Am Galibier auf Tuchfühlung mit Pogacar

Bergab fehlt Vingegaard noch das Selbstvertrauen

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Bergab fehlt Vingegaard noch das Selbstvertrauen"
Jonas Vingegaard (Visma - Lease a Bike) auf der 4. Etappe der Tour de France | Foto: Cor Vos

02.07.2024  |  (rsn) – Vor dem Start der Tour de France 2024 stand hinter der Verfassung von Titelverteidiger Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) ein großes Fragezeichen. Bei der Baskenland-Rundfahrt Anfang April kam der Däne schwer zu Sturz, fuhr drei Monate kein einziges Radrennen mehr und arbeitete hart an seinem Comeback. Nach den ersten vier Etappen der Tour de France fehlen Vingegaard auf seinen schärfsten Kontrahenten der letzten Jahre, dem Slowenen Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), 50 Sekunden in der Gesamtwertung.

"Das ist noch im Rahmen. Natürlich ist es nie schön, Zeit zu verlieren, aber ich hatte ehrlich gesagt schon größere Abstände nach vier Etappen erwartet", verriet der zweimalige Toursieger aus Hillerslev nach der 4. Etappe auf der Website seiner Mannschaft. Im Gesamtklassement ist der Sieger der Ausgaben 2022 und 2023 nun Dritterh hinter dem slowenischen Spitzenreiter und Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step / +0:45).

Betrachtet man die Kletterleistung am Col du Galibier allein, so zeigte sich Vingegaard sogar als zweitstärkster Fahrer hinter Pogacar. Nur auf den letzten Metern hinauf zum Gipfel konnte er den Giro-Sieger nicht mehr halten und verlor wenige Sekunden. Der Rückstand jedoch wuchs in der Abfahrt an, auch dann noch, als der Spanier Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers) sowie sein früherer Teamkollege Primoz Roglic (Bora – hansgrohe) zu Vingegaard vorfuhren. Selbst zu dritt und später, als Evenepoel noch den Anschluss schaffte, als Quartett, konnten sie den Abstand zu Pogacar nicht mehr verringern.

"Es reicht uns nicht zu sagen, dass wir am Galibier fast dran waren. Die Zeit wird im Ziel genommen", analysierte Vingegaards Sportlicher Leiter Grischa Niermann. Der Deutsche hatte seinen Schützling in den letzten Jahren zu zwei Toursiegen geführt, nachdem er zuvor mit Roglic und Vingegaard zweimal Pogacar unterlegen war.

Niermann vermisst erkrankten Kuss

Die 37 Sekunden Rückstand von Valloire sind, seit der Fabelfahrt von Pogacar auf der 8. Etappe 2021 nach Le Grand-Bornand, wo er dem Dänen über drei Minuten abnahm, der größte Vorsprung, den er sich auf seinen schärfsten Kontrahenten bei der Tour de France herausgefahren hat. Zugleich sind sie nichts im Vergleich zu jenen Tagen der letzten beiden Jahre, an denen der Slowene seine Ambitionen auf einen möglichen dritten Tourerfolg jeweils einbüßte. 2022 waren es 2:51 Minuten am Col du Granon, im letzten Jahr sogar nach einem körperlichen Einbruch über fünf Minuten in Courchevel, die Pogacar auf Vingegaard verlor.

Jene Tage hat Pogacar sicherlich nicht vergessen, auch wenn er speziell nach der überragenden Leistung seiner Mannschaft am Galibier zusätzliche Zuversicht schöpfen wird. Denn in den letzten Jahren war sein Kontrahent im Vorteil, wenn es um die Helferriege ging. Doch Vuelta-Sieger Sepp Kuss fiel nach einer Covid-Erkrankung kurzfristig aus, Wout van Aert ringt noch um seine Form und Roglic ist im Winter zu Red Bull – Bora – hansgrohe abgewandert.

Wenn du auf den Link klickst und darüber einkaufst, bekommen wir von dem Online-Shop oder Anbieter eine kleine Provision. Somit unterstützt du unsere Arbeit und radsport-news.com. Danke!

Der nach seinem starken Auftritt bei der Dauphiné-Rundfahrt so hoch geschätzte Matteo Jorgenson, musste am Galibier als letzter Helfer zwar erst spät reißen lassen. Doch Pogacar hatte mit Juan Ayuso und Joao Almeida da noch zwei Teamkollegen an seiner Seite. "Natürlich hat Matteo hohe Erwartungen an sich, aber die Leistung war okay. Er kam in der Gruppe, die um Platz neun gekämpft hat. Er war dabei und andere Fahrer sind auch abgerissen. Ich dachte nie, dass Matteo der letzte Fahrer sein wird, der noch dabei ist, wenn sich Jonas und Tadej am Berg duellieren", überspielte Niermann die offensichtlichen Unterschiede in der Helferriege beim aktuellen Tourstand.

