Bundesliga-Sieger im Interview

Knolle: “So ziemlich das Größte, was man hier erreichen kann“

Von Christoph Adamietz

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Jon Knolle (3.v.l.stehend) und seine Teamkollegen von Saris Rouvy Sauerland feierten den Sieg bei der Radbundesliga mit “Jon-Knolle-Perücken“ | Foto: Saris Rouvy Sauerland

19.09.2022  |  (rsn) - Jon Knolle (Saris Rouvy Sauerland) hat in diesem Jahr zum ersten Mal die Gesamtwertung der Rad-Bundesliga gewonnen. Radsport-news.com sprach mit dem 23-Jährigen über diesen Erfolg, das turbulente Finale in Wenholthause, den Mannschaftsjubel mit den Jon-Knolle-Perücken und seine Hoffnungen, über den Aufstieg in die zweite Liga.

Herzlichen Glückwunsch zum Bundesliga-Gesamtsieg. Welchen Stellenwert hat dieser Gesamterfolg für Sie?

Knolle: Der Gesamtsieg hat für mich einen sehr hohen Stellenwert, muss ich sagen. Ich fühle mich seit Jahren im Team sehr wohl und es fühlt sich so an, als ob eine schöne Reise zu einem nationalen Höhepunkt gekommen ist, weil es so ziemlich das Größte ist, was man als KT-Team im eigenen Land erreichen kann. Es ist auch der Lohn für die Arbeit eines ganzen Jahres, da alle Rennen in die Wertung einfließen. Letztlich ist es ja auch der Preis für die größte Konstanz. Das spiegelt auch sehr gut meinen Fahrertyp wider. Ich fahre sehr konstant, ohne vielleicht die Megaausreißer nach oben zu haben.

Im letzten Jahr waren Sie schon auf Siegkurs, dann hat Sie aber ein Sturz ausgebremst. War dann im Winter schnell klar, dass Sie einen neuen Anlauf nehmen wollen, da Sie noch eine offene Rechnung mit der Bundesliga hatten?

Knolle: Klar kann man es auch so ein bisschen als kleine Revanche sehen. Im letzten Jahr hat es unter anderem wegen des Sturzes nicht ganz gereicht. Ich war aber auch noch nicht so ruhig und stark – auch vom Kopf her, um das Ding nach Hause zu fahren. Ob ich die Serie ohne Sturz gewonnen hätte, das weiß ich nicht. Ich fühle mich im Team sehr wohl, da war schnell klar: Wenn ich nichts Größeres finde, dann bleibe ich und die Bundesliga ist dann automatisch ein großes Ziel. Dass wir dann auf so viele Dinge (Sieg in der Einzel-, Mannschafts-, Berg- und Sprintwertung, d. Red) den Deckel drauf gemacht haben, fühlt sich sehr gut an

Gleich im ersten Lauf in Bruchsal haben Sie mit Ihrem Sieg die Führung übernommen. War das der Schlüsselmoment oder gab es da einen anderen im Verlauf der Rennserie, nach dem Sie dachten: "In diesem Jahr klappt es?"

Knolle: Der Sieg in Bruchsal kam sehr unerwartet für mich. Ich war im Frühjahr eigentlich überhaupt nicht gut in Form, aber anscheinend dann doch noch besser als die allermeisten deutschen KT-Fahrer zu diesem Zeitpunkt. Das hat mir sehr viel Motivation gegeben. Ich habe mir selbst bewiesen, dass ich Rennen gewinnen kann. Ab da war klar: Ich bin in einer sehr guten Ausgangsposition, bin konstant, also ist alles möglich. Dazu war das Zeitfahren für mich der Trumpf gegenüber Jan Hugger (Gesamtzweiter, d. Red), da wusste ich, dass ich ihm viele Punkte würde abnehmen können und ab dem Zeitfahren hatte ich ja auch einen Vorsprung, den ich immer wieder ein bisschen ausbauen konnte.

Sie Sind in einer komfortablen Situation in den letzten Lauf gegangen. Wie war Ihre Gefühlslage vor dem Rennen: Entspannt oder doch noch etwas besorgt, dass Ihnen Jan Hugger das Ding noch würde abnehmen können?

Knolle: Mit 88 Zählern Vorsprung war es schon eine komfortable Situation. Aber ich war sehr, sehr, sehr angespannt. Ich war in der Woche davor und am Tag selbst viel angespannter als es die Situation eigentlich hergegeben hätte. Ich muss gestehen, dass ich die Runde von Wenholthausen gar nicht mag, ich habe das ganze Jahr über mit Sorge auf das letzte Rennen geschaut, weil ich wusste, dass ich dorthin einen Vorsprung mitbringen muss.

Im Finale wurde es dann ja tatsächlich noch mal eng. Wie haben Sie das erlebt, als Hugger in der letzten Runde wegfuhr und noch bis auf Rang drei vorrückte? Fängt man da an zu rechnen?

