke berichten. Traditionell führt Robert Förster auf Radsport News zur Tour de France sein Tagebuch. Der Gerolsteiner-Sprinter, der in diesem Jahr auf seinen ersten Tour-Etappensieg hofft, wird in den nächsten drei Wochen von seinen Erlebnissen auf und neben der Strecke berichten.