Vingegaard kassierte bergab 30 Sekunden

Doch die niederländische Mannschaft setzt auf die noch anstehenden zweieinhalb Wochen. Gerade einmal vier der 21 Etappen sind gefahren und in der extrem schweren letzten Woche kehrt das Tourfeld in die Alpen zurück. Je länger das Rennen dauert, umso besser soll Vingegaard in Form kommen, während sich bei Pogacar noch die Anstrengungen des Giro auswirken sollten. So zumindest die Idee bei Visma – Lease a Bike.

"Wir sind überzeugt, dass Jonas noch besser wird in dieser Tour", sagte Niermann und sein dänischer Kapitän ergänzte: "Wir wissen, was wir machen und glauben an unseren Plan." Die verlorene Zeit zum Tourauftakt sei in die Kalkulation eingearbeitet, überrascht wirkte die niederländische Mannschaft eher darüber, dass Vingegaard bisher so wenig Zeit auf Pogacar eingebüßte.

Dennoch haderte auch Niermann etwas damit, dass Vingegaard mit einigen Metern Rückstand den Gipfel des Galibier überquert hatte. "Wenn er oben noch am Hinterrad gewesen wäre, dann wäre das für Pogacar viel schwieriger gewesen, in der Abfahrt Zeit gutzumachen", war sich der Ex-Profi sicher. Niermann hatte aber hatte auch Verständnis dafür, dass nach dem schweren Sturz sein Kapitän noch nicht in der Verfassung der letzten beiden Jahren ist: "Er hatte einen schweren Sturz in der Abfahrt und da fehlt vielleicht noch das Selbstvertrauen“, fügte er an.

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.11.2024Cavendish gewinnt in Singapur den letzten Sprint seiner Karriere

(rsn) – Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) hat das letzte Rennen seiner Karriere standesgemäß beendet. Der 39-jährige Brite ließ in Singapur beim von der ASO organisierten Prudential Critérium i

24.07.2024Geschke würde “gerne nochmal zur WM fahren“

(rsn) – Simon Geschke hat seine letzte Tour de France beendet. Bei zwölf Teilnahmen gelang ihm 2015 in Pra-Loup einer seiner drei Profisiege der Karriere, die zum im Oktober ihr Ende finden wird. V

24.07.2024Wirbelfraktur bei Roglic

(rsn) – Die 12. Etappe der Tour de France 2024 wird Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) noch länger in Erinnerung bleiben. Nicht nur, dass sein Sturz weniger Kilometer vor dem Ziel in V

23.07.2024Nach Tour-Aus noch Fragezeichen hinter Roglics Vuelta-Start

(rsn) – Nachdem er die Tour de France in Folge von zwei Stürzen binnen 24 Stunden vorzeitig verlassen musste, befindet sich Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) noch in der Erholungsphas

23.07.2024Tour-Dritter Evenepoel: “Noch etwas größer als der Vuelta-Sieg“

(rsn) – Nach seinem erfolgreichen Tour-de-France-Debüt blickt Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) zuversichtlich nach vorn. “Ich denke, dieser Podestplatz bedeutet für meine Zukunftspläne,

22.07.2024Titelverteidiger bezwungen, zwei Topteams gehen leer aus

(rsn) – In Nizza endete am Sonntag die 111. Austragung der Tour de France. Das Rennen rund um Frankreich, welches heuer erstmals in Italien begann, sorgte für viel Action, Dramatik, Freude und Trä

22.07.2024Pogacar: “Superdumm, etwas zu nehmen, was Dich gefährdet“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat nicht nur den Giro d’Italia, sondern auch die Tour de France fast nach Belieben dominiert. Der Slowene gewann beide Rundfahrten dank jeweils sechs Et

22.07.2024Pogacar und UAE auch im Preisgeld-Ranking der Tour Nummer 1

(rsn) – UAE Team Emirates hat bei der 111. Tour de France dank Tadej Pogacar auch beim Preisgeld groß abgesahnt. Dagegen ist das deutsche Team Red Bull – Bora – hansgrohe das Schlusslicht des

22.07.2024Pogacar kehrt auf den Thron zurück, Girmay Afrikas Radsportheld

(rsn) – Drei Wochen Tour de France sind am Sonntagabend in Nizza zu Ende gegangen. Erstmals fand das Finale des größten Radrennens der Welt nicht in der französischen Hauptstadt Paris statt, son

21.07.2024Auch ohne Etappensieg eine Tour-Bilanz mit Erfolgen

(rsn) – Acht deutsche Fahrer starteten vor drei Wochen in Florenz in die 111. Tour de France und sieben davon erreichten das Ziel in Nizza. Zwar müssen die deutschen Fans weiter auf den ersten Eta