Knolle: Das Rennen lief aus meiner Sicht so wie erwartet. Natürlich hatte ich gehofft, dass ich an Hugger dranbleiben kann. Aber Respekt an Jan, er ist am letzten Berg sehr stark gefahren, hatte direkt einen Vorsprung und ich konnte nicht mehr folgen. Mein Glück war, dass es in dieser Situation nicht so viele Leute gab, die noch haben mitfahren können. Aber natürlich habe ich auch direkt gerechnet. Ich wusste, dass ich Rang 14 belegen musste, wenn er Dritter würde. Ich habe natürlich gehofft, dass er nicht mehr nach ganz vorne kommt, denn dann hätte ich dahinter schon den Sprint gewinnen müssen. Aber ich war mir relativ sicher, dass er nicht mehr ganz nach vorne fahren würde. So war es auch und so war ich mir im Ziel sicher, dass alles geklappt hat.

Wie war die Gefühlslage, als Sie über den Zielstrich fuhren. Wussten Sie direkt, dass es gereicht hatte?

Knolle: Die Erleichterung war riesengroß, denn das Rennen war richtig hart, gerade auch mit dem Wetterumschwung, dazu war es mit dem steilen Berg wie gesagt nicht meine Runde. Ich war froh, dass ich bis zur letzten Runde alles souverän im Griff hatte und am Ende nicht explodiert bin. Es wäre echt bitter gewesen, wenn ich mir das noch hätte nehmen lassen.

Saris Rouvy Sauerland hat ja die gesamte Rennserie dominiert und praktisch alle Gesamtwertungen gewonnen. Hätten Sie das dem Team vor Saisonbeginn so zugetraut?

Knolle: So eine Dominanz hätte ich uns nicht zugetraut, um ehrlich zu sein, gerade in der ersten Hälfte in Bruchsal und Gippingen haben wir richtig dominiert, das habe ich in den Jahren davor so noch nicht erlebt. Das hat mir auch viel Selbstvertrauen gegeben, dass wir alle so stark da vorne mitfahren. In den letzten Rennen war Lotto – Kern Haus auch sehr stark, P&S hatte ja immer ein bisschen Pech mit Verletzungen. Es war letztlich keine Dominanz über die gesamte Rennserie, aber eine souveräne Gesamtvorstellung mit ein paar schönen Ausreißern nach oben, die uns am Ende so weit nach vorne gebracht haben.

Wie haben Sie den Sieg gefeiert? Das Heimspiel im Sauerland hat das Feiern ja sicherlich erleichtert…

Knolle: Wir haben abends noch zusammen gefeiert, sind in einem Dorfrestaurant direkt an der Strecke eingekehrt, haben etwas gegessen und es gab ein paar Reden, auch von mir – was für mich eine ungewohnte Situation war. Es war aber auch total schön, mit allen vertrauten Gesichtern so zusammen zu sitzen und ein, zwei Bier zu trinken. Ich habe die Zeit mit allen zusammen genossen.

Auf dem Podium hatten alle Teammitglieder “Knolle-Frisur-Perücken“ auf. Wissen Sie, wie es zu dieser Idee kam?

Knolle: Das ist eigentlich eine lustige Geschichte. Jörg (Scherf, Teamchef, d. Red.) zieht mich seit Jahren damit auf, was in diesem Jahr in einem Aprilscherz auf Instagram gipfelte, wo er die Jon-Knolle-Perücken verkaufen wollte. Deswegen hatte er noch sehr viele über. Ich glaube, das spiegelt auch das sehr gute Verhältnis zwischen Jörg und mir wider. Auch diese Sauerländer Mentalität, dass man sich auch mal auf den Arm nehmen kann und man auch über sich selbst lachen kann…Es war auf jeden Fall eine lustige Aktion, die ich habe überhaupt nicht kommen sehen. Am lustigsten fand ich unseren Teammechaniker Hans, der durch die Perücke auf einmal wieder 30 Jahre jünger aussah. Das war für mich das Bild des Abends.

Sie sind der U23 ja schon entwachsen, der Bundesliga-Sieg ist dann für einen Fahrer zumeist der größtmögliche Erfolg. Heißt das jetzt: Karriereende? Oder nehmen Sie einen neuen Anlauf in Richtung Profivertrag?

Knolle: Ich spüre, dass für mich eine Zeit der Veränderung gekommen ist. Ich hoffe gerade noch sehr, dass es eine Kategorie nach oben geht. Da laufen gerade noch Gespräche und ich bin noch so ein bisschen am Wackeln. Ich hoffe, dass es klappt. Falls nicht, habe ich mir ehrlich gesagt noch nicht all zu viele Gedanken gemacht, wie es weitergehen wird. Ich kann mir nur nicht vorstellen, auf dem KT-Level ewig weiterzufahren.

 

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