21.07.2024Tadej, der Gnadenlose: Pogacar unterwirft sich die Tour

(rsn) - Die Geschichte kennt Iwan, den Schrecklichen, Vlad, den Pfähler und Eddy, den Kannibalen. Mit ersterem ist nicht der frühere Giro-Sieger Ivan Basso gemeint, sondern der grausame Zar, der sei

21.07.2024Vingegaard: “Unter normalen Umständen wäre ich enttäuscht“

(rsn) - Mit seinem sechsten Etappensieg vollendete Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) nicht nur das Double aus Giro d´Italia und der Tour de France, sondern stellte auch seine Anzahl an Tageserfolgen

Weitere Radsportnachrichten

15.06.2025Vingegaard kennt die Baustellen nach Tour-Generalprobe

(rsn) – Man kann Jonas Vingegaard und seinem Team Visma – Lease a Bike nicht vorwerfen, dass sie es nicht versucht hätten. In den Bergen waren alle Versuche gegen Tadej Pogacar (UAE – Emirates

15.06.2025Van der Poel verpasst Grün, aber freut sich über harte Woche

(rsn) – Ein winziges Pünktchen hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) am Ende des 77. Critérium du Dauphiné (2.UWT) gefehlt, um das ab Etappe 3 von ihm getragene Grüne Trikot auch mit

15.06.2025Evenepoel: “Manchmal nehmen sie einem die Moral“

(rsn) - Das 77. Critérium du Dauphine (2.UWT) gab einen Vorgeschmack, was wir von der kommenden Tour de France erwarten dürfen. Gesamtsieger Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) und der Zweitpla

15.06.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

15.06.2025Highlight-Video der 1. Etappe der Tour de Suisse

(rsn) - Die 1. Etappe der Tour de Suisse ist zur Angelgenheit der Ausreißer geworden. Bei einsetzendem Regen ließen es die Top-Favoriten auf den Gesamtsieg größtenteils ruhig angehen, doch gleichz

15.06.2025Highlight-Video der 8. Etappe des Critérium du Dauphiné

(rsn) - Lenny Martinez (Bahrain Victorious) hat am Plateau du Mont-Cenis die Schlussetappe des Critérium du Dauphiné gewonnen und sich eine gute halbe Minute vor den großen Favoriten ins Ziel geret

15.06.2025Grégoire rauscht in Regenschlacht von Küssnacht zum Auftaktsieg

(rsn) – Romain Grégoire (Groupama – FDJ) hat die 1. Etappe der Tour de Suisse (2.UWT) in Küssnacht gewonnen. Der Franzose setzte sich an einem verregneten Nachmittag am Vierwaldstättersee als S

15.06.2025Pogacar wehrt Vingegaards Angriffe ab und gewinnt Dauphiné

(rsn) - Tadej Pogacar (UA – Emirates – XRG) hat souverän den Gesamtsieg des 77. Critérium du Dauphiné eingefahren und sich am letzten Tag keine Blöße mehr gegeben. Der Franzose Lenny Martinez

15.06.2025Walscheid erleidet Ellbogenbruch bei Dwars door het Hageland

(rsn) - Bitterer Rückschlag für Max Walscheid (Jayco - AlUla): Der 32-jährige Heidelberger ist beim belgischen Eintagesrennen Dwars door het Hageland (1.Pro) am Samstag zu Fall gekommen und hat sic

15.06.2025Foto-Finish! Magnier bezwingt Philipsen bei der Elfstedenronde

(rsn) – Paul Magnier (Soudal – Quick-Step) holt weiterhin das Maximum aus seiner Form nach dem vorzeitigen Ausstieg am letzten Ruhetag des Giro d´Italia heraus. Der 21-jährige Franzose hat 24 St

15.06.2025Schwarzbacher gewinnt Auftakt beim Giro Next Gen

(rsn) – Matthias Schwarzbacher (UAE Team Emirates Gen Z) hat in Rho das 8,4 Kilometer lange Auftaktzeitfahren des Giro d´Italia Next Gen (2.2U) gewonnen. Der 19-jährige Slowake war in 9:17 Minuten

15.06.2025Cavallar Dritte und Mitterwallner Sechste bei Pyrenäen-Rundfahrt

(rsn) – Die Baskin Usoa Ostolaza (Laboral Kutxa – Fundacion Euskadi) hat die dreitägige Pyrnäen-Rundfahrt (2.1) gewonnen und damit ihr Potential als Bergfahrerin noch einmal unterstrichen. Nachd

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Suisse (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Giro d`Italia Next Gen (2.2u, ITA)